thyssenkrupp senkt Gesamtjahresprognose
von Alexander Kirschbaum
Das stark eingetrübte Umfeld in den Werkstoffgeschäften hat die Halbjahresbilanz des Industrie- und Technologiekonzerns thyssenkrupp geprägt. Zwar konnten die Industriegütergeschäfte ihre solide Entwicklung fortsetzen und bei Auftragseingang, Umsatz und Ergebnis zulegen. Die Gesamtentwicklung des Konzerns wird aber weiterhin durch die äußerst schwierigen Bedingungen auf den Werkstoffmärkten überlagert. Hoher Importdruck und Kaufzurückhaltung der Kunden spiegeln sich im starken Verfall der Werkstoffpreise in der 1. Hälfte des laufenden Geschäftsjahres bei Auftragseingang, Umsatz und vor allem auch im Ergebnis der Werkstoffgeschäfte wider. Vor diesem Hintergrund hat das Unternehmen die Prognose für das Gesamtgeschäftsjahr gesenkt.
„Unser Halbjahresergebnis spiegelt noch die sehr schwache Situation auf den Werkstoffmärkten wider. Wir sehen inzwischen zwar eine Erholung bei den Werkstoffpreisen. Diese Erholung kommt aber später als ursprünglich erwartet, von einem niedrigeren Niveau und wird sich zusätzlich erst zeitversetzt in unseren Kennzahlen widerspiegeln“, so thyssenkrupp Vorstandschef Dr. Heinrich Hiesinger.
Wie Branchenführer ArcelorMittal litt auch thyssenkrupp in jüngster Vergangenheit unter weltweiter Überkapazität, Importdruck aus China und einem dadurch ausgelösten Preisverfall. Wie das Handelsblatt mitteilte, prüft das Unternehmen daher, wie bereits Anfang April kolportiert, den Zusammenschluss mit Tata Steel. Die Zeitung beruft sich bei dieser Information auf die Angaben von Insidern.
Neue Prognose: mindestens 1,4 Mrd €
Der Vorstand von thyssenkrupp rechnet für das Gesamtjahr jetzt mit einem operativen Gewinn (bereinigtes EBIT) von mindestens 1,4 Mrd €, dazu soll das Effizienzsteigerungsprogramm „impact“ 850 Mio € beisteuern. Die Zielsetzung für das Gesamtjahr 2015/2016 lag bislang noch bei 1,6 bis 1,9 Milliarden Euro.
Die Industriegütergeschäfte werden das operative Ergebnis gegenüber dem 1. Halbjahr dem Unternehmen zufolge weiter steigern, auch bei den Werkstoffgeschäften erwartet thyssenkrupp aufgrund von Preiserholung und Kostenmaßnahmen in der zweiten Geschäftsjahreshälfte eine deutliche Verbesserung. Der Jahresüberschuss soll auf dem Niveau des Vorjahres liegen. Der Free Cashflow vor M&A soll – abhängig vom Anzahlungszeitpunkt bei Großaufträgen – zwischen einem niedrigen negativen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich bis ausgeglichenem Betrag liegen.
Auftragseingang rückläufig
Der Auftragseingang des Konzerns verringerte sich im 1. Halbjahr und 2. Quartal um -8 Prozent auf 18,8 Mrd € bzw. -13 Prozent auf 9,0 Mrd (Vorjahr 20,5 Mrd € bzw. 10,4 Mrd €). Auch auf vergleichbarer Basis, das heißt währungs- und portfoliobereinigt, war der Auftragseingang um -7 Prozent bzw. -10 Prozent rückläufig. Der Umsatz ging im 1. Halbjahr und 2. Quartal um -8 Prozent auf 19,4 Mrd € bzw. -10 Prozent auf 9,9 Mrd zurück (Vorjahr 21,0 Mrd € bzw. 11,0 Mrd €). Auch auf vergleichbarer Basis verringerte sich der Umsatz um -7 Prozent bzw. -8 Prozent. Der Rückgang bei Auftragseingang und Umsatz ist nach Angaben des Unternehmens hauptsächlich durch den starken Preisverfall bei den Werkstoffgeschäften verursacht.
Sinkendes EBIT
Das Bereinigte EBIT sank im 1. Halbjahr um -162 Mio € auf 560 Mio € (Vorjahr 722 Mio €) sowie im 2. Quartal um -80 Mio € auf 326 Mio € (Vorjahr 405 Mio €). Alle Industriegütergeschäfte erwirtschafteten höhere Ergebnisse sowohl kumuliert im 1. Halbjahr als auch im 2. Quartal. Diese positive Entwicklung kann die Schwäche der Werkstoffgeschäfte im Berichtszeitraum jedoch nicht vollständig kompensieren.
So verzeichnete thyssenkrupp im 1. Halbjahr ein leicht negatives Ergebnis mit einem Periodenfehlbetrag von -9 Mio € (Vorjahr Periodenüberschuss 88 Mio €). Nach Abzug der Minderheitenanteile ergab sich ein Periodenüberschuss von 37 Mio € (Vorjahr Periodenüberschuss 98 Mio €). Das Ergebnis je Aktie betrug 0,07 € (Vorjahr 0,17 €). Im 2. Quartal erwirtschaftete der Konzern mit 45 Mio € einen Periodenüberschuss auf dem Niveau des Vorjahresquartals.
Die Netto-Finanzschulden stiegen auf 4,8 Mrd € im 1. Halbjahr an. Das Eigenkapital hat sich gegenüber dem 30. September 2015 auf 2,8 Mrd € verringert. Hauptgrund für diese Entwicklung ist laut thyssenkrupp die Neubewertung der Pensionen aufgrund niedrigerer Zinsen.
Quelle: thyssenkrupp AG, marketSTEEL; Vorschau-Foto: thyssenkrupp, Artikelfoto: Dr.-Ing. Heinrich Hiesinger (Foto: thyssenkrupp)
Update am 10.05.16 um 10:40 Uhr: Ergänzung zu ArcelorMittal und Tata Steel