Weltweiter Bauboom trotz Corona

von Hubert Hunscheidt

Die weltweite Bautätigkeit wurde im vergangenen Jahr weniger stark als viele andere Branchen von den teils massiven Auswirkungen der COVID-19-Pandemie betroffen – das zeigt die neue Studie „Global Powers of Construction“ von Deloitte. Dennoch: Der Anstieg staatlicher Krisen-Ausgaben sowie eine höhere Staatsverschuldung in zahlreichen Ländern könnte zu einer Verlangsamung anstehender Infrastrukturinvestitionen führen und so die Wachstumsaussichten der Branche für die kommenden Jahre beeinträchtigen.

„Während viele Baufirmen in der Pandemie gerade in Fernost nochmals eine Steigerung ihrer Umsätze gegenüber dem Vorjahr realisieren konnten, sieht es in Europa nicht ganz so rosig aus. Dennoch kann man nicht behaupten, dass Corona der Baubranche nachhaltig geschadet hat“, sagt Michael Müller, Partner und Leader des Bereichs Real Estate bei Deloitte. „Unter den deutschen gelisteten Baufirmen konnte sich wie in den Vorjahren nur ein Unternehmen in den Top 100 platzieren.“

China legt beim Umsatzvolumen weiter zu, Europa fällt zurück

Der Report analysiert alljährlich die weltweite Bauwirtschaft nach den wichtigsten Performance-Indikatoren wie u.a. Umsatz, Marktkapitalisierung und Profitabilität. Demzufolge haben die 100 weltweit größten börsennotierten Bauunternehmen im vergangenen Jahr mehr als 1,5 Billionen US-Dollar umgesetzt, ein Plus von 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Rangliste wird wie in den Jahren zuvor von chinesischen Bauriesen beherrscht, welche gemessen am Umsatz die ersten fünf Plätze belegen und von einem Dauer-Erstplatzierten angeführt werden: Die China State Construction Engineering Corp. Ltd. (CSCEC) legte im Vergleich zu 2019 nochmal 19 Mrd. USD Umsatz zu und weist für 2020 einen Gesamtumsatz von knapp 234 Milliarden USD aus.

Mit deutlichem Rückstand folgen weitere vier chinesische Unternehmen, bevor mit dem französischen Baukonzern Vinci auf Platz sechs die erste nicht-chinesische Firma in den Top 10 auftaucht. Insgesamt sechs Baufirmen aus dem Land der Mitte listet die Top 10, elf die Top 100; fast die Hälfte des Top 100-Gesamtumsatzes (47,8%), geht auf das Konto chinesischer Baufirmen deren Dominanz im globalen Ranking vor allem auf die Größe des chinesischen Marktes zurückzuführen ist. Europäische Bauunternehmen sind mit drei Firmen in den Top 10 vertreten und machen mit insgesamt elf gelisteten Firmen rund ein Fünftel des gesamten globalen Umsatzes der Top 100 aus, mit einem Umsatzrückgang von sieben Prozent.

Veränderungen bei Internationalisierung und Marktkapitalisierung

Wenngleich Europa beim Gesamtumsatz weit hinter China liegt, konnten europäische Firmen trotz der Frühjahrs-Lockdowns bis zum Ende des Jahres 2020 einen Zuwachs von beachtlichen 28 Prozent bei ihrem Marktwert ausweisen und haben zugleich den höchsten Anteil an internationalen Projekten (59% Auslandsumsätze), vor Südkorea (40%), während die Baufirmen der nächstplatzierten Länder USA (15%), Japan (10%) und China (6%) sich stärker auf ihre Heimatmärkte fokussieren. Rund 17 Prozent des Gesamtumsatzes setzen die nach Marktkapitalisierung größten 30 Firmen im Ranking außerhalb ihrer Heimatmärkte um, zwei Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.

Seine Führung bei der Marktkapitalisierung musste Europa an die USA abgeben, deren Bauunternehmen ihre Marktkapitalisierung um 20 Prozent steigern konnten, während die der europäischen Unternehmen um sieben Prozent sank. Als Folge der pandemiebedingten Unsicherheiten büßte die Marktkapitalisierung der 30 größten Bauunternehmen insgesamt knapp sieben Prozent gegenüber dem Vorjahreswert ein und erreichte Ende 2020 rund 422 Mrd. USD – mit erheblichen geografischen Unterschieden.

Weltweite Performance sehr heterogen, Aussichten bleiben optimistisch

Generell lässt sich sagen, dass die Pandemie und ihre Auswirkungen nicht alle vom Report erfassten Länder in gleichem Maße betroffen haben. Entsprechend uneinheitlich zeigt sich die Umsatzentwicklung der Bauunternehmen im vergangenen Jahr. Von den 100 größten gelisteten Unternehmen konnte weniger als die Hälfte ihren Umsatz im Jahr 2020 steigern; zwar verzeichneten 18 Prozent der Bauunternehmen ein zweistelliges Wachstum, doch rund ein Viertel der Top 100 musste einen Umsatzrückgang von mehr als 10 Prozent hinnehmen.

„Die Bauindustrie ist für die EU-Wirtschaft mit seinen 18 Mio. Beschäftigten und einem Beitrag von neun Prozent zum Bruttosozialprodukt von besonderer Bedeutung“, sagt Michael Müller. „Umso entscheidender ist hier die Perspektive für die kommenden Jahre. Obgleich die aktuellen Zahlen auf einen Umsatzrückgang von etwa acht Prozent in 2021 deuten, bleiben die Aussichten für die nächsten zwei Jahre positiv und werden den Prognosen zufolge 2023 das Vor-Corona-Niveau vermutlich übertreffen. Die Corona-Krise dürfte nur einen begrenzten Einfluss auf die langfristigen, wachstumstreibenden Megatrends wie Bevölkerungswachstum und Urbanisierung, Klimawandel und Dekarbonisierung der Wirtschaft sowie die digitale Transformation haben. Daher wird im Zuge der globalen Erholung von der Pandemie eine jährliche Steigerung des weltweiten Bauvolumens um durchschnittlich 3,2 Prozent von 2021 bis 2023 erwartet.“

Die Studie steht hier zur Verfügung.

Quelle: Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft / Foto: marketSTEEL

Zurück