Südkorea: Vom Jäger zum Gejagten

von Alexander Kirschbaum

Moon Jae-in von der Democratic Party of Korea (DPK) ist kürzlich mit 41,1 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten Südkoreas gewählt worden. Wirtschaftspolitisch steht Moon, ein ehemaliger Anwalt für Menschenrechte, eher für einen sozialdemokratischen Ansatz mit aktiver Arbeitsmarktpolitik und Eingriffen in die Wirtschaft.

„Der Wahlsieg von Moon fällt in eine Phase großer wirtschaftlicher Unsicherheit. Seit 2014 konnte Korea nie mehr die zu Jahresbeginn prognostizierten Wachstumsraten realisieren, die BIP-Prognosen mussten regelmäßig nach unten korrigiert werden. Auch 2016 landete das Wachstum unter der Marke von drei Prozent“, erklärt Alexander Hirschle, Südkorea-Experte von Germany Trade & Invest in Seoul. Dies werde in Korea, das sich noch immer mit den hohen Zuwachsraten der jüngeren Vergangenheit misst, als nicht befriedigend empfunden: „Der einstige Konjunkturmotor Export sank 2015 und 2016 zwei Jahre in Folge – dies war in den letzten fünf Dekaden noch nicht einmal der Fall gewesen“.

Zwar sind seit einigen Monaten erste zarte Anzeichen der Hoffnung in Richtung eines wirtschaftlichen Aufschwungs zu verzeichnen. So stiegen die Exporte bis März 2017 fünf Monate in Folge und die Regierung hat ihre Prognosen für das BIP-Wachstum 2017 leicht auf 2,6 Prozent nach oben korrigiert. Derzeit ist allerdings noch nicht abzusehen, ob dies bereits die ersten Anzeichen für einen nachhaltigen Aufschwung der koreanischen Wirtschaft sind.

Schwaches Konsumklima

An den zentralen Herausforderungen hat sich in den vergangenen Monaten nichts geändert. Der neue Präsident sieht sich einem dümpelnden Konsum ausgesetzt, der aufgrund äußerst niedriger Geburtenraten und einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte auch mittelfristig keine große Dynamik entfalten wird.

Betrachte man die Außenwirtschaft, sehe sich Korea einem zunehmenden Protektionismus in wichtigen Abnehmermärkten ausgesetzt, meint Alexander Hirschle. Hinzu komme: „Das Verhältnis zur China war aufgrund politischer Friktionen zuletzt auch in ökonomischer Hinsicht stark belastet. Daneben holt die chinesische Konkurrenz nicht nur auf dem Heimatmarkt – China ist der mit Abstand wichtigste Abnehmer koreanischer Waren – sondern zunehmend auch in Drittländern technologisch auf. Korea ist vom einstigen Jäger zum Gejagten geworden.“

Quelle: Germany Trade & Invest  Vorschau-Foto: Die südkoreanische Millionenstatd Ulsan. (Foto: Manfred Czybik/pixelio.de)

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