US-Strafzölle stoßen auf harte Kritik
von Alexander Kirschbaum
Ein harter Schlag für die deutsche Stahlindustrie: US-Präsident Donald Trump folgt der Empfehlung seines Handelsministers Wilbur Ross und will tatsächlich Strafzölle auf Stahlimporte verhängen. Vorgesehen ist ein pauschaler Wertzoll in Höhe von 25 Prozent auf alle Stahlimporte, wie Trump am Donnerstag mitteilte.
Die Entscheidung stößt beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) auf Kritik. "Die Abschottungspolitik der USA ist ein Fehler. US-Präsident Donald Trump riskiert weltweite Handelskonflikte und eine Spirale des Protektionismus, die am Ende auch amerikanische Jobs kosten werden", sagt BDI-Präsident Dieter Kempf. Der BDI unterstütze die EU in ihrem Vorhaben, eine angemessene Antwort zu geben. Es gebe Wege, auf Basis der Regeln der Welthandelsorganisation WTO zu reagieren. Multilaterale Regeln müssten durchgesetzt werden, so Kempf.
Die EU hatte bereits im Vorfeld Vergeltungszölle angekündigt, wenn die USA die Importe von Stahl und Aluminium aus Europa beschränken. Nun kündigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden. Die EU wird entschieden und angemessen reagieren, um ihre Interessen zu verteidigen“.
"Europäische Union muss jetzt rasch handeln"
Auch Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, sieht die EU jetzt in der Pflicht. „Die USA bauen eine Zollschranke auf, mit der sie sich gegen Stahlimporte aus aller Welt abschotten. Diese Maßnahme verstößt eindeutig gegen Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Jetzt muss die EU konsequent mit den Instrumenten dagegen vorgehen, die die WTO hierfür bereitstellt“, so Kerkhoff.
Ob die WTO zu einer Lösung des Konflikts beitragen kann, ist zweifelhaft. Zwar hat die Welthandelsorganisation im Laufe ihrer Geschichte bei drohenden Handelskriegen bereits häufig schlichtend eingegriffen, doch bei Trump könnte sie auf Granit stoßen. So hat der US-Präsident bereits früher mit einem Rückzug aus der WTO gedroht. Zudem begründet die US-Regierung die Zölle damit, dass die nationale Sicherheit auf dem Spiel stünde. In diesem Fall hat die WTO keine Entscheidungskompetenz.
Der Verband hatte bereits am Mittwoch vor den negativen Folgen von US-Strafzöllen gewarnt. Die Vereinigten Staaten haben im vergangenen Jahr knapp 1 Million Tonnen Walzstahl abgenommen und sind für die Stahlindustrie in Deutschland damit der wichtigste Drittlandmarkt außerhalb der EU. Darüber hinaus wären laut dem Verband auch die deutschen Lieferungen in andere Länder betroffen, da die US-Maßnahmen Nachahmungseffekte und damit einem Anstieg des weltweiten Protektionismus nach sich ziehen würden.
Zudem warnt Kerkhoff vor einer Verrschärfung der Importkrise in Europa. "Europa wird durch Handelsumlenkungen von einer neuen Stahlschwemme bedroht, in einer Situation, in der die Importkrise auf dem EU-Markt bei weitem noch nicht überwunden ist“, so der Verbandspräsident.
AIIS ebenfalls besorgt
Der US-Präsident hat sich auch nicht von Appellen des AIIS (American Institute For International Steel) beeindrucken lassen. Die Organisation vertritt die Interessen der stahlverarbeitenden Industrie sowie vor- und nachgelagerter Branchen in den USA und hat sich gegen US-Strafzölle auf Stahlimporte ausgesprochen. In einem Schreiben vom 27. Februar heißt es unter anderem: "Mit 164 Antidumping- und Ausgleichszöllen für Stahlimporte ist die Stahlindustrie bereits der am stärksten geschützte Industriesektor des Landes. Die Beschränkung von Stahlimporten würde einen weitreichenden wirtschaftlichen Schaden verursachen und die Preise für US-Industrien wie Bau, Transport und Bergbau steigen lassen. Mehr als 1,3 Millionen amerikanische Arbeitsplätze sind gefährdet, wenn grundlegende Stahlimporte nicht weltweit verfügbar sind. Dies steht im Vergleich zu 81.873 Arbeitsplätzen in der US-amerikanischen Basisstahlindustrie."
Quelle: marketSTEEL, BDI, Wirtschaftsvereinigung Stahl, AIIS