Steigende Stahlkosten verschärfen die Energiekrise in Europa

von Hubert Hunscheidt

Die europäischen Regierungen stehen unter Druck, der Stahlindustrie im neuen Jahr steuerliche Unterstützung zukommen zu lassen. Aufgrund des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine sind die Energiekosten nach wie vor hoch und es wird befürchtet, dass sie in diesem Winter noch weiter steigen werden. Die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Preiserhöhungen könnten jedoch nicht ausreichen, um den Anstieg der Produktionskosten abzufedern. Die Energiepolitik wird mittel- bis langfristig eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der Margen spielen.

Energiekosten-Aktion

Die Europäische Kommission erwägt derzeit eine Verlängerung ihrer Gaspreisobergrenze von 180 Euro pro Megawattstunde. Einzelne Staaten unternehmen derweil eigene Anstrengungen, um die Stromkosten niedrig zu halten.

Anfang November beschloss die Bundesregierung ein 28 Milliarden Euro schweres Maßnahmenpaket zur Unterstützung der Schwerindustrie, darunter auch der Stahlbranche. Allein bis zum Jahr 2024 sollen insgesamt 12 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Zu den Maßnahmen gehört eine Senkung der Stromsteuer von 1,537 Cent pro Kilowattstunde auf den EU-Mindestbetrag von 0,05 Cent in den Jahren 2024/2025. Es sieht die Verlängerung eines Subventionssystems um fünf Jahre vor, um energieintensiven Unternehmen einen Teil der CO2-Kosten für Strom im Rahmen des EU-Emissionshandels zu erstatten. Dazu gehört auch die Verlängerung eines sogenannten „Super-Caps“, der die Gesamtkosten des CO2-Emissionshandels für rund 90 energieintensive Unternehmen begrenzt.

Die Maßnahmen der Bundesregierung kommen den heimischen Stahlwerken und Dienstleistungszentren zugute. Sie hilft ihnen, ihre Margen in einer sich abschwächenden Konjunktur zu halten. Auch der Wettbewerb mit billigeren Importen könnte gestärkt werden. Im November wurde Deutschland zum Ziel für Exporte aus Italien. Dennoch wird die Bundesregierung dafür kritisiert, den Wettbewerb auf dem europäischen Markt zu untergraben. Sie wird auch die Forderungen anderer großer Stahlproduzenten nach zusätzlichen Energiebeihilfen verstärken.

Die französische Regierung hat der EU-Kommission im November einen eigenen Plan vorgelegt. Dieser sieht vor, die Gewinne des neu verstaatlichten Energieversorgers EDF an Unternehmen und Haushalte umzuverteilen, um die Kosten niedrig zu halten.

Steigender Strombedarf

Unterdessen fordert der Industrieverband UK Steel die Regierung auf, den Stahlsektor mit Energie zu unterstützen. Sowohl Tata als auch British Steel haben angekündigt, ihre britischen Hochöfen durch Elektrolichtbogenöfen zu ersetzen. Insgesamt wurden für die Programme staatliche Fördermittel in Höhe von rund 800 Mio. GBP zugesagt. Die neuen Elektrolichtbogenöfen könnten jedoch den Stromverbrauch der Stahlproduzenten verdoppeln.

UK Steel sagte, dass der Durchschnittspreis, den britische Stahlproduzenten 2023/24 zahlen würden, bei 113 GBP pro Megawattstunde liegen würde. In Deutschland und Frankreich liege dieser Preis bei etwa 61 GBP. Das bedeute, dass die britischen Stahlproduzenten 117 Millionen Pfund pro Jahr mehr zahlen als ihre europäischen Konkurrenten.

Der Bericht „Industrial Competitiveness: Electricity prices for UK steel producers“ enthält eine Reihe von Empfehlungen an die britische Regierung. Unter anderem heißt es darin, dass die Preisunterschiede für industrielle Energie zwischen den Ländern überwacht werden müssen.

MEPS-Untersuchungen zeigen, dass die Schrott- und Eisenerzpreise ihren jüngsten Anstieg im November fortgesetzt haben. Laut LME stiegen die Schrottpreise innerhalb von zwei Wochen um 6,4 % auf 382 USD pro Tonne. Der Preis für Eisenerz stieg nach Angaben der Singapore Exchange im gleichen Zeitraum um 8,5 % auf 127 USD pro Tonne.

Der Anstieg der Rohstoffpreise wird in den kommenden Monaten die Forderungen der europäischen Stahlindustrie nach energiepolitischen Maßnahmen verstärken. Die Netto-Null-Ziele der Stahlindustrie bedeuten jedoch, dass die Versorgung aus erneuerbaren Quellen erfolgen muss, um einen wirtschaftlichen Vorteil zu gewährleisten.

Quelle: MEPS International Ltd. / Foto: marketSTEEL

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