Statement: Belebung im Welthandel – aber wie lange noch?

von Hubert Hunscheidt

Dr. Klaus-Jürgen Gern, Leiter Konjunktur Welt am IfW Kiel, kommentiert die neuesten Zahlen zum Welthandel, die heute vom niederländischen Forschungsinstitut CPB vorgelegt wurden und nach denen der weltweite Warenhandel im September gegenüber dem Vormonat um 0,9 Prozent zurückgegangen ist.  

„Der Rückgang im September ist lediglich ein temporärer Rücksetzer nach dem ausgesprochen starken Anstieg im Monat zuvor (+1,7 Prozent). Der aussagekräftigere Dreimonatsdurchschnitt zeigt eine robuste Expansion von 0,8 Prozent gegenüber dem Dreimonatszeitraum zuvor, und Frühindikatoren sowie bereits vorliegende Daten für Oktober lassen darauf schließen, dass der Aufwärtstrend ungebrochen ist. Für das Gesamtjahr zeichnet sich somit ein Anstieg des Welthandels um 1¾ Prozent ab, nachdem es im Jahr 2023 zu einem Rückgang um 1,3 Prozent gekommen war. Die Exporte haben sich in diesem Jahr bislang vor allem in Asien belebt, nicht zuletzt in China. Die deutschen Warenexporte konnten mit dem Welthandel hingegen zuletzt nicht mehr Schritt halten und sind in den ersten 9 Monaten des Jahres sogar gesunken.

Bedroht wird die Erholung im Welthandel nun aber durch die im Wahlkampf angekündigte massive Erhöhung von Einfuhrzöllen durch die neue Regierung in den USA unter Präsident Trump. Im Gespräch sind ein allgemeiner Zoll auf alle Importe in Höhe von 10 Prozent (derzeit beträgt der durchschnittliche Zoll in den USA weniger als 3 Prozent) und sogar ein Zoll von 60 Prozent auf Waren aus China (derzeit rund 20 Prozent). Die Auswirkungen auf den Welthandel wären angesichts der Größe der US-Wirtschaft beträchtlich. Bereits die sehr viel begrenzteren Zölle im Handelsstreit zwischen den USA und China in den Jahren 2018 und 2019 hatten zur Folge, dass der Welthandel von einer kräftigen Expansion in eine Phase der Stagnation geriet. Die derzeit diskutierten Maßnahmen würden für sich genommen nach Berechnungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft den Welthandel um rund 2 Prozent reduzieren. Sollten die US-Handelspartner mit Strafzöllen auf US-Waren reagieren, wäre sogar ein Rückgang um bis zu 4 Prozent zu erwarten, und sollte es schließlich zu einer weitgehenden Fragmentation der Weltwirtschaft und einem Zusammenbruch des Welthandelssystems kommen, wäre ein Rückgang des Welthandels um sogar mehr als 10 Prozent realistisch. Insbesondere in diesem Szenario wären die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft gravierend (Kiel Policy Brief 178: US-Handelspolitik nach 2024: Was für Europa auf dem Spiel steht).

Paradoxerweise könnte die Trump’sche Handelspolitik dem Welthandel kurzfristig sogar Schub geben. Denn viele Importeure dürften versuchen, den erwarteten Zöllen zuvorzukommen und ihre Bestände an Importwaren zur Vorsicht aufstocken. So könnte die Importnachfrage in den USA in den kommenden Monaten deutlich steigen, wovon vor allem chinesische, aber auch deutsche Produzenten profitieren würden.  

Quelle: KIEL INSTITUT FÜR WELTWIRTSCHAFT / Foto: Fotolia

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