VDW auf der Metav: Sicherheit als strategischer Prozess

Frankfurt/Düsseldorf - Mit der europäischen Maschinenrichtlinie steht derzeit ein bedeutendes  Regelwerk für den Bereich Maschinensicherheit auf dem Prüfstand. Die EU-Kommission plant eine Neufassung. Die textlichen Vorboten sorgen bei Unternehmen und Verbänden für Unruhe. Mögen zwar die Ziele der Revision, wie etwa die Anpassung an den technischen Fortschritt, noch Zustimmung finden, so liegt die Crux im Detail. Das gilt vor allem für die Werkzeugmaschinen. Wie sich die sicherheitstechnische Auslegung von Maschinen bei veränderlichen Rahmenbedingungen im marktwirtschaftlichen Wettbewerb weiter verbessern lässt, ist Thema auf dem Safety Day, zu dem der VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) im Rahmen der Fachmesse METAV (9. bis 11. März 2020) am 10. März auf das Düsseldorfer Messegelände einlädt.

Schon die derzeit gültige Maschinenrichtlinie (MRL) aus dem Jahr 2006 hat sicherlich dazu beigetragen, die Sicherheitsstandards innerhalb der Europäischen Union zu vereinheitlichen. Eberhard Beck, Leiter Steuerungstechnik beim Werkzeugmaschinenhersteller Index-Werke, sieht den hohen Sicherheitszwang in Summe eher als Vorteil und weniger als Nachteil der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie. Effektive und produktive Maschinen seien nur zu entwickeln, wenn Hersteller alle technischen Eigenschaften und Funktionen durch Messungen und Analysen kennen und dokumentieren können. Das umfasse auch die Maschinensicherheit.

Sicherheit kontinuierlich erhöhen


Der VDW als Interessenvertretung der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie hat eigene Strategien entwickelt, um in Normungsprozessen Verständnis für die speziellen praxisrelevanten Aspekte bei Werkzeugmaschinen zu wecken und um Schlüsselthemen der Werkzeugmaschinensicherheit mit Fachleuten aus Mitgliedsunternehmen, Zulieferern und Kunden aufzubereiten. So lassen sich Branchenstandards erhöhen, die sich auch normativ verankern lassen. „Sicherheit ist keine Eigenschaft, sondern ein Prozess", betont Dr. Alexander Broos, Leiter der Abteilung Forschung und Technik im VDW.

Um wirkliche (Personen-)Sicherheit im Umgang mit Maschinen erreichen zu können, „muss permanent gegengeprüft, überdacht und weitergedacht werden", bestätigt Eberhard Beck. Jeder im Laufe der Maschinennutzung bekanntwerdende Beinahe-Unfall oder Unfall müsse sicherheitsgerichtet berücksichtigt und geprüft werden, um gegebenenfalls nachzubessern. Nur so sei es möglich, die Maschinen- und Personensicherheit kontinuierlich zu erhöhen. Deshalb engagiert sich Eberhard Beck im VDW für das Thema Sicherheitstechnik.

Wissenschaftliche Unterstützung unverzichtbar


Da es dabei um kontinuierliche Verbesserungen und um die Bewertung des Restrisikos geht, wird die Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungsinstituten forciert. So wurde unter anderem untersucht, wie der Einsatz trennender Schutzeinrichtungen zur Reduzierung des Sicherheitsrisikos führen kann oder welche Möglichkeiten es gibt, etwa das Risiko des Falls einer schwerkraftbelasteten Achse zu minimieren.

Der VDW initiiert und unterstützt Untersuchungen auf der Herstellerseite, auf der Kunden- und Anwenderseite sind die Berufsgenossenschaften mit eigenen Forschungsprojekten unterwegs. Christian Adler, Leiter der Prüf- und Zertifizierungsstelle Oberflächentechnik und Anschlagmittel der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM), Hannover, reiste Ende Januar mit dem VDW-Sicherheitsexperten Heinrich Mödden nach Tokio, um dort für einen Vorschlag zur Dimensionierung von Schutzeinrichtungen an Schleifmaschinen zu werben. „Ausgangspunkt des Problems war, dass die bisherige Auslegungskonvention völlig überzogen und kaum umsetzbar war", so Adler, was dazu führte, dass die Norm in der Praxis einfach nicht beachtet wurde. Die BGHM konnte mit eigener Studie nachweisen, dass die Umhausung gar nicht so massiv sein muss, da sie sich auch verformen darf, ohne ihre Sicherheitswirkung zu verlieren. Den erarbeiteten Vorschlag wird Christian Adler beim METAV Safety Day vorstellen.

Wirtschaftlichkeit als Prämisse


„In erster Linie muss eine Maschine tun, wofür sie angeschafft wird", beschreibt Dr. Alexander Broos die Kundensicht, „und das muss wirtschaftlich sein." Der Balanceakt zwischen Markt- und Sicherheitsanforderungen spiele sich in einem Spannungsfeld ab, Neue sachliche Brisanz ergebe sich derzeit daraus, dass bei der Reform der Maschinenrichtlinie die Themen Cybersecurity und künstliche Intelligenz mit aufgenommen werden sollen. Er meint jedoch, Themen wie etwa die Prozessoptimierung durch Digitalisierung und Maschinensicherheit seien zu trennen.
Die Vermengung der Begriffe Safety und Security – in der deutschen Übersetzung „Sicherheit" nicht zu unterscheiden – wird auf der METAV 2020 in zwei unterschiedlichen Veranstaltungen klar getrennt. Beim Thema Cybersecurity geht es um den Schutz der Maschine vor Angriffen des Menschen. Bei Safety steht der Schutz des Menschen vor der Maschine – oder sich selbst – im Vordergrund.

Mensch-Maschine-Interaktion im Fokus


Unfälle an Werkzeugmaschinen sind zwar sehr selten, können aber, wenn sie passieren zu sehr schweren oder gar tödlichen Verletzungen führen. Eine Frage ist also, wie kann man Bedienfehler verhindern und die „Fehlerquelle" Mensch vor sich selbst schützen. Laut der Drei-Stufen-Strategie der Risikominimierung nach ISO 12100 geht es zum einen um eine sichere Maschinenkonstruktion, an zweiter Stelle um Schutzmaßnahmen und drittens um Instruktionen und Benutzerinformationen.

Auf dem METAV Safety Day wird der Themenbereich Mensch-Maschine-Interaktion breiten Raum einnehmen. Größte Gefahren entstehen etwa durch Fehler im Spannvorgang und dadurch freigesetzte umherfliegende Teile sowie durch Betreten des Schutzraumes einer Maschine, die noch arbeitet, oder durch Manipulationen.

Dr. Volker Wittstock, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Werkzeugmaschinenkonstruktion und Umformtechnik an der TU Chemnitz, hat die sicherheitstechnische Problemstellung des Vertikal-Drehens in Fräsmaschinen mit einer Gruppe von Auszubildenden getestet. Er beobachtete Vorgänge, analysierte Montagefehler und berechnete die menschliche Fehlerwahrscheinlichkeit. Daraus entstand das Forschungsthema „Erfassung und Vergleichbarkeit der menschlichen und technischen Zuverlässigkeit zur verbesserten Werkstückspannung beim Vertikal-Drehen – MTZ Dreh". Das geförderte Projekt beginnt Anfang März. Ziel ist laut Wittstock, eine neue Beurteilungsmethode der Ursache-Wirkung-Beziehung zu entwickeln. Der Lösungsansatz soll vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) unterstützen, die von manueller oder teilautomatisierter Fertigung geprägt sind.

Anmeldung und Programm zum METAV-Savety-Day  H I E R


Über die METAV 2020 in Düsseldorf

Die METAV 2020 – 21. Internationale Messe für Technologien der Metallbearbeitung zeigt das komplette Spektrum der Fertigungstechnik. Schwerpunkte sind Werkzeugmaschinen, Fertigungssysteme, Präzisionswerkzeuge, automatisierter Materialfluss, Computertechnologie, Industrieelektronik und Zubehör. Hinzu kommen die neuen Themen Moulding, Medical, Additive Manufacturing und Quality.
Zur Besucherzielgruppe der METAV gehören alle Industriezweige, die Metall bearbeiten, insbesondere der Maschinen- und Anlagenbau, die Automobil- und Zulieferindustrie, Luft- und Raumfahrt, Elektroindustrie, Energie- und Medizintechnik, der Werkzeug- und Formenbau sowie Metallbearbeitung und Handwerk. Der VDMA Präzisionswerkzeuge ist ideeller Träger der METAV und für die Aufplanung des Ausstellungsbereichs Werkzeuge verantwortlich.

QuelleVDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) /

Fotos: Messe Düsseldorf, Constanze Tillmann, Messe Düsseldorf GmbH / Metav

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