Schulterschluss für ein zukunftsfähiges Deutschland
von Hubert Hunscheidt

Die gestern vorgestellte Bedarfsplanung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) für die Binnenschifffahrt sorgt für Kritik, aber auch für Aufbruchsstimmung bei Häfen, Binnenschifffahrts- und Logistikunternehmen sowie in der Industrie. Die Beteiligten bemängeln, dass die Pläne des Bundes zentrale Herausforderungen und Potenziale des Systems Wasserstraße nicht ausreichend berücksichtigen. Gleichzeitig haben sie am Rande einer Veranstaltung in Duisburg einen Schulterschluss verabredet, um künftig noch engagierter an der Stärkung dieser Transportmodalität zu arbeiten.
Zu den zentralen Anliegen der Branche für einen zukunftsfähigen Verkehrsträger zählen eine ganzheitliche Verkehrsprognose sowie ein Modal Split, der Kapazitäten und Engpässe realistisch einbezieht. Ebenso im Fokus steht der Wunsch nach einer präziseren und holistischen Analyse der Situation an sämtlichen See- und Binnenhäfen der Nord- und Ostsee sowie der Rheinschiene, um Investitionen in die Infrastruktur gezielt zu steuern.
Vor diesem Hintergrund trafen sich am Donnerstag zahlreiche Vertreter aus Schifffahrt, Logistik und Industrie im Ruhrgebiet, um unter dem Motto „So machen wir Deutschland fit für die Zukunft“ über den Verkehrsträger Wasserstraße als Treiber wirtschaftlicher Stärke und Standortattraktivität zu diskutieren. Schmid Mobility Solutions lud gemeinsam mit der Schifferbörse zu Duisburg-Ruhrort namhafte Redner von ThyssenKrupp Steel Europe, BASF, Air Liquide, Currenta, Rhenus, Evonik Industries, duisport und HGK Shipping sowie Gäste aus Industrie, Häfen, Reedereien und Logistik ein. Die Veranstaltung soll den Auftakt zu einer Reihe von Gesprächen bilden, die die Bedeutung der Binnenschifffahrt und die Systemrelevanz der Wasserstraßen für Industrie, Handel und die Energiewende verstärkt in den Fokus rücken.
Die Experten verdeutlichten in ihren Vorträgen, wo sie im Bundespapier Nachholbedarf sehen und mit welchen Denkansätzen neue Impulse für die Weiterentwicklung des Systems Wasserstraße gesetzt werden können. Die derzeitige Bedarfsplanung verharrt zu sehr in alten Mustern und betrachtet lediglich den aktuellen Gütermix. In der Realität sind die Konzepte bereits deutlich weiter fortgeschritten, insbesondere mit Blick auf die Transformation der Wirtschaft und den steigenden Bedarf an erneuerbaren Energien. Beispielsweise schreitet der Hochlauf einer wasserstoffbasierten Wirtschaft voran, während parallel Kohlenstoffdioxidrückstände aus Fabriken in Offshore-Felder transportiert werden müssen – hierfür werden bereits innovative Schiffskonzepte entwickelt.
Duisport-CEO Markus Bangen betont: „Die Energiewende ist ohne die Binnenschifffahrt undenkbar. Wasserstoff wird in den nächsten Jahren maßgeblich in Form von Ammoniak transportiert. Unabhängig von möglichen Pipeline-Projekten ist hierfür das Binnenschiff das Transportmittel der Wahl. Auch die EU-Kommission hat die Bedeutung der Wasserstraße längst erkannt und unterstützt zahlreiche Projekte mit Fördermitteln.“
Die aktuell vom Bund veröffentlichte Planung setzt auf einen Modal Split, der Straßen- und Schienenverkehr bis 2040 deutlich bevorzugt. Steffen Bauer, CEO von HGK Shipping, kritisiert dies mit den Worten: „Die aktuelle Planung des BMDV wird den realen Herausforderungen und Chancen der Energiewende nicht gerecht und bedarf einer methodischen Anpassung. Eine vorausschauende Bedarfsplanung muss die Lage ganzheitlich betrachten, um dem System Wasserstraße sowie dem Binnenschiff als nachhaltigem Verkehrsträger der Zukunft gerecht zu werden.“
Allein die Unternehmen duisport und HGK Shipping prognostizieren ein Transportvolumen von jährlich 20 bis 25 Millionen Tonnen CO₂ und Ammoniak auf der Wasserstraße. Bauer ergänzt: „Der Wohlstand unseres Landes basiert auf einer attraktiven Industrielandschaft. Ohne eine funktionierende Logistik mit moderner Infrastruktur und einem smarten Modal Split ist das nicht realisierbar. Erst wenn die realen Entwicklungen am Markt und die Anforderungen der verladenden Wirtschaft berücksichtigt werden, können die einzelnen Verkehrsträger entsprechend ihrer Stärken entwickelt und zur Dekarbonisierung unserer Wirtschaft beitragen.“
Alle Teilnehmer der Diskussionsrunde bekräftigten die Notwendigkeit eines leistungsfähigen Systems Wasserstraße für den Erhalt und die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Sie fordern eine konkretere Berücksichtigung der Vorteile dieser Modalität in den Konzepten der kommenden Bundesregierung.
Bildtext: Nur mit einem bedeutenden Beitrag der Binnenschifffahrt zum künftigen Modal Split und modernen Flotten wie jener von HGK Shipping ist die Energiewende in der Bundesrepublik denkbar.
Quelle und Foto: HGK Shipping Häfen und Güterverkehr Köln AG