WPG: Künstliche Intelligenz für die Produktion nutzen

Hannover – Auf ihrer Herbsttagung vergangene Woche in Berlin hat die WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik) einstimmig beschlossen, praktische Wege aufzuzeigen, wie Künstliche Intelligenz (KI) in die Produktion integriert werden kann.

Ein WGP-Standpunktpapier soll Chancen und Risiken der KI für das produzierende Gewerbe erstmals umfassend beleuchten. „Künstliche Intelligenz birgt enorme Chancen, auch für die Produktionstechnik", erläutert Prof. Berend Denkena, Präsident der WGP und Leiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz-Universität Hannover. „Wir können und wollen als Forschungsgemeinschaft diesen Megatrend vorantreiben und werden zügig die für die Produktionstechnik bedeutenden Fragen ausarbeiten, um die neue Technologie künftig auch in der Produktion vermehrt nutzen zu können."

Das Standpunktpapier soll ein Weckruf an Unternehmen sein, sich mit Fragen der KI praktisch auseinanderzusetzen und wird praktische Handlungsempfehlungen für die Einführung der Technologien enthalten. Bis zur WGP-Frühjahrstagung im Frühsommer 2019 soll es fertiggestellt sein.

Künstliche Intelligenz früher und heute

Zwar habe es schon vor rund 30 Jahren Arbeiten zur Produktionsplanung oder der Maschinendiagnose mit künstlichen neuronalen Netzen gegeben. „Allerdings sind die zur Verfügung stehenden Datenmengen und auch die Möglichkeiten der Verarbeitung und Speicherung mittlerweile groß genug, um KI praktisch umzusetzen", so Denkena. „Und diese Datenverfügbarkeit wird in Zukunft weiter steigen."

Zwar gebe es an unterschiedlichen Instituten bereits Forschungsprojekte zur KI in der Produktion. „Wir wollen nun aber eine Grundlage schaffen, auf der die bereits existierenden Erfahrungen strategisch so weiterentwickelt werden, dass die bislang nur punktuell genutzten neuen Wertschöpfungspotentiale durch KI in der Produktion auch systematisch gehoben werden können", berichtet Prof. Jörg Krüger, Initiator des Standpunktpapiers und Leiter des Fachgebiets Industrielle Automatisierungstechnik im Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb (IWF) der TU Berlin sowie Leiter des Geschäftsfeldes Automatisierungstechnik des Fraunhofer Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin. „Als WGP verfügen wir mit unseren rund 40 Forschungsinstituten über ein einmaliges Domainwissen der Produktion. Dieses wollen wir auch zum Nutzen der deutschen Industrie einsetzen."

Hohes Wertschöpfungspotenzial für die Produktion

Die WGP hat sich zu diesem Schritt entschieden, auch wenn Kritiker befürchten, dass der Hype um Künstliche Intelligenz zu überzogenen Erwartungen bezüglich der Geschwindigkeit ihres breiten Einsatzes in der Produktion führen könnte. „Mag sein, dass Technologien wie das so genannte Deep Learning – eine Teildisziplin des Machine Learning, die derzeit den Hype der KI ausmacht – den Höhepunkt der Hype-Welle überschritten haben", gibt Krüger zu. „Trotzdem wird es technologisch weiterhin stark bergauf gehen, das Tempo der Innovationen womöglich sogar noch zunehmen. Deswegen investieren Forschungsinstitutionen in der Produktionstechnik derzeit kräftig in KI-Technologien und in Personal mit entsprechender Expertise."

Rund 32 Mrd. Euro zusätzliches Wachstum durch KI erwartet

Dass dies die richtige Strategie ist, belegen Untersuchungen, die hohe Wertschöpfungspotenziale der KI für das produzierende Gewerbe aufzeigen. Das Institut für Innovation und Technik (iit) in Berlin berechnete in seiner im Juli 2018 erschienenen Studie PAiCE, dass das KI-induzierte zusätzliche Wachstum im produzierenden Gewerbe von 2019 bis 2023 bei 31,8 Mrd. Euro liegen wird. Das entspricht in etwa einem Drittel des gesamten Wachstums der Branche in diesem Zeitraum.

Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Innovationssystems auch weiterhin zu gewährleisten, empfehlen die Berliner weitere Forschungsaktivitäten. Dabei seien KI-Technologien mit Querschnittscharakter, wie etwa das Maschinelle Lernen und Computer Vision, gezielt zu fördern.

Die richtigen Fragen finden und formulieren

„Wir müssen aber auch den Transfer der KI in das produzierende Gewerbe fördern", mahnt Krüger. „Noch ist der Wissenstransfer von der rasant fortschreitenden Forschung in die Wirtschaft ein Nadelöhr. Und auch die Ausbildung von Fachkräften hierzu wird noch nicht systematisch genug verfolgt. Das alles behindert den Transfer in die unternehmerische Praxis und damit die Wertschöpfung."

Eine höhere Wertschöpfung dank KI sehen die WGP-Experten übrigens nicht nur in vollautomatisierten Systemen, die meist nur in größeren Konzernen zu finden sind. Auch in teilautomatisierten Systemen und Assistenzsystemen für den Werker ließe sich die Wertschöpfung dank KI deutlich erhöhen. „Schaffen wir es, KI systematisch in Produktionsprozesse zu integrieren, ergeben sich klare Wettbewerbsvorteile für die gesamte deutsche Industrie", ist sich Krüger sicher.


Zur Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik e.V. :

Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik e.V. ist ein Zusammenschluss führender deutscher Professorinnen und Professoren der Produktionswissenschaft. Sie vertritt die Belange von Forschung und Lehre gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Die WGP vereinigt 66 Professorinnen und Professoren aus 40 Universitäts- und Fraunhofer-Instituten und steht für rund 2.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Produktionstechnik.


Quelle und Vorschaubild: Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik e.V. (WGP)

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