Umwandlung von Hüttengasen in Chemikalien
von Alexander Kirschbaum
Das von thyssenkrupp initiierte Projekt Carbon2Chem wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit mehr als 60 Millionen Euro gefördert. Das gab Bundesministerin Johanna Wanka gestern, den 27. Juni, in Duisburg bekannt. Ziel von Carbon2Chem ist es, Prozessgase aus der Stahlproduktion in chemische Grundstoffe umzuwandeln - einschließlich des darin enthaltenen CO2. Das Klimagas würde dann nicht mehr in die Atmosphäre abgegeben. Die für die Umwandlung benötigte Energie soll aus erneuerbaren Quellen kommen.
An dem Projekt beteiligen sich weitere 16 Partner aus der Grundlagen- und Anwendungsforschung sowie aus verschiedenen Industriebranchen. Planerische und wissenschaftliche Vorarbeiten haben thyssenkrupp und das Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion geleistet. „Carbon2Chem kann in der Zukunft ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende werden“, so Dr. Heinrich Hiesinger, Vorsitzender des Vorstands der thyssenkrupp AG. Bis zur Marktreife des Verfahrens in großindustriellen Anlagen werden mindestens zehn Jahre Entwicklungsarbeit veranschlagt.
Branchenübergreifende Zusammenarbeit
Charakteristisch für Carbon2Chem ist eine breit angelegte branchenübergreifende Zusammenarbeit. Dabei entsteht ein neues Netzwerk aus Stahlherstellung, Stromerzeugung und Chemieproduktion. Hüttengase aus der Stahlproduktion werden bisher lediglich verbrannt, um Strom und Wärme für den Fertigungsprozess herzustellen. Carbon2Chem stellt die Gase an den Anfang einer chemischen Produktionskette. Das ist möglich, weil Hüttengase unter anderem Wasserstoff, Stickstoff und Kohlenstoff enthalten, aus denen sich zahlreiche chemische Produkte herstellen lassen.
CO2 kann als Rohstoff verwendet werden, wenn man dessen Moleküle aufspaltet. Hierfür wird Wasserstoff gebraucht, der zum Teil bereits in den Hüttengasen vorhanden ist. Weiterer Wasserstoff soll unter Einsatz Erneuerbarer Energie hergestellt werden. Die Abläufe im Stahlwerk werden so verändert, dass ein Teil der Hüttengase für die Chemieproduktion abgeleitet wird, wenn kostengünstiger Überschussstrom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht.
Wirtschaftlichkeit herstellen
Die Erfolgsaussichten für Carbon2Chem sind gut, denn die grundlegenden chemischen Abläufe und die benötigten Technologien sind weitestgehend bekannt. Schon jetzt ist die Umwandlung von Prozessgasen aus der Hütte in Ammoniak als Vorprodukt für Düngemittel technisch machbar, aber noch nicht wirtschaftlich. Dabei würde auch ein Teil des in den Hüttengasen enthaltenen CO2 verwertet. Möglich wäre auch die Erzeugung von Methanol aus Hüttengas, ein Prozess bei dem die enthaltenen CO2-Anteile fast vollständig verwertet werden könnten.
Für den Einsatz Erneuerbarer Energien bei der chemischen Umwandlung würden Katalysatoren gebraucht, die starke Schwankungen im Prozess verkraften. Speziell in diesem Bereich besteht noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Außerdem müssen wirtschaftliche Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff entwickelt werden, die auch bei stark schwankender Energieversorgung funktionieren. Ein weiteres Forschungsfeld ist die Reinigung und Aufbereitung der Hüttengase. Im Herbst dieses Jahres beginnt auf dem Gelände von thyssenkrupp Steel Europe in Duisburg der Bau eines Technikums. Dort sollen ab dem Ende der ersten Projektphase die Carbon2Chem-Prozesse im Pilotmaßstab erprobt werden.
Quelle: thyssenkrupp AG Vorschau-Foto: thyssenkrupp