„Zölle sind ein populistisches Machtmittel“
von Alexander Kirschbaum
Ob die Europäische Union dauerhaft von US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen wird, entscheidet sich bis zum 1. Mai. Der Handelsstreit zwischen China und den USA spitzt sich unterdessen weiter zu. Die Volksrepublik China hat jüngst ein Streitschlichtungsverfahren bei der Welthandelsorganisation (WTO) angerufen.
marketSTEEL hat mit Thomas Reuther, Präsident des Verbands Deutscher Metallhändler, über einen drohenden Handelskrieg und die Einschätzung der Aluminiumindustrie zu Importzöllen gesprochen.
marketSTEEL: Wie beurteilen Sie die amerikanischen Importzölle auf Aluminiumprodukte?
Thomas Reuther: Wir sehen einen solchen wirtschaftlichen Alleingang der US-Administration an den Regeln der WTO vorbei mehr als nur kritisch. Mit den zu erwartenden Gegenmaßnahmen der betroffenen Länder bewegen wir uns in eine Spirale, die einem Handelskrieg gleichkommt und sich auf alle Wirtschaftszweige ausbreiten kann. Letzten Endes schadet die USA mit diesen Maßnahmen nicht nur den von den Zöllen betroffenen Nationen, sondern auch sich selbst. Sie sorgen damit für eine Preissteigerung von Aluminiumprodukten im eigenen Land, denn sie werden selbst bei einem Kapazitätsaufbau im eigenen Lande nicht in der Lage sein, ihren Inlandsbedarf ohne Importe zu decken.
marketSTEEL: Die deutsche Stahlindustrie rechnet mit ernsten Konsequenzen für deutsche Unternehmen und mit massiven Handelsumlenkungen, wenn der angedachte Zoll Wirklichkeit würde. Wie würden sich die geplanten Importzölle in Höhe von 10 Prozent auf die deutsche Aluminiumindustrie auswirken?
Thomas Reuther: Auch wenn sich die deutschen Exporte von Aluminium (Rohmetall und Halbzeug) in der ersten elf Monate des Jahres 2017 lediglich auf einem Niveau von 61.000 Tonnen bewegten und dies sicherlich nicht zu einer nationalen Gefährdung der Sicherheit der USA geführt hat oder führt, so dürfen wir die die negativen Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft nicht unterschätzen. Die Umleitung von Metallströmen nach Europa kann zu einem Überangebot von Produkten und Rohmaterial und einem Druck auf die Umarbeitungslöhne führen und letztendlich auch deutsche Arbeitsplätze in Gefahr bringen.
marketSTEEL: Die US-Administration begründet Strafzölle auf Stahl und Aluminium damit, dass Importe von diesen Produkten die nationale Sicherheit gefährden würden. Was halten Sie davon?
Thomas Reuther: Die Ankündigung und Durchsetzung von Zöllen ist ein populistisches Machtmittel, das dazu führen wird, dass in den USA mit z.B. veralteten Anlagen wieder wirtschaftlich produziert werden kann. Hiermit werden Versäumnisse der letzten Jahrzehnte, nämlich nicht vorgenommene Investitionen in effiziente und wirtschaftliche Anlagen, durch künstliche Verteuerung von Importe egalisiert. Dies kann und wird kein erfolgreicher Weg sein, um wieder wirtschaftlich zu produzieren.
Der Interviewpartner Thomas Reuther ist der Präsident des Verbands Deutscher Metallhändler e.V.