Indizien für eine Zahlungseinstellung der GmbH und Insolvenzanfechtung
Die insolvenzrechtliche Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO hat im Wirtschaftsverkehr eine erhebliche Bedeutung. Ursache hierfür ist die weitreichende Anwendung der Vorschrift durch Insolvenzverwalter, gestützt durch eine - aus Sicht der Unternehmen, die Anfechtungsgegner sind - harte Rechtsprechungslinie. Der Abschluss von Ratenzahlungs- und andere Sicherungsvereinbarungen mit einem krisenbehafteten Vertragspartner kann letztlich durch die Insolvenzanfechtung eine gegenteilige, nachteilige Wirkung aus Sicht des Lieferanten entfalten. Die Bundesregierung arbeitet derzeit am „Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz“, welches im Herbst in die 2. und 3. Lesung in den Bundestag eingebracht werden soll, um den Anwendungsbereich des § 133 InsO einzudämmen. Damit soll die Kritik der Wirtschaft aufgegriffen werden, nach der die derzeitige Praxis von Insolvenzverwaltern unkalkulierbare Risiken für viele Vertragsbeziehungen darstellt. Unabhängig von der geplanten Gesetzesänderung bekräftigt der BGH mit einer Entscheidung aus Juni 2016 seine bisherige „harte Linie“ aus Sicht der Anfechtungsgegner.
Voraussetzung für eine Insolvenzanfechtung gemäß § 133 InsO ist, dass die angefochtene Rechtshandlung vom (insolventen) Schuldner mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen wurde und der Vertragspartner/Anfechtungsgegner diesen Vorsatz kannte. Die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz wird vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass (damit) die maßgebliche Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligt. Die Rechtsprechung hat objektive Anhaltspunkte herausgearbeitet, bei deren Vorliegen sie davon ausgeht, dass der Anfechtungsgegner Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigerbenachteiligung hatte.
Der BGH stellt in der aktuellen Entscheidung zunächst fest, dass die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit auch dann Indiz für die Kenntnis der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung sei, wenn die Leistung an den Anfechtungsgegner der Erfüllung eines bestehenden und fälligen Anspruchs diene (d.h. auch bei kongruenten Leistungen). Weiter erklärt er, dass aus der Bedienung einer Forderung durch den Schuldner nicht geschlossen werden könne, dass der Anfechtungsgegner keine Kenntnis von einer sonstigen Zahlungseinstellung und damit einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit hatte. Im BGH-Fall war eine Ratenzahlung(-svereinbarung) Anknüpfungspunkt für diese Wertung. Im Hinblick auf solche Ratenzahlungen hatte das Gericht zuletzt in der Entscheidung vom 16.4.2015 – Az. IX ZR 6/14 herausgearbeitet, dass Ratenzahlungsbitten des später insolventen Unternehmens dann kein Indiz für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit darstellen würden, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hielten. Hierzu nimmt der BGH nun eine Abgrenzung vor, wonach es an einer solchen Üblichkeit mangelt, wenn eine Ratenzahlungsbitte durch das später insolvente Unternehmen nach zuvor fruchtlosen Mahnungen des Anfechtungsgegners und nicht eingehaltenen Zahlungszusagen geäußert wird. Der BGH führte weiter aus, dass das Gesamtbild des Schuldners zu berücksichtigen sei und im konkreten Fall die dauerhafte schleppende Zahlungsweise seit Aufnahme der Geschäftsbeziehung ein geeignetes Indiz für eine Zahlungseinstellung darstelle. Ein weiteres Indiz für eine offenkundige Zahlungsunfähigkeit ist nach Ansicht des BGH darin zu sehen, wenn eine Zahlung des Schuldners erst nach Androhung einer Liefersperre durch den Anfechtungsgegner erfolgt.
Praxishinweis: Der BGH hält erkennbar an seiner Linie fest, die Insolvenzverwalter weiterhin zur intensiven Ausübung der insolvenzrechtlichen Vorsatzanfechtung bewegen wird. Gerade bei Kunden mit dauerhaft schleppender Zahlungsweise kann nach dieser Entscheidung bei der späteren Vereinbarung einer Ratenzahlung im Insolvenzfall des Kunden eine Anfechtung gemäß § 133 InsO drohen. Aus Sicht der Anspruchsgegner ist zu beachten, dass die Vermutungswirkung allerdings entkräftet werden kann, z.B. wenn die Ratenzahlung Bestandteil eines ernsthaften, aber letztlich fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs war.
Information zum Autor:
Andreas Hecker, LL.M. oec., Rechtsanwalt/Partner bei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner Rechtsanwälte mbB
Herr Hecker berät Unternehmen und Unternehmensgruppen bei gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Fragen. Er veröffentlicht regelmäßig zu gesellschaftsrechtlichen Themen sowie zur Corporate Governance in ausgewählten Fachzeitschriften und Branchenmagazinen und wirkt an Gründerwettbewerben für Startups mit.