Techniktrends auf der AMB 2016

von Alexander Kirschbaum

Effizienzgewinne sind gefragt

Leistungssteigerung oder Digitalisierung, was zählt mehr auf der AMB, der Internationalen Ausstellung für Metallbearbeitung, die vom 13. bis 17. September 90.000 Branchenvertreter nach Stuttgart führt? Die Antwort: Beides muss in Zukunft im Einklang stehen. Denn wo sich Maschinen und Werkzeuge immer mehr dem technisch Machbaren nähern, rückt der Gesamtprozess der Fertigung in den Fokus.

„Erfolgreich werden wir im Weltmarkt nur bleiben, wenn die Produkte weiterhin technisch führend sind und durch weiterentwickelte und zusätzliche Dienstleistungen ergänzt werden.“ Das verkündete Mitte des Jahres Hans-Jürgen Prokop, Vorsitzender des VDW Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (Halle 5, Stand A12) anlässlich des 125-jährigen Bestehens. Doch es scheint die Grenze des technisch Machbaren näher zu rücken. Angesichts des hohen technischen Reifegrades der Maschinen bestünde laut Prokop eine Herausforderung in der Ausweitung des Dienstleistungsangebots mit verbessertem Kundennutzen.

Weitere Potenziale durch Vernetzung

Der Weg hierzu scheint mit dem Schlagwort „Industrie 4.0“ vorgezeichnet. „Es geht darum, neuen Kundennutzen durch Vernetzung zu generieren. Wie im privaten Leben auch, können sehr viele Tätigkeiten vereinfacht oder sogar automatisiert werden“, erklärt Prokop. Das Denken in Vernetzungslösungen sei für viele Unternehmen jedoch noch neu und benötige einen veränderten Blickwinkel. Die Maschine dürfe nicht mehr allein im Fokus stehen. Vielmehr muss sie optimal in die Intralogistik eines Unternehmens eingebettet werden.

Professor Dr.-Ing. Gisela Lanza leitet den Bereich Produktionssysteme am wbk Institut für Produktionstechnik des Karlsruhe Institut für Technologie (KIT). Sie rät dazu, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, ohne in Panik zu verfallen. „Die kleineren und mittleren Unternehmen sollten das Thema fokussiert in kleinen Projekten angehen. Sie können in diesem Themenfeld von ihrer Geschwindigkeit und Agilität stark profitieren, müssen ihre Ressourcen und Kapazitäten jedoch zielgerichtet einsetzen.“

Die zunehmende Bedeutung des Themas bestätigt Jochen Nahl, Mitglied der Geschäftsführung der Grob-Werke GmbH & Co. KG (Halle 5, Stand C38): „Generell erwarten die AMB-Besucher flexible Fertigungssysteme, die eine Möglichkeit zur Vernetzung mit anderen Maschinen und Anlagen bieten.“ Darüber hinaus würden Analysedaten und Datenbanken zum Thema, „um eine höhere Verfügbarkeit und Effizienz bei Produktionsanlagen zu erzielen.

Maschinen immer leistungsfähiger

Trotz aller Bits und Bytes werden die Werkzeugmaschinen selbst immer noch leistungsfähiger und wirtschaftlicher. Ein Beispiel beschreibt Dr.-Ing. Oliver Gossel, Vertriebsleiter der Röders GmbH (Halle 9, Stand C58). Die neueste Technologie erziele „erhebliche Einsparungen bei der Bearbeitungszeit über eine Optimierung von Regelung und Bahnplanung“. Und mittlerweile sei die Fertigung optischer Flächen sogar in gehärtetem Stahl möglich. Genauigkeiten von +/-1 µm am Werkstück oder Oberflächengüten von Ra 5 nm in gehärteten Werkzeugstahl seien heute machbar.

Auch Walter Börsch, CEO der Schweizer Starrag Group (Halle 7, Stand C38) mit mehreren Tochterunternehmen in Deutschland, erwartet von der AMB mehr als nur Softwareinnovationen. „Technische Trends sind Kinematiken, die eine Rundum-Bearbeitung ermöglichen, Maschinen mit höherer Produktivität je Stellfläche und auf den jeweiligen Kundennutzen abgestimmte Maschinenkonfigurationen.“

Integration neuer Technologien

Ein weiteres heißes AMB-Thema: „Additive Manufacturing“. Eine direkte Gefahr für die Zerspanung dürfte dieses relativ junge Fertigungsverfahren am Übergang in die Serie so bald nicht werden. Aber völlig dran vorbei kommen die Werkzeugmaschinen-Hersteller nicht, zu frappierend sind die Vorteile. Und so bauen sie solche Verfahren einfach in ihre Maschinen mit ein, wie es Manfred Maier, COO der Heller-Gruppe (Halle 5, Stand B55), beschreibt. Es gehe „um das intelligente Kombinieren von Materialauftrag, -verbund und -abtrag. Hier kommen Laser-Technik, Reib-Rühr-Schweißen, Metallauftragsspritzen und andere Technologien ins Spiel.“

Ebenfalls schon Realität ist ein Programmieren und Drucken im 3-Achs-Bearbeitungszentrum bei der Hurco GmbH (Halle 5, Stand C72). „Wir zeigen auf der AMB ein mit einem 3D-Druckkopf ausgerüstetes Bearbeitungszentrum“, kündigt Geschäftsführer Michael Auer an. Dabei sitzt der Kopf wie ein herkömmliches Werkzeug in einer Werkzeugaufnahme. „Damit können erstmalig in einem Vorgang und ohne Unterbrechung 3D-Modelle programmiert und in 3D gedruckt werden; Maschinen, Materialien und Kosten werden so effizient und ressourcenschonend eingesetzt.“

Effiziente Bearbeitung in einer Aufspannung

Eine ganze Reihe technischer Trends jenseits der weichen Ware beobachtet Danny Basic von der SHW Werkzeugmaschinen (Halle 9, Stand C52) GmbH: „In der Komplettbearbeitung von zunehmend komplexer werdenden Großteilen ist nach wie vor die Zerspanung in einer bzw. möglichst wenigen Aufspannungen sowie steigende Anforderungen an die Effizienz bei der Produktion gefragt.“ Dabei gehe es den Anwendern um „Bearbeitungszeiten, Energiekosten, Rüstzeiten, eine mannarme Fertigung und Mehr-Maschinen-Bedienung“.

Nur nicht Umspannen, lautet also die Devise. „Allgemein geht der Trend weiterhin hin zur Integration mehrerer Technologien in einer Bearbeitung, eine intensive und eine prozesssichere Automatisierung“, weiß Udo Hipp von der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG (Halle 7, Stand D52).

„Modularität und vielfältige Einsatzmöglichkeiten sind für den Anwender von Werkzeugmaschinen ein klares Kaufargument“, berichtet auch Stephanie Riegel-Stolzer, Geschäftsleitung der Kasto Maschinenbau GmbH & Co. KG (Halle 6, Stand B11/12). Der Trend gehe weg von teuren Spezialanfertigungen, hin zu günstigen und wirtschaftlichen Standardlösungen, die aber dennoch „viele unterschiedliche Aufgaben erledigen können“.

Weitere Informationen zur AMB gibt es auf der Messeseite.

Quelle: Messe Stuttgart Vorschau-Foto: AMB 2014: Übersicht des L-Bank Forum (Halle 1) (Foto: Messe Stuttgart), Artikelfoto: Professorin Jivka Ovtcharova und Michael Grethler, Leiter des „Industrie 4.0 Collaboration Lab“ im IMI, vor einer virtuellen 3D-Darstellung einer kompletten Fertigungshalle. (Foto: M. Breig / KIT)

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