Stahlindustrie gerät durch Niedrigwasser unter Druck
von Alfons Woelfing
Bei nur noch gut 150 Zentimetern Wassertiefe liegt der Rheinpegel aktuell in Duisburg-Ruhrort. Angesichts des anhaltenden Niedrigwassers mahnt die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve, den Ausbau alternativer Güterwege konsequenter voranzutreiben. „Das Niedrigwasser zeigt, wie wichtig eine verlässliche Infrastruktur aller Verkehrsträger ist“, betont IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger: „Der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen in der Region darf nicht vom Wetter abhängen. Wir müssen in der Lage sein, solche besonderen Situationen über die anderen Verkehrsträger kurzzeitig aufzufangen.“
Jeder vierte Warentransport in NRW wird über Flüsse und Kanäle abgewickelt. Damit ist Nordrhein-Westfalen das Wasserstraßenland Nr. 1 in Deutschland. Obwohl die Binnenschifffahrt eine flexible Branche ist, können Güter auf der Wasserstraße wegen der lang anhaltenden Trockenheit nur noch unter erheblichen Einschränkungen transportiert werden. Die Industrie gerät dadurch zunehmend unter Druck. Vor allem die Stahl- und Chemieproduktion ist essentiell auf die Wasserstraße angewiesen. „Doch weder auf der Straße noch auf der Schiene gibt es derzeit ausreichende Kapazitäten, um die bislang auf dem Rhein transportierten Mengen komplett aufzufangen. Das Niedrigwasser macht den Handlungsbedarf beim Ausbau unserer Infrastruktur besonders deutlich“, so Dietzfelbinger. „Bis unsere maroden Brücken ersetzt sind, vergehen noch zehn bis 15 Jahre. Wenn wir zum Beispiel die Betuwe-Linie heute schon hätten, könnte der Wirtschaftsstandort die aktuelle Niedrigwassersituation besser auffangen.“
Betuwe-Linie: Ausbau auf deutscher Seite dauert
Die sogenannte Betuwe-Linie ist die direkte Schienenverbindung zwischen Rhein-Ruhr und dem Seehafen in Rotterdam. Um die steigenden Transportmengen abwickeln zu können, haben sich Deutschland und die Niederlande bereits 1992 auf den Bau einer leistungsfähigen Schienengüterstrecke geeinigt. Seit 2007 ist die Trasse auf niederländischer Seite in Betrieb. Auf deutscher Seite liegt für den Bau eines dritten Gleises zwischen Emmerich am Rhein und Oberhausen bislang erst einer von zwölf Planfeststellungsbeschlüssen für den Ausbau vor. Die Niederrheinische IHK macht sich unter anderem im Betuwe-Projektbeirat und mit regelmäßigen Baustelleninformationsgesprächen für eine zügige Umsetzung stark.
Auch beim Brücken-Neubau sowie beim innerstädtischen Baustellen-Management macht die IHK weiter Druck. Dazu Dietzfelbinger: „Wenn wir als europäischer Logistikstandort bestehen wollen, müssen Bund, Land und Kommunen für eine rundum leistungsfähige Infrastruktur sorgen.“
Quelle und Vorschaufoto: Niederrheinische Industrie- und Handelskammer