Stand und Entwicklung der Industriemetall-Preise
von Angelika Albrecht
Die Londoner Metallbörse (englisch London Metal Exchange, auch LME genannt) beinhaltet den Markt für Kassageschäfte und Termingeschäfte in unedlen und sonstigen Metallen. Einmal jährlich findet die LME Week statt, bei der sich die globale Metall-Community in London trifft und aktuelle Trends diskutiert. Innerhalb der LME Week fand dieses Jahr am 11.10. in London als hybride Veranstaltung das LME Metall Seminar statt.
Auch die Rohstoff-Analysten der Commerzbank waren dabei. Der Sprecher von Commerzbank Rohstoff-Analysten, Daniel Briesemann, hat für uns die Diskussionen zu Entwicklung und Stand der Industriemetall-Preise zusammengefasst. In seiner Zusammenfassung zu Entwicklung und Stand der Industriemetall-Preise geht der Sprecher der Commerzbank-Rohstoff-Analysten Daniel Briesemann auf die aktuellen Preistreiber, die Auslöser und Ursachen für die Entwicklung der Metalle Kupfer, Nickel, Aluminium und Zink ein.
Aktuelle Preistreiber
Die Nachfrage nach Corona hat sich schnell wieder erholt, teilweise schneller als erwartet. Es gab viele Angebotssorgen, die sich zum Glück aber nicht überall materialisiert haben. Dazu kam ein zeitweise starkes spekulatives Kaufinteresse und eine Jagd nach Rendite, die den Preisanstieg verstärkt haben. Um die Coronaauswirkungen in Schach zu halten, sorgten in mehreren Ländern die Zentralbanken für eine echte Liquiditätsflut.
Mit dem Zusammenbruch oder den Unterbrechungen der Lieferketten kam es zu Logistikproblemen. Diese werden wohl noch weit ins nächste Jahr hinein andauern.
Kurz zusammengefasst waren es vor allem die Angebotssorgen, Spekulationen, Liquiditätsflut und die Logistikprobleme, die sich auf Industriemetall-Preise auswirkten. Feststellen kann man auch, dass der Preisanstieg stark stimmungsgetrieben war, Fundamentaldaten wurden in den Hintergrund gedrängt.
Kupfer
China hat im letzten Jahr im Zuge der niedrigen Preise opportunistisch Kupfer über Bedarf gekauft, hält sich dieses Jahr zurück. Aktuell liegen die Importe weit unter Vorjahresniveau.
Der globale Kupfermarkt ist dennoch in diesem Jahr nicht ganz ausreichend versorgt.
Kurzfristige Nachfragetreiber sind zum einen die allgemeine Wirtschaftserholung und die damit verbundene hohe Nachfrage nach Industrierohstoffen; zum anderen die Stimulierungs- und Infrastrukturmaßnahmen.
Langfristige Nachfragetreiber sind die Dekarbonisierung - wie z.B. Elektromobilität, Wind- und Solarkraft, intelligente Stromnetze - und die 5G-Mobilfunktechnologie.
Das Kupfer-Angebot hält kurzfristig mit der Nachfrage Schritt, z. B. wegen neuer Minen- und Schmelzkapazitäten, langfristig betrachtet läuft der Markt aber in ein strukturelles Defizit hinein. Die Commerzbank erwartet deshalb deutlich höhere Preise in den nächsten Jahren.
Nickel
Nach Ansicht der Commerzbank wird Nickel zukünftig stark in Batterien für E-Autos verwendet; sie bieten technische Vorteile wie höhere Reichweite, weniger Gewicht und eine schnellere Aufladezeit. Der Nickelanteil in Verbrennern liegt bei ca. 1 kg, in Elektrofahrzeugen bei über 30 kg. Allerdings kann für Batterien nur qualitativ hochwertiges Nickel (Klasse 1-Nickel) verwendet werden, das auf Sicht der nächsten Jahre aber knapp ist. An Alternativen wird zwar gearbeitet, aber noch ist fraglich, wie erfolgreich und wirtschaftlich diese sind vor dem Hintergrund der erwartet starken Nickelnachfrage für Batterien. Die Commerzbank sieht hier daher deutlich höhere Preise in den nächsten Jahren.
Aluminium
Die Nachfrage nach Aluminium erholt sich nach dem Corona-bedingten Rückgang im letzten Jahr. Hinter dem zuletzt starken Preisanstieg bei Aluminium stehen aber zuvorderst Angebotssorgen: So z.B. die Energiekrise in China und andernorts, die Senkung der Energieintensität in China, der Streik in einer kanadischer Schmelze, ein Großbrand in einer Alumina-Raffinerie in Jamaika sowie der Militärputsch in Guinea, das hohe Bauxit-Vorkommen hat. Deshalb hält die Commerzbank eine Korrektur für erforderlich. Langfristig dürfte aber auch Aluminium teurer werden.
Zink
Bei Zink wurde der hohe Angebotsüberschuss des Vorjahres deutlich abgebaut. Grund war die starke Stahlproduktion im ersten Halbjahr, die in einer starken Zinknachfrage resultierte.
Das Nachfragetempo wird wahrscheinlich so nicht beibehalten werden können, denn China drosselt die Stahlproduktion. Damit könnte die Zinknachfrage wieder abflachen.
Die Produktion von Zink wird allerdings weiter ausgeweitet. Die Commerzbank geht davon aus, dass sich der Markt wieder entspannt und erwartet, dass der Preis zunächst nachgeben wird.
Auslöser für eine mögliche Korrektur
Aktuell ist ein allgemeiner Stimmungsumschwung an den Finanzmärkten zu beobachten. Bei mehreren Zentralbanken, insbesondere bei der US-FED, wird eine Straffung der Geldpolitik in Erwägung gezogen.
Jüngst kam es zu einigen Einzelereignissen, wie z. B. die Überschuldung von Evergrande, die - gemessen am Umsatz - das zweitgrößte Immobilienunternehmen in China ist. Dies sorgt vor allem in China für große Unruhe.
Möglicherweise kommt es auch wieder zu einer Fokussierung auf Fundamentaldaten. Nicht alle Märkte sind knapp, die Preise haben sich ein Stück von der Realität entkoppelt.
Eine Korrektur könnte nach Ansicht der Commerzbank kurz, aber kräftig ausfallen. Die Commerzbank Rohstoff-Analysten raten, die eventuell anfallende Korrektur zur Absicherung des Bedarfs zu nutzen, auch des mittel- bis längerfristigen.
Quelle: Commerzbank Commodity Research, Daniel Briesemann (Analyst Precious and Industrial Metals)
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