Gastbeitrag von Markus Schmetz, Steuerberater, Düsseldorf
Umsatzsteuersenkung zum 1. Juli– erste Informationen und Checkliste
Die Regierungskoalition hat im Rahmen ihres Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets den
Umsatzsteuersatz vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 von 19 % auf 16 % bzw. von 7 % auf 5 %
gesenkt. Auf den ersten Blick für die Wirtschaft erfreulich. Wie bei Steuern insgesamt,
besonders aber bei der Umsatzsteuer, sind es die Details bei der Umsetzung, die es Ihnen
nicht ganz so einfach machen werden. Und zum 1. Januar 2021 müssen Sie ja den
umgekehrten Weg in die „alte“ Umsatzsteuer zurückgehen.
Hier also der erste Überblick – in den kommenden Wochen wird es dazu sicher immer wieder
neue Informationen und hoffentlich auch Klarstellungen geben.
1. Die grundsätzlichen Änderungen:
1.1 Die Änderungen für alle
Umsatzsteuersenkung allgemein
Bis 30.6.2020 19 % bzw 7 %
Ab 1.7.2020 16 % bzw. 5 %
Ab 1.1.2021 19 % zbw. 7 %
1.2 Besonderheit für die Gastronomie:
1.2 Besonderheit für die Gastronomie:
Die oben stehende Anwendung der Steuersätze gilt in der Gastronomie nur für Getränke.
Für Speisen wurde der Steuersatz schon beim letzten Maßnahmenpaket der Regierung vom
1.7.2020 bis 30.06.2021 von 19 % auf 7 % gesenkt.
2. Der Leistungszeitpunkt und der Leistungsempfänger sind entscheidend
Damit Sie Ihre Rechnungen mit dem richtigen Umsatzsteuersatz schreiben, gilt es immer die
folgende Frage zu beantworten: Wann haben Sie die Leistung nach Umsatzsteuerrecht
erbracht?
Bei der aktuellen Steuersenkung spielt auch der Leistungsempfänger eine wichtige Rolle.
2.1 Der Leistungszeitpunkt
Für die Entstehung der Umsatzsteuer und die zutreffende Anwendung des Steuersatzes kommt
es darauf an, wann die Leistung ausgeführt worden ist. Und da steckt der Teufel im
Detail. Hier ist grundsätzlich erst einmal zwischen zwei Leistungsarten zu unterscheiden:
• Lieferungen betreffen „Gegenstände“ – also im weitesten Sinne Dinge, die Sie
anfassen können.
Beispiele: Auto, Schreibtisch, Maschine, Fahrzeuge
Eine Lieferung gilt dann als ausgeführt, wenn der Leistungsempfänger die
Verfügungsmacht an dem Gegenstand erworben hat; wird der Gegenstand befördert
oder versendet, ist die Lieferung bereits mit Beginn der Beförderung oder Versendung
ausgeführt.
Fallbeispiel: Sie liefern eine Fräsmaschine. Diese übergeben Sie am 26.06.2020 an
den Spediteur. Am 02.07.2020 wird die Maschine bei Ihrem Kunden „geliefert“. Der
Umsatzsteuersatz auf der Rechnung muss 19 % betragen, da die Lieferung nach dem
Umsatzsteuergesetz schon mit Übergabe an den Spediteur als ausgeführt gilt.
Wichtig: Weisen Sie in Ihrer Rechnung nur 16 % aus, kommt es später zu
Nachforderungen des Finanzamtes. Sie können dann Ihrem Kunden meist diesen
Betrag nachträglich nicht mehr in Rechnung stellen, die Mehrkosten verbleiben also bei
Ihnen.
Achtung: Auch die Vereinnahmung von Anzahlungen oder Vorauszahlungen ist für
den endgültigen Steuersatz ohne Bedeutung. Eine Ausnahme bilden aber sogenannte
Teilleistungen (siehe dazu Punkt 3).
• Sonstige Leistungen: Hier geht es im Wesentlichen um Dienstleistungen.
Beispiele: Reparaturen, Beratungsleistungen, Leasing, Pacht
Sonstige Leistungen sind grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt.
Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen ist die Leistung mit Ende des jeweiligen
Leistungsabschnitts ausgeführt. Typisches Beispiel ist hier das Leasing.
2.2. Leistungsempfänger – jetzt besonders wichtig
Von entscheidender Bedeutung ist es, wer die Lieferung oder die sonstige Leistung bezieht.
Ist der Leistungsempfänger ein vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer (B2B) oder
ist der Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (z. B. Kleinunternehmer oder
Arzt) bzw. eine Privatperson (B2C).
• Bei Lieferungen und Leistungen im B2B-Bereich achten Sie aus den oben genannten
Gründen auf den korrekten Steuersatz. Beim Empfänger bleibt die Umsatzsteuer ein
durchlaufender Posten, da sie vom Finanzamt erstattet wird.
• Bei Kunden im B2C-Bereich stellt die von ihnen ausgewiesene Umsatzsteuer selbst
zu tragende Kosten dar.
Gestaltungstipp: Wenn möglich sollten Sie Lieferungen und Leistungen hier bis
nach dem 30. Juni aufschieben, damit Ihr Kunde vom niedrigeren Umsatzsteuersatz
profitiert. Am Ende des Jahres gilt es dann die Lieferungen und Leistungen
entsprechend vorzuziehen.
Beachten Sie bitte, dass diese Maßnahmen nicht allein durch ein entsprechendes
Rechnungsdatum erreicht werden können. Einen Missbrauch der
Umsatzsteuersenkung an dieser Stelle wird das Finanzamt prüfen und im Zweifel
auch strafrechtlich ahnden.
Dieser Tipp lohnt sich natürlich eher bei großen Anschaffungen (Maschinen, Fahrzeuge,
Bauleistungen, ...).
Praxistipp: Gegenüber Leistungsempfängern aus dem B2C-Bereich besteht für Sie
keine Pflicht zum Ausweis des Steuersatzes und des Steuerbetrages. Im Zweifel
schreiben Sie die Rechnung also „brutto“ ohne Ausweis der USt. Stellt sich später
heraus, dass die USt zu niedrig war, wird sie aus dem Bruttobetrag berechnet, den der
Kunde ja voll bezahlt hat. Sie bleiben also nicht auf Zusatzkosten sitzen.
3. Anzahlungen und Teilleistungen – Handwerker, Bauleister und Händler
aufgepasst
Sie erhalten für Ihre Leistungen Anzahlungen bzw. haben für laufende Aufträge schon
Anzahlungen erhalten? Dann erfordert die Rechnungserstellung besondere Aufmerksamkeit.
3.1 Unterschied Anzahlungen zu Teilleistungen
Entscheidend für den Steuersatz für die gesamte Lieferung oder sonstige Leistung bleibt bei
Anzahlungen und Vorauszahlungen der Zeitpunkt der Leistungserbringung.
Eine Besonderheit stellen Teilleistungen dar, die insbesondere in der Bauwirtschaft bzw. im
Anlagenbau vorkommen. Die Teilleistungen müssen jedoch grundsätzlich im Vertrag vereinbart
sein und auch zwischendurch abgenommen werden. Dann gilt tatsächlich der aktuelle
Steuersatz endgültig. Im Rahmen der Schlussrechnung findet keine Anpassung der
Umsatzsteuer mehr statt.
Praxistipp: Teilleistungen können in diesem Zusammenhang jetzt spannend bei Empfängern
aus dem B2C-Bereich werden, zu dem ja zum Beispiel auch Ärzte und die Vermieter privaten
Wohnraums gehören. Hier können Sie Ihren Kunden den niedrigeren Umsatzsteuersatz
weitergeben.
Wir empfehlen Ihnen allerdings dringend, das mit uns vorher in einem gesonderten
Beratungsgespräch zu klären.
Die folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Varianten bei der Abrechnung von
Anzahlungen:
Beispiel:
Die Entlastung bzw. die Nachversteuerung von Anzahlungen erfolgt in der Voranmeldung des
Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung oder Teilleistung, auf die sich die Anzahlung bezieht,
ausgeführt ist. Besteuert der Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (sog. Ist-
Besteuerung), erfolgt die Entlastung bzw. Nachversteuerung in dem Voranmeldungszeitraum, in dem das
restliche Entgelt vereinnahmt wird.
Praxistipp: Sie können für Leistungen auch schon vor Eintritt der jeweiligen Steuersatzänderung
Rechnungen mit dem Steuersatz ausstellen, der zum Zeitpunkt der Ausführung der Leistung jeweils
zutreffend ist. Sie sollten hier allerdings sicher sein, wann die Leistung tatsächlich „fertig“ wird.
Auch hier unterstützen wir Sie gern, wenn Sie grundsätzlich oder im Einzelfall Fragen haben.
Fazit und Ausblick
Die Zeiten bleiben bewegt – es wird sicher noch eine ganze Weile dauern bis wir alle wieder ganz zu unserem
„normalen“ Leben zurückkehren können. Einiges ändern wir vor dem Hintergrund der in der Krise gemachten
Erfahrungen vielleicht auch auf Dauer.
Gemeinsam finden wir sicher den richtigen Weg für den Umgang mit der Krise und die Gestaltung der Zeit
danach.
Bleiben Sie gesund.
Bilder/Tabelle: Markus Schmetz