Schrotthandel behauptet sich in schwierigem Umfeld

von Hubert Hunscheidt

Ob Lieferkettenprobleme, steigende Energie-, Personal- und Frachtpreise oder der Transformationsprozess der Stahlindustrie hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft – die Schrottbranche sieht sich mit diversen Herausforderungen konfrontiert, konnte sich bisher aber behaupten und wird dieses nach Ansicht des bvse auch künftig tun. Auf dem heute in Hamburg ausgerichteten „Forum Schrott“ blickte der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) auf die jüngsten Marktentwicklungen zurück und stimmte seine Mitglieder auf einen weiterhin flexiblen und pragmatischen Umgang mit den auch in Zukunft zu erwartenden vielen Herausforderungen ein.

Ein beim diesjährigen bvse-Branchenforum wieder einmal heiß diskutiertes Thema ist der Einsatz von Schrott in den deutschen Stahlwerken. 2022 ist dieser aufgrund der in Deutschland um knapp acht Prozent gesunkenen Rohstahlproduktion bvse-Schätzungen zufolge deutlich von knapp 18 Mio Tonnen im Vorjahr auf 16,4 Mio Tonnen zurückgegangen.

Will: Weg in klimaneutrale Kreislaufwirtschaft ist unumkehrbar

Bei der „Zukunftsfrage“ nach der künftigen Rolle des Schrotthandels zeigt sich Sebastian Will als geschäftsführendes bvse-Präsidiumsmitglied aber davon überzeugt, dass in Zukunft noch stärker als bisher auf den Einsatz von Schrott gesetzt wird. Aufgrund des von der EU eingeschlagenen Wegs in eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft versuchten die deutschen Hüttenwerke, ihre Produktion zu dekarbonisieren. Dies wird laut bvse eine erhöhte Schrottnachfrage zur Folge haben. Denn CO2-Einsparungen seien durch nichts schneller und günstiger zu realisieren, als über den Schrotteinsatz. „Dieser Weg ist unumkehrbar und der Transmissionsprozess schreitet voran“, so Will.


Allerdings vermisst der Verband in diesem Zusammenhang die politische Unterstützung. „Wir nehmen bisher nur wahr, dass die Branchenunternehmen vor allem zunehmendem Dirigismus in der europäischen und deutschen Gesetzgebung unter dem Deckmantel des Umweltschutzes ausgesetzt sind“, monierte Will. „Auch dieser Herausforderung müssen und werden wir uns stellen.“

An Herausforderungen mangelte es der Branche zuletzt nicht. So betonte bvse-Vorstand Will auf seiner Begrüßungsrede in Hamburg, wie viel sich für die Schrottbranche durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine seit Februar letzten Jahres verändert und sich Entwicklungen verschärft hätten. „Lieferketten wurden unterbrochen – Halbleiter und Kabelbäume waren einige der Schlagwörter – neue Lieferketten mussten aufgebaut und neue Rohstofflieferanten gefunden werden“, so Will. Zudem habe der Krieg den deutschen Ausstieg aus der fossilen Energienutzung nochmals beschleunigt. Aus Sicht von Will sollte dabei aber klar sein, dass die Energiebeschaffung und die Energiepreise die Schlüsselfaktoren für Wirtschaftswachstum und den politisch gewollten raschen Umbau zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft sind.

Ebenfalls in hohem Maße Sorgenfalten bereiteten den Branchenunternehmen laut bvse im letzten Jahr die gestiegenen Energie-, Personal-, Fracht- und Verwaltungskosten. Hinzu kamen die hohen krankheitsbedingten Ausfälle wegen Corona.

Positive Unternehmensentwicklung dank Spitzen-Schrottpreisen im Frühjahr 2022

Aber auch unter all diesen Voraussetzungen habe sich der Schrotthandel 2022 Verbandsangaben zufolge behaupten können. So profitierte die Branche zu Beginn des Jahres von dem durch einen hohen Schrottbedarf im In- und Ausland getriebenen Anstieg der Schrotteinkaufspreise der deutschen Stahlwerke, die im April einen Spitzenwert erreichten. Dies ermöglichte den Unternehmen im ersten Halbjahr eine positive Geschäftsentwicklung und auch der NE-Metallschrottmarkt schaffte Ausgleichmöglichkeiten.

Ab Juni 2022 begann dann die Stahlproduktion allerdings infolge nachlassender Nachfrage sowohl in Europa als auch beim für den Handel wichtigstem Schrottabnehmer Türkei zu sinken. „Was unsere Branche jedoch auszeichnet, ist ihre Flexibilität und ihr pragmatischer Umgang mit Herausforderungen. Davon wird es in nächster Zeit allerdings noch viele geben", betonte Sebastian Will abschließend.

Quelle: EUWID Europäischer Wirtschaftsdienst GmbH / Foto: marketSTEEL

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