Umweltausschuss des EU-Parlaments hat abgestimmt

von Alfons Woelfing

Die Abstimmung des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments über die Novellierung der wichtigsten Regelwerke des EU-Abfallrechts hat nach der Bewertung der European Recycling Industries‘ Confederation (EuRIC) Licht- und Schattenseiten.

Die BDSV ist Mitglied der EuRIC und hat an den Stellungnahmen im Vorfeld der Abstimmung mitgewirkt. Sie stellt sich vollumfänglich hinter die Kommentierung des Abstimmungsergebnisses. Insbesondere die Nichtberücksichtigung eines „Mengen-Kriteriums“ in der Definition von „Siedlungsabfall“ ist für die BDSV ein weiterer höchst bedenklicher Schritt zur Stärkung der Kommunalwirtschaft. BDSV Hauptgeschäftsführer Rainer Cosson unterstützt hier die Auffassung von EuRIC Präsident Michael Schuy: „Abermals wird die Axt an den funktionierenden Wettbewerb in der Recyclingwirtschaft angelegt. Das Fehlen des Mengen-Kriteriums ist eine Einladung an die Kommunen, sich weiterer Bereiche des Recyclings zu bemächtigen und sich mit Überlassungspflichten gegen den Wettbewerb zu schützen. Die dadurch drohende Vernichtung von Arbeitsplätzen in der Recyclingwirtschaft wird offenbar ignoriert.“

Mit Bedauern kommentiert die BDSV auch die vom Umweltauschuss beschlossenen Neuregelungen zur Berechnung der Recyclingquoten. „Die deutsche Bundesregierung hatte hier vernünftige Regelungen vorgeschlagen. Diese unterstützen wir weiterhin. Alle Mitgliedstaaten sollten ein Interesse daran haben, dass die derzeitigen Disparitäten bei der Ermittlung der Recyclingquoten überwunden werden. Die jetzt vom Umweltausschuss favorisierte Methode birgt die Gefahr, dass die bestehenden Verwirrungen sogar noch vergrößert werden“, sagt Cosson.

Gemeinsam mit EuRIC hofft die BDSV jetzt darauf, dass im weiteren EU-Gesetzgebungsprozess doch noch Verbesserungen realisiert werden. Die Überzeugungsarbeit bei den Verantwortlichen wollen beide Verbände nochmals verstärken.

Die EuRIC-Erklärung im Wortlaut:

Abstimmung des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments (ENVI)
Recyclingunternehmen besorgt über negative Effekte für den Wettbewerb auf den Recyclingmärkten

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) stimmte am 24. Januar 2017 über Hunderte von Änderungsanträgen zur Überarbeitung der EU-Abfallgesetzgebung ab. Die Abstimmung ergab einige Verbesserungen, für die sich zuvor auch die European Recycling Industries Confederation (EuRIC) eingesetzt hatte, darunter:

- umfassende Maßnahmen, die gleiche Wettbewerbsbedingungen für Primärrohstoffe und Recyclingmaterialien bedeuten und somit die Nachfrage nach recycelten Materialien ankurbeln;

- strengere Vorschriften hinsichtlich der getrennten Sammlung, insbesondere von Bioabfällen, oder der Sortierung vor der Verbrennung, die zu einer Stärkung der Abfallhierarchie und zu einer Steigerung der Qualität führen werden und sicherstellen, dass Wertstoffe letztlich nicht deponiert oder verbrannt werden;

- höhere Recyclingquoten, die widerspiegeln, was Recyclingunternehmen seit Jahrzehnten bieten: innovative Lösungen für das Recycling aller Abfallströme, die als Ressourcen für neue Materialien geschätzt werden.

Dennoch ist aus Sicht der Recyclingwirtschaft zu bedauern, dass das Ergebnis der Abstimmung über die entscheidenden Fragen den Wandel von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaft behindern wird, wenn nicht noch anlässlich der Abstimmung in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments nachgebessert wird. Insbesondere ist es dem Umweltausschuss nicht gelungen, die Definition von Siedlungsabfällen zutreffend festzulegen. Er hat das „Mengen-Kriterium“ gestrichen und den Abfall aus „kleinen Unternehmen, Bürogebäuden und öffentlichen Gebäuden“ in die Definition aufgenommen. Aufgrund des Fehlens eines „Mengen-Kriteriums“ ergeben sich ernsthafte Risiken, dass industrielle und gewerbliche Abfallströme, die derzeit in wettbewerbsorientierten Märkten effektiv gesammelt und recycelt werden, morgen unzulässiger Weise als kommunale Abfälle eingestuft werden – einfach, weil sie in Beschaffenheit und Zusammensetzung vergleichbar sind. Dies hätte zusätzliche Kosten für die Steuerzahler und weitere Wettbewerbsverzerrungen zur Folge. „Wettbewerb ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg oder das Scheitern der Kreislaufwirtschaft, da er Effizienz und Innovation fördert. Zudem schafft Recycling zusätzlich zu den ökologischen Vorteilen Arbeitsplätze in ganz Europa“, kommentiert Michael Schuy, Präsident der EuRIC. „In den folgenden Gesetzgebungsschritten muss sichergestellt werden, dass auf den Recyclingmärkten fairer Wettbewerb herrscht“, fügte er hinzu.

Des Weiteren sieht EuRIC im Anschluss an die Abstimmung des Umweltausschusses ENVI weiteren Spielraum, die Vorschriften für die Berechnungsmethode von Recyclingquoten zu verbessern. Recyclingunternehmen haben ein vitales Interesse an einheitlichen Vorschriften, damit die tatsächlichen Recyclingquoten gemessen werden und somit sichergestellt wird, dass nur Abfälle, die zu Sekundärrohstoffen verarbeitet werden, in die Recyclingquote einfließen. Durch das Votum für eine Berechnungsmethode, die auf dem Begriff „Input in finales Recycling“ basiert, entschied sich der Umweltausschuss für eine Methode, die zwei wichtige Aspekte außer Acht lässt: Zum einen vermischt der Begriff „finales Recycling“ zwei verschiedene Bearbeitungsschritte in der Wertschöpfungskette, nämlich das Recycling und die Produktion. Bei der Produktion werden sowohl Primärrohstoffe als auch recycelte Materialien eingesetzt. Zum anderen ist es beim „finalen Recycling“ in den meisten Fällen sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, die Herkunft der Abfallströme, für die die Recyclingquoten festgelegt wurden, zurückzuverfolgen. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments und die EU-Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Bestimmungen zur Berechnung der Recyclingquoten keinesfalls zusätzliche Verwirrung und Gesetzeslücken schaffen, sondern vielmehr europaweit vergleichbare und belastbare Statistiken liefern.

Die EuRIC repräsentiert heute europaweit 5.500 Unternehmen, die einen kumulierten Jahresumsatz von ca. 95 Mrd. € erwirtschaften; darunter Großunternehmen und KMU, die im Bereich Recycling und Handel mit verschiedenen Stoffströmen tätig sind. Die Unternehmen bieten etwa 300.000 lokale Arbeitsplätze, die nicht in dritte EU-Länder ausgelagert werden können und recyceln durchschnittlich 150 Mio. Tonnen Wertstoffe (Papier, Metalle u.a.).

Quelle: BDSV / Foto: marketSTEEL

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