Thyssenkrupp setzt robuste Geschäftsentwicklung im 3. Quartal fort
von Hubert Hunscheidt
In einem herausfordernden Umfeld hat thyssenkrupp die robuste Geschäftsentwicklung im 3. Quartal des Geschäftsjahres 2022/2023 weiter fortgesetzt. Der Auftragseingang lag bei 9,4 Mrd € (Vorjahr: 9,9 Mrd €) und der Umsatz bei 9,6 Mrd € unter Vorjahr (Vorjahr: 11,0 Mrd €). Zurückzuführen ist dies vor allem auf die Normalisierung der Preise bei Materials Services. Zudem führten die niedrigeren Spotmarktpreise auch bei Steel Europe zu einem Umsatzrückgang. Beim Bereinigten EBIT konnte die Gruppe einen Wert von 243 Mio € erreichen und liegt damit wie erwartet unterhalb des Vorjahreswerts (721 Mio €). Ursächlich dafür waren vorrangig auch hier die niedrigeren Preise und damit einhergehend gesunkenen Margen bei Materials Services sowie geringere Erlöse bei Steel Europe. Ergebnissteigerungen bei Industrial Components, Automotive Technology und Marine Systems konnten diese Entwicklung nur teilweise kompensieren. Der Free Cashflow vor M&A hat sich im Vergleich zum Vorquartal und Vorjahr stark verbessert und liegt mit 347 Mio € im deutlich positiven Bereich. thyssenkrupp präzisiert zudem die Prognose für das laufende Geschäftsjahr: Die Gruppe strebt für das Bereinigte EBIT einen Wert im hohen dreistelligen Mio-€-Bereich an. Bisher wurde ein Wert im mittleren bis hohen dreistelligen Mio-€-Bereich prognostiziert. Die Prognose für die weiteren Finanzkennzahlen werden bestätigt.
Miguel López, Vorstandsvorsitzender der thyssenkrupp AG: „thyssenkrupp hat sich dank der eingeleiteten und umgesetzten Maßnahmen auch im 3. Quartal robust entwickelt. Auch die Transformation des Unternehmens kommt deutlich voran: Wir haben unsere Wasserstofftochter in einem anspruchsvollen Kapitalmarktumfeld erfolgreich an die Börse gebracht. Steel Europe hat die erwartete Förderung durch Bund und Land erhalten – ein entscheidender Meilenstein für die grüne Transformation des Stahlgeschäftes. Beide Erfolge unterstreichen unsere Rolle als Wegbereiter und Gestalter der grünen Transformation.“
Anfang Juli hat thyssenkrupp die Wasserstofftochter thyssenkrupp nucera – einen der weltweit führenden Anbieter von Elektrolyseanlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff – an die Börse gebracht (Ticker: NCH2). Infolge des Börsengangs erhält thyssenkrupp nucera einen Bruttoerlös von rund 526 Mio €, um weiter zu wachsen und seine führende Marktposition bei der Produktion von grünem Wasserstoff auszubauen. Aus dem Verkauf von Mehrzuteilungsaktien (Greenshoe) fließen thyssenkrupp im Zusammenhang mit dem Börsengang zusätzliche Bruttoerlöse von rund 52 Mio € zu. Beide Beträge werden sich im 4. Quartal positiv auf das Netto-Finanzguthaben von thyssenkrupp auswirken. Als langfristiger Mehrheitsaktionär wird thyssenkrupp das Wachstum des Unternehmens begleiten.
Für Steel Europe hat die EU-Kommission im Juli die Förderung des entsprechenden Dekarbonisierungsprojekts „tkH2Steel“ von rund 2 Mrd € beihilferechtlich genehmigt. Auf dieser Grundlage hat die Bundesregierung den Zuwendungsbescheid für die beantragten Fördermittel zur klimaneutralen Stahlproduktion übersandt. thyssenkrupp verfolgt für das Stahlgeschäft weiterhin den Plan einer eigenständigen Aufstellung. Der Einstieg in die grüne Transformation ist dafür eine wichtige Grundvoraussetzung. Auch bei Marine Systems verfolgt das Unternehmen den eingeschlagenen Pfad der Verselbstständigung weiter, um die bestmögliche Weiterentwicklung zu ermöglichen.
Die Verbesserung der Performance hat allerhöchste Priorität und ist maßgeblich für die weitere strategische Ausrichtung des Unternehmens. Derzeit wird ein neues, ganzheitlich angelegtes Performance-Programm bei thyssenkrupp erarbeitet mit dem Ziel, die operative Leistungsfähigkeit der Geschäfte weiter zu steigern. Im Fokus stehen dabei nicht nur die Verbesserung des Nettoumlaufvermögens, eine striktere Ausrichtung aller Geschäfte am Wettbewerbsniveau sowie strengere Rendite- und Wertschöpfungskriterien für Investitionsentscheidungen, sondern auch die Verbesserung der Performance-Kultur. Dieses Programm wird jetzt detailliert und zeitnah ausgerollt.
Entwicklung in den Segmenten im 3. Quartal 2022/2023
Materials Services verbuchte im 3. Quartal des Geschäftsjahres 2022/2023 einen Auftragseingang von 3,3 Mrd € nach 4,1 Mrd € im Vorjahreszeitraum. Ursächlich dafür sind wie erwartet die niedrigeren Materialpreise. Das Segment erreichte bei insgesamt gleichbleibendem Werk- und Rohstoffabsatz einen Umsatz von ebenfalls rund 3,3 Mrd € (Vorjahr: 4,8 Mrd €). Trotz Margendrucks infolge der rückläufigen Materialpreise konnte Materials Services ein Bereinigtes EBIT von 50 Mio € erzielen, das damit aber deutlich unter dem Rekordergebnis von 386 Mio € im Vorjahr liegt.
Industrial Components lag beim Auftragseingang mit 690 Mio € um 4 Prozent leicht unter Vorjahr. Der Umsatz blieb mit 695 Mio € annähernd stabil. Das Bereinigte EBIT des Segments verbesserte sich um 16 Prozent auf 57 Mio €. Der Auftragseingang im Bereich Großwälzlager entwickelte sich rückläufig. Beim Umsatz hingegen konnte das Geschäft das Vorjahresniveau halten. Insgesamt zeigte der Bereich Windenergie insbesondere in China ein niedrigeres Wachstum auf. Die Industrie-Anwendungsbereiche entwickelten sich positiv. Trotz deutlich gestiegener Vormaterial- und Energiekosten sowie gesunkener Preise im Bereich Windenergie in China verbesserte sich das Bereinigte EBIT aufgrund von positiven Effekten aus Effizienz- und Kostensenkungsmaßnahmen und eines Einmaleffekts. Das Schmiedegeschäft konnte den Auftragseingang leicht steigern und den Umsatz auf Vorjahresniveau halten. Mit konsequent fortgeführten Kostensenkungsmaßnahmen hat das Geschäft das Bereinigte EBIT trotz gestiegener Energiekosten im Vergleich zum Vorjahresquartal übertroffen.
Automotive Technology konnte sowohl den Auftragseingang als auch den Umsatz um 16 bzw. 18 Prozent auf 1,4 Mrd € verbessern. Das Segment verzeichnete in nahezu allen Business Units eine erhöhte Kundennachfrage. Allerdings war das Wachstum durch die eingeschränkte Verfügbarkeit von elektronischen Halbleitern weiterhin begrenzt. Das Bereinigte EBIT verbesserte sich auf 36 Mio € (Vorjahr: 6 Mio €) aufgrund von höherem Volumen, operativen Verbesserungen, Kostenentlastungen bei Transport und Einsatzmaterial sowie Preis- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen. Einen Kostenanstieg verzeichnete das Segment dagegen u.a. bei Zukaufteilen und Personal.
Steel Europe konnte durch deutlich gestiegene Bestellmengen – insbesondere aus der Automobilindustrie – den Auftragseingang um 4 Prozent auf 3,2 Mrd € steigern. Trotz gestiegener Versandmengen lag der Umsatz mit 3,3 Mrd € unter Vorjahr (-9 Prozent). Dabei machten sich weiterhin die niedrigeren Spotmarktpreise bemerkbar, wobei die längerfristigen Verträge stabilisierend wirkten. Aufgrund der im Vergleich zum Vorjahresquartal niedrigeren Erlöse lag das Bereinigte EBIT bei 190 Mio € nach 376 Mio € im Vorjahr. Positive Effekte aus niedrigeren Rohstoff- und Energiekosten, den fortschreitenden Restrukturierungen und die laufenden Performancemaßnahmen im Zuge der Umsetzung der „Stahlstrategie 20-30“ konnten diese Entwicklung abmildern.
Nach größeren Aufträgen im Bereich Marineelektronik im Vergleichszeitraum lag der Auftragseingang von Marine Systems mit 119 Mio € erwartungsgemäß unter Vorjahr (288 Mio €). Der Umsatz hingegen stieg deutlich um 18 Prozent auf 484 Mio €. Ursächlich dafür ist unter anderem die Schlussabrechnung einer Fregatte und die Übergabe eines U-Bootes. Dies und Effekte aus den eingeleiteten Performance-Maßnahmen führten auch beim Bereinigten EBIT zu einer deutlichen Verbesserung auf 16 Mio € (Vorjahr: 3 Mio €).
Im Segment Multi Tracks konnten alle verbleibenden Geschäfte ihren Auftragseingang auf 1,1 Mrd € (+20 Prozent) und ihren Umsatz auf 0,8 Mrd € (+8 Prozent) gegenüber dem Vergleichsquartal steigern. Ein deutliches Plus im Auftragseingang erzielte Uhde u.a. durch größere Aufträge für eine grüne Methanolanlage in Saudi-Arabien. Polysius verzeichnete höhere Auftragseingänge vor allem durch einen Großauftrag in den USA sowie durch das wachsende Indiengeschäft. Auch thyssenkrupp nucera ist mit Auftragseingang über Vorjahr weiterhin auf Wachstumskurs. Automation Engineering konnte einen Anstieg durch einen Großauftrag im Bereich Batteriemodulmontage erzielen. Bei Springs & Stabilizers lag der Auftragseingang preisbedingt über dem Vergleichszeitraum. Das Bereinigte EBIT des Segments Multi Tracks betrug -64 Mio € (Vorjahr: -62 Mio €). Während Polysius und Springs & Stabilizers ihr Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert haben, erzielten Uhde und Automation Engineering niedrigere Ergebnisse. thyssenkrupp nucera lag mit einem positiven Ergebnisbeitrag auf dem Vorjahresniveau. Durch Restrukturierungs- und Kostensenkungsmaßnahmen konnten die Verluste in nahezu allen Einheiten deutlich reduziert werden.
Das Bereinigte EBIT von Corporate Headquarters lag bei -37 Mio € (Vorjahr: -31 Mio €).
3. Quartal 2022/2023: Kennzahlen thyssenkrupp Gruppe (inkl. nicht fortgeführter Aktivitäten)
Unter dem Strich weist thyssenkrupp im 3. Quartal 2022/2023 einen Periodenüberschuss von 107 Mio € aus (Vorjahr: 92 Mio €). Nach Abzug der Minderheitenanteile lag das Netto-Ergebnis im 3. Quartal bei 83 Mio € (Vorjahr: 76 Mio €); das Ergebnis je Aktie betrug 0,13 €
(Vorjahr: 0,12 €).
Der Free Cashflow vor M&A lag mit 347 Mio € im deutlich positiven Bereich und hat sich durch die geringere Mittelbindung im Nettoumlaufvermögen insbesondere bei Materials Services und Steel Europe sowohl im Vergleich zum Vorquartal (Veränderung FCF vor M&A: +563 Mio €) als auch zum Vorjahr (Veränderung FCF vor M&A: +758 Mio €) deutlich verbessert. Das Netto-Finanzguthaben der Gruppe stieg per 30. Juni 2023 entsprechend auf 3,2 Mrd € (31. März 2023: 2,9 Mrd €). Mit flüssigen Mitteln und freien zugesagten Kreditlinien von insgesamt 7,7 Mrd € verfügt thyssenkrupp weiterhin über eine sehr gute Liquiditätssituation.
Das Eigenkapital beläuft sich auf 14,0 Mrd € (31. März 2023: 14,0 Mrd €). Die Eigenkapitalquote liegt weiterhin bei komfortablen 40 Prozent.
Dr. Klaus Keysberg, Finanzvorstand der thyssenkrupp AG: „Der Umbau von thyssenkrupp hat unsere finanzielle Stabilität erheblich verbessert. Wir sind sehr zuversichtlich, auch unser Ziel eines leicht positiven Free Cashflows vor M&A im laufenden Geschäftsjahr zu erreichen. Auf dieser Grundlage arbeiten wir mit Nachdruck an der weiteren Verbesserung der operativen Leistungsfähigkeit in allen Einheiten. Wir wollen das volle Potenzial aus unseren Geschäften schöpfen und die Umsetzung der jeweiligen Zukunftspläne aktiv unterstützen.“
Prognose für das Geschäftsjahr 2022/2023
Vorbehaltlich der eingeschränkt verlässlichen Planbarkeit aufgrund der wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten hat thyssenkrupp die Jahresprognose 2022/2023 für das Bereinigte EBIT präzisiert: Für das Bereinigte EBIT wird ein Wert im hohen dreistelligen Mio-€-Bereich erwartet (Vorjahr: 2,1 Mrd €, bisher: Wert im mittleren bis hohen dreistelligen Mio-€-Bereich). Die Prognose für die weiteren Finanzkennzahlen werden bestätigt: Für den Free Cashflow vor M&A erwartet die Unternehmensgruppe bei weiteren Auszahlungen für Restrukturierungen und über Vorjahr liegenden Investitionsausgaben weiterhin eine Steigerung auf einen leicht positiven Wert (Vorjahr: ‑476 Mio €). Beim Jahresüberschuss strebt thyssenkrupp einen mindestens ausgeglichenen Wert an.
Quelle: thyssenkrupp AG / Foto: marketSTEEL