Sinkende Konjunkturerwartungen für China
von Hubert Hunscheidt
In der August-Umfrage (03.08. – 12.08.2020) sinkt der CEP-Indikator um 5,6 Punkte auf einen neuen Wert von 26,1 Punkten. Der CEP-Indikator, der auf Basis des China Economic Panel (CEP) in Kooperation mit der Fudan Universität, Shanghai, erhoben wird, gibt die Konjunkturerwartungen internationaler Finanzmarktexpertinnen und -experten für China auf Sicht von zwölf Monaten wieder.
„Der CEP-Indikator ist allerdings immer noch recht hoch und liegt weit über seinem historischen Mittelwert von 2,6 Punkten," kommentiert Dr. Michael Schröder, Senior Researcher im Forschungsbereich „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement" am ZEW Mannheim und Projektleiter der CEP-Erhebung.
Die positiven Wachstumserwartungen treffen jedoch auf eine gegenüber dem Vormonat erheblich verschlechterte Lageeinschätzung. Der Lageindikator ging um 19,2 Punkte auf einen Wert von minus 29,2 Punkten zurück. „Die Expertinnen und Experten sehen die chinesische Wirtschaft in einer wesentlich besseren Verfassung als das Eurogebiet und die USA. Trotzdem bezeichnet eine Mehrheit von 58,3 Prozent die Situation der Wirtschaft Chinas als schlecht", ordnet Michael Schröder die Ergebnisse der Umfrage ein.
Normalität beim BIP-Wachstum erst ab 2021
Das für das zweite Quartal bekannt gegebene Wachstum des realen Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 3,2 Prozent war relativ zum Vorjahresquartal für viele Beobachter überraschend hoch. Inzwischen haben die Expertinnen und Experten ihre Wachstumsprognosen für 2020 entsprechend angepasst. Für das dritte Quartal 2020 gehen sie von einem BIP-Wachstum von 3,1 Prozent aus, für das vierte Quartal von 3,6 Prozent. Für das gesamte Jahr 2020 gesehen soll das reale BIP um 2,1 Prozent zunehmen. Obwohl diese Prognose nun deutlich höher ist als in der Juli-Umfrage, in der für 2020 0,8 Prozent vorhergesagt wurden, wäre dies nach wie vor ein sehr schlechtes Ergebnis für die chinesische Wirtschaft. Mit 4,3 Prozent BIP-Wachstum soll im Jahr 2021 dann wieder mehr Normalität einkehren.
Allerdings gehen immer mehr der Panel-Teilnehmerinnen und Teilnehmer davon aus, dass dieses Wachstum vor allem durch staatliche wirtschaftspolitische Maßnahmen am Leben gehalten wird. Etwa 95 Prozent, also fast alle, gehen davon aus, dass sich der Staatskonsum in den kommenden 12 Monaten erhöhen wird. Und rund 90 Prozent rechnen mit einem Anstieg der inländischen Staatsverschuldung. Trotz der massiven staatlichen Stützungsmaßnahmen sehen die Expertinnen und Experten weiterhin einen Rückgang der Beschäftigungsrate (Indikator beträgt aktuell minus 23,8 Punkte). „Die von der Corona-Krise ausgehenden Belastungen der chinesischen Wirtschaft werden noch längere Zeit bestehen bleiben", so Michael Schröder.
Quelle: ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH / Vorschaufoto: marketSTEEL