Steuerfreiheit
von Dagmar Dieterle
Von der Körperschaftsteuer sind Ausschüttungen nur dann befreit, wenn die Beteiligung an der Körperschaft zu Beginn des Kalenderjahrs unmittelbar mindestens 10 % des Grund- oder Stammkapitals betragen hat. Dabei gilt der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % im laufenden Jahr als zu Beginn des Kalenderjahrs erfolgt (§ 8b Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG)). Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass der Gesetzeswortlaut so auszulegen ist, dass die Beteiligungsschwelle auch durch mehrere unterjährige Erwerbsvorgänge erreicht werden kann – zumindest bei einem wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang.
Grundsätzliche Steuerbefreiung und Beteiligungsschwelle
Die Gewinnausschüttungen (z. B. einer Kapitalgesellschaft), die eine Körperschaft erhält, bleiben gemäß § 8b Abs. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens unberücksichtigt, soweit die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.
Das gilt nach § 8b Abs. 4 S. 1 KStG allerdings nur dann, wenn die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahrs unmittelbar nicht weniger als 10 % des Grund- oder Stammkapitals betragen hat. Ist ein Grund- oder Stammkapital nicht vorhanden, ist die Beteiligung an dem Vermögen (bei Genossenschaften die Beteiligung an der Summe der Geschäftsguthaben) maßgebend.
Merke | Von den Bezügen i. S. des § 8b Abs. 1 KStG, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, gelten 5 % als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 8b Abs. 5 S. 1 KStG). Dies gilt unabhängig davon, ob und in welcher Höhe die empfangende Körperschaft tatsächlich Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung hatte. |
Beispiel |
Die A-GmbH hält am 1.1.2024 a) 5 % und b) 20 % an der B-AG. Die B-AG schüttet ihren Gewinn am 10.1.2024 aus. Im Fall a) wurde die Beteiligungsschwelle nicht erreicht, sodass die Gewinnausschüttung das Einkommen der A-GmbH erhöht. Dagegen ist die Ausschüttung im Fall b) steuerfrei. Es gelten jedoch 5 % als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben. |
Unterjährig erworbene Anteile
Maßgeblich ist die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahrs. Der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % gilt nach § 8b Abs. 4 S. 6 KStG als zu Beginn des Kalenderjahrs erfolgt.
Nach Auffassung der Oberfinanzdirektion Frankfurt gilt die Rückbeziehung eines Erwerbs im laufenden Kalenderjahr auf den Beginn des Kalenderjahrs ausschließlich für den Erwerb eines Anteilspakets von mindestens 10 % durch einen einzelnen Erwerbsvorgang. Die Regelung hat keine Auswirkung auf die Behandlung von Anteilen, die zum Beginn des Kalenderjahrs bereits bestehen.
Der Bundesfinanzhof musste nun entscheiden, wie ein Erwerb von verschiedenen Veräußerern zu beurteilen ist, wenn zwar insgesamt mehr als 10 % erworben werden, aber die einzelnen Käufe für sich genommen die Beteiligungsschwelle von 10 % nicht erreichen. Die frohe Kunde: Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung kann die Beteiligungsschwelle auch durch einen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang erreicht werden, wenn an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind.
Es kann, so der Bundesfinanzhof, keinen Unterschied machen, ob der Erwerb von einem Veräußerer oder von mehreren Veräußerern erfolgt. Entscheidend muss sein, dass durch den Erwerb der Beteiligung von mindestens 10 % ein unternehmerischer Einfluss auf die Entscheidungen bei der Kapitalgesellschaft ausgeübt werden kann oder nicht. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Erwerb in einem einheitlichen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang steht.
Beispiel |
Die X-GmbH hält am 1.1.2024 keine Anteile an der Y-AG. Am 25.3.2024 erwirbt sie insgesamt 15 % der Aktien von A (4 %), B (5 %) und C (6 %) in einer notariellen Urkunde. Die Y-AG schüttet am 23.4.2024 insgesamt 100.000 EUR aus. Hiervon entfallen 15.000 EUR auf die X-GmbH. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs handelt es sich um einen wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang. In dem Fall ist es ohne Bedeutung, dass an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind. Der Erwerb gilt als zu Beginn des Kalenderjahrs erfolgt. Damit ist die Voraussetzung des § 8b Abs. 4 S. 1 KStG erfüllt und die Ausschüttung ist für die X-GmbH steuerfrei (5 % gelten als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben). |
Beachten Sie | Leider hat der Bundesfinanzhof nicht entschieden, wie ein Erwerb zu beurteilen ist, wenn er nicht in einem wirtschaftlich einheitlichen Vorgang erfolgt. In diesen Fällen werden die Finanzämter daher vermutlich auch weiterhin eine restriktive Sichtweise vertreten.
Quelle | BFH-Urteil vom 6.9.2023, Az. I R 16/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 239073; OFD Frankfurt, Verfügung vom 16.8.2021, Az. S 2750a A-027-St 52
Information zum Autor:
Die Steuerkanzlei Markus Schmetz berät kleine und mittelständische Unternehmen, Existenzgründer und Privatpersonen aus der Region Düsseldorf. Fundiertes Fachwissen und fachübergreifende Kontakte sind die Erfolgsgaranten.