Zukunftsfähigkeit braucht Investitionen
von Hubert Hunscheidt
Die deutschen Unternehmen erwarten von der künftigen Bundesregierung deutlich mehr Tempo und ein besseres Umfeld für ihre erforderlichen Investitionen – so das Fazit des "IHK-Unternehmensbarometers zur Bundestagswahl 2021" bei rund 3.500 Betrieben aller Branchen und Regionen. Insgesamt fällt die Bewertung des Wirtschaftsstandortes schlechter aus als vor vier Jahren. Dazu beigetragen hat auch die Corona-Pandemie, in der die Betriebe vieles aufgefangen, jedoch gute Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln oftmals vermisst haben. Richtschnur für den neuen Koalitionsvertrag sollte deshalb sein, private und öffentliche Investitionen zu fördern.
Standortdefizite vor allem bei Bürokratie
Auf einer Skala von 1 bis 6 bildet die Bürokratie mit einer Durchschnittsbewertung von 4,8 das Schlusslicht bei den Standortfaktoren. Viele Unternehmen haben nicht die Ressourcen, um eine wachsende Zahl an komplexen und sich wiederholenden Melde-, Berichts- und Dokumentationspflichten, in der Regel im Papierformat, zu erfüllen.
Ähnlich unzufrieden sind die Betriebe mit den Strom- und Energiekosten in Deutschland (4,5). Bei den gewerblichen Strompreisen liegt der Standort an der Spitze im europäischen Vergleich. Die nationale Sonder-CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe treibt die Energiekosten vieler Industrieunternehmen weiter in die Höhe und belastet deren Wettbewerbsfähigkeit auch innerhalb Europas.
Auch beim Thema Digitalisierung sehen die Unternehmen enormen Verbesserungsbedarf (4,3). Der Infrastrukturausbau schreitet in Deutschland zwar voran, muss aber besser mit den zunehmenden Digitalisierungserfordernissen der Unternehmen mitwachsen. Nach wie vor eher positiv schätzen die Betriebe die duale Berufliche Bildung, die Rechtssicherheit in Deutschland sowie die Situation bei Forschung und Innovation ein.
Kernaufgaben für die Zukunft
Für die neue Bundesregierung sollte aus Sicht der Unternehmen Priorität haben, die Digitalisierung voranzutreiben – 61 Prozent der Befragten sehen hier einen vorrangigen Handlungsbedarf. Die Corona-Pandemie hat den Transformationsdruck für die Betriebe erheblich verstärkt. Es fehlt jedoch an grundlegenden Rahmenbedingungen, damit die Unternehmen die Potenziale der Digitalisierung voll ausschöpfen können: Eine moderne digitale Infrastruktur, also Glasfaseranschlüsse bis in die Gebäude hinein, ist dafür eine entscheidende Voraussetzung. Ebenfalls weit oben auf die Agenda gehört für die Betriebe eine Verbesserung und Beschleunigung von Verwaltungsleistungen (41 Prozent).
Das enorme Entlastungs- und Modernisierungspotenzial, das digitale Angebote und Lösungen für Gesetzgebung und Verwaltung eröffnen, wird bislang nicht genutzt. Hier bedarf es nicht zuletzt eines unternehmensorientierten einheitlichen Zugangs zu digitalen Verwaltungsleistungen. Zu den wichtigsten fünf Unternehmensthemen für die neue Bundesregierung gehören weiter: "Klimapolitik investitionssicher und wettbewerbsfähig gestalten" (39 Prozent), "Staatliche Belastung des Strompreises reduzieren" (31 Prozent) sowie "Unternehmensbesteuerung modernisieren" (33 Prozent).
Investitionen als Schlüssel für nachhaltiges Wachstum
Neun von zehn Unternehmen stimmen der Aussage zu, dass es einen massiven Investitionsbedarf sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich gibt. Im Corona-Jahr 2020 haben die Betriebe ihre Ausrüstungsinvestitionen deutlich reduziert, und sie bleiben auch weiterhin zurückhaltend – in einer Zeit, in der wirtschaftliche Veränderungen bei den Unternehmen den Einsatz erheblicher Mittel erfordern. Gerade jetzt müssen bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, um das Vertrauen in den Standort Deutschland zu stärken und Investitionen zu ermöglichen – damit die deutsche Wirtschaft nachhaltig wachsen und in eine positive Zukunft blicken kann.
Quelle: DIHK | Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. / Foto: Jörg_Trampert_pixelio.de