US-Megadeals prägen weltweiten Öl- und Gassektor
von David Fleschen
Nach dem Rekordjahr 2014 mit einem Transaktionsvolumen von weltweit 151 Milliarden Euro im Öl- und Gassektor lag das Volumen 2015 fast gleichauf bei 148 Milliarden Euro. Mit 20, 18 und 16 Milliarden Euro waren die drei Megadeals in den USA für mehr als ein Drittel des gesamten weltweiten Transaktionsvolumens des Jahres 2015 verantwortlich. Auf den US-amerikanischen Markt bezogen, waren das die dritt-, viert- und fünftgrößte Übernahme aller Zeiten. Zu diesem Ergebnis kommen aktuelle Untersuchungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) auf Basis der Zephyr-Datenbank von Bureau van Dijk (BvD).
Der jüngste Megadeal der Branche fand allerdings auf europäischem Boden stattfand: Die Übernahme der im englischen Reading ansässigen BG Group durch die Royal Dutch Shell im Februar 2016 war mit rund 60 Milliarden Euro die größte Übernahme im Öl- und Gassektor seit zehn Jahren. Während das Transaktionsvolumen weiterhin hoch ist, zeichnet sich bei der Anzahl der Transaktionen ein deutlicher Rückgang ab.
Die Branche wartet ab
Belief sich die Anzahl an Transaktionen im Jahr 2014 noch auf 444, halbierte sie sich im vergangenen Jahr fast auf nur noch 264 Deals. "Grund dafür ist eine neue, abwartende Haltung in der Branche", erklärt Niklas Dürr, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der ZEW-Forschungsgruppe "Wettbewerb und Regulierung". Nach mehr als einem Jahr niedriger Preise bei Öl und Gas folgt nun eine Phase der Unsicherheit und Neuausrichtung der Branche. "Da keine großen Preiserhöhungen in den nächsten Jahren erwartet werden, halten die Konzerne ihr Kapital lieber zusammen, als riskante Abenteuer zu wagen", sagt Niklas Dürr.
Hinzu kommt, dass sich vor allem US-amerikanische Fracking-Firmen durch Investitionen der vergangenen Jahre hoch verschuldet haben. Diese Schulden müssten bei einer potenziellen Übernahme vom Käufer getragen werden, was den Aufkauf von Unternehmen hemmt. "Diese Entwicklungen werden nach den jüngsten Megadeals dieses Jahr für eine Abkühlung des Marktes sorgen", so Niklas Dürr.
Ölpreise auf höchstem Stand seit sechs Monaten
Am Dienstagmittag erreichten die Ölpreise mit einem Plus von rund 3 Prozent den höchsten Stand seit über einem halben Jahr. Die Nordesse-Sorte Brent kletterte über die Marke von 49 US-Dollar je Fass (etwa 159 Liter). Die Investmentbank Goldman Sachs hatte am Wochenende ihren Preisausblick für das dritte Quartal von 40 auf 49 US-Dollar je Fass angehoben, was die seit Wochen andauernde Preisrallye zusätzlich befeuert haben dürfte.
An den Fundamentaldaten auf dem Ölmarkt hat sich jedoch wenig getan: Der Lagerbestand in den USA befindet sich nach wie vor nahe an seinem historischen Höchststand. Allgemein wird erwartet, dass die ersten US-Fracking-Produzenten die Förderung wieder hochfahren, sobald die Preise 90 Tage lang 40 Dollar je Fass übersteigen. Letztlich liefern sich die USA mit dem von den Saudis dominierten OPEC-Kartell einen erbitterten Kampf um Marktanteile. Daher scheinen Rückgänge beim Ölpreis durch ein plötzlich steigendes Angebot jederzeit möglich.
Quellen: ZEW, marketSTEEL; Vorschau-Bild: fotolia