Optimierung von Design und Gießtechnik im Stahlguss

von Alexander Kirschbaum

Die US-amerikanische Stahlgießerei Eagle Alloy stellte bei der Produktion eines im Maskenformverfahren gefertigten Stahlgussteils vor der Optimierung in acht von zehn Fällen Probleme fest. Risse an den inneren Ecken der Längsstreben mussten kostenintensiv durch Reparaturschweißen nachgearbeitet werden. Zur Überprüfung der Teile war zusätzlich eine aufwändige Magnetpulverprüfung erforderlich. Dadurch war das in einer Vierfachform im Maskenformverfahren gegossene Teil auf Dauer nicht wirtschaftlich herzustellen.

Die Ingenieure von Eagle Alloy beschlossen daher, dass zur Optimierung der Fertigung Änderungen sowohl der Gießtechnik als auch des Gussteildesign erarbeitet und überprüft werden mussten. Um diese Aufgabe zeitnah und kostengünstig zu bearbeiten, entschieden sie sich dazu, unterschiedliche Varianten mit der Gießprozess- Simulation MAGMASOFT zu überprüfen.

Dafür nutzten die Ingenieure die Möglichkeiten der virtuellen Versuchsplanung in MAGMA5. Der Software wurden als Optimierungsziele die folgenden Aufgaben gestellt: Zum einen sollten die Risse im Problembereich vermieden werden. Zum anderen sollten notwendige Änderungen die Speisbarkeit des Teils nicht beeinträchtigen. Um diese Ziele zu erreichen, wurden sowohl die Geometrie des Teils als auch der Speisungstechnik variiert und in einem Versuchsplan (DoE) in MAGMA5 durch die Software automatisch abgearbeitet. Die virtuellen Versuche ermittelten sowohl die Erstarrung als auch die Abkühlung des Teils bis auf Raumtemperatur - inklusive der dabei entstehenden Spannungen und Rissneigung. Die jeweiligen Qualitätskriterien für Speisung und Warmrissneigung wurden in speisungskritischen und rissgefährdeten Bereichen automatisch bewertet.

Mehrere simulierte Varianten

Insgesamt entwickelten und überprüften die Ingenieure von Eagle Alloy 12 unterschiedliche Lösungen. Die Veränderungen bezogen sich auf die Gussteillage, die Geometrie des Gussteils, die Speiserkonfiguration und die Prozessparameter. Für die Auswertung der virtuellen Experimente nutzten die Ingenieure die in MAGMA5 implementierten statistischen Werkzeuge. Die Analyse der Ergebnisse ermöglichte eine quantitative Bewertung aller Designs, um eine mögliche optimale Fertigungstechnik, die zu robusteren Lösungen führt, zu ermitteln. In einem Säulendiagramm konnten die unterschiedlichen Qualitätskriterien für alle Varianten schnell miteinander verglichen werden. Dabei wurden die gegenläufigen Trends von  Porosität und Rissbildung deutlich.

Bei einer optimalen Speisung mit minimaler Porosität trat wie erwartet die stärkste Tendenz zur Warmrissbildung auf. Dies liegt an den verlängerten Erstarrungszeiten und erhöhten Temperaturunterschieden zwischen Gussteil und Speisern, die die Speisung begünstigen, aber zu hohen Dehnraten und somit zu einer erhöhten Warmrissneigung führen. Anhand des Säulendiagramms war es den Ingenieuren möglich, ein Design zu ermitteln, das den besten Kompromiss zwischen den beiden gegenläufigen Zielen lieferte.

Der Vergleich der Ergebnisse zwischen der Ausgangssituation und dem besten Design zeigte, dass nur durch geometrische Änderungen - sowohl im Gussteil als auch in der Speisungstechnik - die auftretenden Spannungen und Porositäten gleichzeitig deutlich reduziert werden konnten.

Virtuelle Planung reduziert Bearbeitungsaufwand

Im Vergleich zur Ausgangssituation konnten mit dieser Lösung die Spannungen und plastischen Verformungen im kritischen Erstarrungsbereich um 61 % vermindert werden. Dabei erlaubt die Auswertung in MAGMASOFT eine quantitative Bewertung der Beiträge für die einzelnen Maßnahmen: Die fertigungstechnischen Veränderungen reduzierten die Spannungen und Dehnungen um 30 %, während die angepasste Gussteilgeometrie zu einer 44 %-igen Reduzierung führte.

Aufgrund der positiven Ergebnisse konnte die Stahlgießerei sowohl die Magnetpulverprüfungen als auch den Bearbeitungsaufwand reduzieren. Die Berechnung der 12 Versionen führten die Ingenieure auf einer 8-Kern-Workstation durch, sie dauerten insgesamt 22,5 Stunden. Die Durchführung praktischer Versuche für jede dieser 12 Versionen hätte mehrere Wochen in Anspruch genommen und dabei erhebliche Material- und Lohnkosten verursacht. Ohne den Einsatz der virtuellen Versuchsplanung wären die dazu notwendigen Änderungen der Modellplatte in Realität nicht so gut abgesichert worden. So hat die systematische Nutzung des virtuellen Experimentierfeldes bei Eagle Alloy entscheidend dazu beigetragen, dass das Gussteil spezifikationsgerecht und wirtschaftlich gefertigt werden kann.

Quelle: MAGMA Gießereitechnologie GmbH  Bildtext: Warmrissanzeigen des ursprünglichen (links) und neuen Designs (rechts) (Foto: Eagle Alloy)

 

Zurück