Aufsichtsrat
Von Andreas Hecker, LL.M. oec., Rechtsanwalt/Partner bei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner Rechtsanwälte mbB
Die Vertretung einer Aktiengesellschaft erfolgt grundsätzlich durch ihren Vorstand (§ 78 AktG) und die Vertretung einer GmbH durch die Geschäftsführung (§ 35 GmbHG). Allerdings gibt es diverse Fallkonstellationen, in denen der Aufsichtsrat seine Zustimmung für den Abschluss von Verträgen erteilen oder sogar die Gesellschaft nach außen vertreten muss. Das OLG Nürnberg beschäftigte sich in diesem Jahr mit der Frage, wie die Zustimmung des Aufsichtsrates zu Verträgen zwischen der Gesellschaft mit einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern ausgestaltet sein muss. Dem Bundesgerichtshof lag – ebenfalls in diesem Jahr - ein Fall vor, in welchem es u.a. um die Frage ging, wann ein Vertrag zwischen der Gesellschaft und dem Vorstand vorliegt, bei dem die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat zu vertreten ist.
Gemäß § 114 Abs. 1 AktG bedürfen Verträge zwischen einer Aktiengesellschaft und einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern, mit denen zusätzliche Leistungen des Aufsichtsratsmitglieds vereinbart werden (Dienstleistungs- oder Werkverträge), der Zustimmung des gesamten Aufsichtsrats. Solche Fälle sind u.a. dort anzutreffen, wo die Aufsichtsratsmitglieder zugleich Rechtsanwälte, Unternehmens- oder Steuerberater, Makler oder Dienstleister anderer Art sind und die Gesellschaft ein Interesse an der Inanspruchnahme von Leistungen hat, die das Aufsichtsratsmitglied nicht bereits im Rahmen der Mandatstätigkeit erbringt. Der Bundesgerichtshof hat 2006 bereits ergänzend festgestellt, dass eine entsprechende Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats auch in den Fällen besteht, in denen solche Dienstleistungs- oder Werkverträge nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied selbst, sondern mit einem Unternehmen geschlossen werden, an dem das Aufsichtsratsmitglied (z.B. als Partner einer Rechtsanwalts- oder Steuerberatungsgesellschaft) beteiligt ist. Im Jahr 2012 entschied der Bundesgerichtshof daran anknüpfend, dass Beratungshonorare erst nach der erforderlichen Zustimmungserklärung des Aufsichtsrats gezahlt werden dürfen und eine vorherige Auszahlung rechtswidrig ist. Das OLG Nürnberg (12 U 927/15) hat nun geurteilt, dass (i) das Zustimmungserfordernis nach § 114 AktG auch bei Gesellschaften mit nur einem Alleinaktionär zwingend ist und (ii) eine konkludente oder stillschweigende Beschlussfassung nicht ausreicht, sondern förmlicher Aufsichtsratsbeschluss mit Bezug auf das konkrete Vertragsverhältnis vorliegen muss.
Nach § 112 AktG wird die Aktiengesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich durch den Aufsichtsrat vertreten. Verträge zwischen der Gesellschaft und einem Vorstandsmitglied sind infolgedessen durch den Aufsichtsrat, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, abzuschließen. Der Bundesgerichtshof (II ZR 235/15) hatte sich in diesem Jahr mit einer Sonderkonstellation zu befassen, bei der es um mehrseitige Vereinbarungen ging, an denen ein Aufsichtsrats- und ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft als Einzelpersonen auftraten und das Vorstandsmitglied zugleich als Vertreter der Aktiengesellschaft unterzeichnete. Es stellte sich aufgrund der von der Aktiengesellschaft zugesagten Leistungen die Frage, ob die Gesellschaft tatsächlich durch das Vorstandsmitglied, oder das Aufsichtsratsmitglied bzw. möglicherweise durch beide vertreten werden musste. Der Bundesgerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass es für die Anwendung von § 112 AktG es nicht ausreicht, dass ein Vorstandsmitglied pauschal an einem Vertrag mit einer Aktiengesellschaft beteiligt ist, sondern es muss letztlich um Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Vorstandsmitglied gehen. Dies war im zugrunde liegenden Fall gerade nicht gegeben, da es kein solches Leistungsverhältnis zwischen der Aktiengesellschaft und dem Vorstandsmitglied gab. Deshalb reichte es aus und war richtig, dass die Gesellschaft nur durch den Vorstand und nicht durch den Aufsichtsrat vertreten wurde.
- § 112, 114 AktG finden gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Drittelbeteiligungsgesetz, § 25 Abs. 1 Nr. 2 AktG auch uneingeschränkt Anwendung auf GmbHs, die der Mitbestimmung unterliegen. Ist nichts anderes geregelt, gilt die Vorschrift gemäß § 52 GmbHG auch für fakultative Aufsichtsräte einer GmbH, allerdings kann im Gesellschaftsvertrag der betroffenen GmbH etwas anderes geregelt werden.
Praxishinweis: Sowohl der Abschluss als auch die Abrechnung von Verträgen zwischen Gesellschaften und ihren Aufsichtsrats- bzw. Vorstandsmitgliedern bedürfen einer besonderen Prüfung. Je nach Konstellation kann es sein, dass (i) unabhängig von Wertgrenzen besondere, ausdrückliche Zustimmungspflichten des Aufsichtsrats gelten, (ii) die Vertretung der Gesellschaft abweichend vom Regelfall durch den Aufsichtsrat erfolgen muss und/oder (iv) eine Abrechnung von Leistungen nur nach vorheriger Zustimmung des Aufsichtsrats zulässig ist.
Information zum Autor:
Andreas Hecker, LL.M. oec., Rechtsanwalt/Partner bei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner Rechtsanwälte mbB
Herr Hecker berät Unternehmen und Unternehmensgruppen bei gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Fragen. Er veröffentlicht regelmäßig zu gesellschaftsrechtlichen Themen sowie zur Corporate Governance in ausgewählten Fachzeitschriften und Branchenmagazinen und wirkt an Gründerwettbewerben für Startups mit.