IW Köln: Klimaschutz funktioniert nur global

von Alexander Kirschbaum

Wettbewerbsfähige Industrie in einem dekarbonisierten Europa? Dieser Frage widmete sich Dr. Hubertus Bardt, Leiter Wissenschaftsbereich am Institut der deutschen Wirtschaft Köln, in seinem Vortrag am 17. Februar auf der Handelsblatt Tagung "Stahlmarkt". Zunächst beschrieb der Experte die globalen Herausforderungen bei der Umstellung der Wirtschaftsweise hin zu weniger Kohlenstoffausstoß.

Derzeit sind zehn Staaten für den weltweiten Ausstoß von zwei Drittel der CO²-Emmissionen verantwortlich, die beiden größten "Klimasünder" sind mit deutlichem Abstand China und die USA. Im Kyoto-Protokoll haben sich von den großen Emittenten lediglich Deutschland und Japan dazu verpflichtet, ihre CO²-Emmisionen gegenüber 1990 zu verringern. Die zukünftige Emissionsmenge wird laut Dr. Bardt im wesentlichen in China und Indien bestimmt. Dem Wissenschaftler zufolge sinken die CO²-Emissionen in absoluten Mengen nur in Europa, während in Asien ein rasanter Anstieg zu verzeichnen ist. Dementsprechend verringert sich der Einfluss europäischer Regulierungen auf die weltweiten CO²-Emissionen immer mehr.

Weltweites Vorgehen?

Von einer einheitlichen Klimapolitik kann derzeit nicht gesprochen werden, wie der Experte des IW Köln in seinem Vortrag darlegte. So legen die CO²-Emissionen aus Brennstoffnutzung in China und anderen großen Schwellenländern deutlich zu, womit die in Europa erzielten Fortschritte überdeckt werden. Europa habe sich laut Bardt zu klaren Zielen verpflichtet. Der Nicht-ETS-Sektor in Europa soll nach 2020 in zehn Jahren doppelt soviel CO² reduzieren, wie zuvor in 15 Jahren. Damit wird der Aufwand pro eingesparter Tonne CO² laut Bardt erheblich steigen. In China sei bis 2030 hingegen ein weiterer Anstieg der Emissionen zu erwarten.

Für den Referenten vom Institut der deutschen Wirtschaft funktioniert Klimapolitik daher nur global. Laut Bardt sind weltweit verbindliche Vereinbarungen nötig, um carbon leakage in Europa zu verhindern. Der europäische Emissionshandel schaffe nur in Europa die gleichen Wettbewerbsbedingungen, Nachteile im globalen Wettbewerb blieben bestehen. Allein nationale Regelungen für Produktionsanlagen verfehlen laut Bardt das Ziel, da sie die Kosten im Inland erhöhen und somit eine Verlagerung von Emissionen begünstigen.

Energie und Investition in Deutschland

Die Energiewende in Deutschland ist Bardt zufolge vor allem eine Stromwende. So erfolgt die Stromerzeugung mit steigender Tendenz aus Erneuerbaren Energien, die Finanzierung regelt dabei das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wie Bardt in dem Vortrag aufzeigte, hat die Stromwende eine Desinvestition energieintensiver Unternehmen zur Folge. Während die Bruttowertschöpfung in den nicht stromintensiven Industrien zwischen 2003 und 2012 um rund 20 % zugelegt hat, ging diese in den stromintensiven Industrien um über 10 % zurück.

Wenn im Zuge einer weltweiten Dekarbonisierung die Einigung auf nationale Emissionsobergrenzen erfolgt, dann stehen laut Bardt zwei Szenarien im Raum. Entweder geschieht Klimaschutz in nationalen Grenzen, wodurch der Ort der Produktion den Emissionsrechten folgt. Eine mögliche Folge wäre die ineffiziente Verlagerung und der Gegensatz Klimaschutz oder Wohlstand. Die zweite Möglichkeit besteht Bardt zufolge im grenzüberschreitenden Austausch, wodurch eine effiziente industrielle Arbeitsteilung möglich wäre und sowohl Wohlstand als auch Klimaschutz verwirklicht werden könnten.

Quelle: Vortrag Dr. Hubertus Bardt auf der 20. Handelsblatt-Tagung „Stahlmarkt“. Vortrags-Foto: (©EUROFORUM)

 

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