Rohstoff-Volatilität stellt Preisstabilität in Frage
von Angelika Albrecht
Marktteilnehmer waren laut MEPS vor kurzem noch der Ansicht, dass sich die Edelstahlpreise dem Tiefpunkt des aktuellen Zyklus nähern. Die geringe Nachfrage wirkt sich jedoch weiterhin auf den Edelstahlsektor aus. Ein Anstieg des täglichen Nickelpreises an der LME war deshalb eher selten unter den Aufwärtsbewegungen der Rohstoffpreise in der vergangenen Woche.
Preisverschiebung
Die Nickelpreise waren am 29. Juli im LME-Handel von 19.740 USD/Tonne stetig gestiegen – der erste Handel unter 20.000 USD seit 18 Monaten. Doch dieser Preis stieg am Donnerstag (6. Juli) über Nacht um fast 1.000 USD auf 21.115 USD/Tonne, bevor er sich am folgenden Tag wieder auf 20.370 USD/Tonne einpendelte. Der Preis für Edelstahlschrott 304 ist in den letzten zwei Monaten um mehr als 20 Prozent gefallen. Die vierteljährlichen Ferrochrom-Vertragspreise in Europa und den Vereinigten Staaten sind von einem Höchststand von 2,16 USD/Pfund im zweiten Quartal 2022 auf 1,51 USD/Pfund für das laufende Quartal (Q3) 2023 gefallen.
Unterdessen scheint sich Molybdän auf ein Niveau vor dem Anstieg eingependelt zu haben. Dieser hatte letzten letzten Dezember begonnen, hatte am 7. Februar 38,03 USD/Pfund erreicht, bevor dann der Preis am 17. April auf 17,21 USD/Pfund fiel. Der LME-Kontraktpreis blieb zum Handelsschluss am 6. Juli bei 21,95 USD/Pfund ´bestehen.
Zu den Aussichten für die Rohstoffpreise für Edelstahl sagte Kaye Ayub, Senior Consultant bei MEPS International: „Die Rohstoffpreise dürften aufgrund der schwachen Nachfrage aus dem Edelstahlsektor kurzfristig gedämpft bleiben, insbesondere da wir uns den Sommerferien nähern.“
Die MEPS Stainless Steel hatte im Juni berichtet, dass die Preise für Flachprodukte aufgrund der schwachen Nachfrage und der sinkenden Produktionskosten der Mühlen weiter gesunken seien, dass eine Stabilisierung der Rohstoffpreise erwartet würde, eine Erholung der Nachfrage in den kommenden Monaten jedoch nicht zu erwarten sei.
Die Energiepreise, ein Vorstoß in Richtung Netto-Null sowie auch die Produktion von grünem Stahl werden sich wahrscheinlich längerfristig auf die Produktionskosten in Europa auswirken. Allerdings deuten jüngste Berichte darauf hin, dass bestimmte Rohstoffpreise weiterhin auf einem Abwärtstrend bleiben werden.
Angebot und Nachfrage
Einem aktuellen Bericht des Ministeriums für Industrie, Wissenschaft und Ressourcen der australischen Regierung zufolge werde der weltweite Verbrauch von raffiniertem Nickel im Jahr 2023 um 9,3 % auf 3,2 Millionen Tonnen (Mt) steigen. Eine Beschleunigung der wirtschaftlichen Erholung Chinas und eine wachsende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen (EVs) – und die dazugehörigen Batterien – wurde für die verbesserten Aussichten verantwortlich gemacht.
Der Verbrauch soll bis 2025 auf 3,6 Mio. Tonnen steigen. Allerdings dürfte ein Anstieg der Bergbauaktivitäten, vor allem in Indonesien, die Preise dämpfen. Dem Bericht zufolge sei ein Überschuss auf dem Nickelmarkt in Höhe von 7,1 % des Primärangebots im Jahr 2023 „fast ausschließlich auf indonesische und chinesische Produkte zurückzuführen“.
Da Indonesien seine Nickelabbauaktivitäten weiter ausbauen wird, wurde in dem Bericht hervorgehoben, dass der an der LME prognostizierte Nickelpreis bei durchschnittlich etwa 23.000 US-Dollar pro Tonne im Jahr 2023 liegen dürfte und voraussichtlich auf etwa 20.600 US-Dollar pro Tonne im Jahr 2024 und 20.000 US-Dollar im Jahr 2025 sinken wird.
Der Preisanstieg bei Molybdän im ersten Quartal 2023 wurde auf ein mangelndes Angebot zurückgeführt. Unruhen in Peru und eine ungeplante Schließung der Rösterei bei Climax Molybdenum in Rotterdam im Dezember wurden beide als Faktoren für die seit vielen Jahren bestehende Unterversorgungssituation genannt. Der jüngste Wertverlust scheint trotz weiterer Reduzierungen der Molybdänproduktion eingetreten zu sein, was jedoch darauf hindeutet, dass die Nachfrage nun der Haupttreiber jeglicher Preisbewegungen ist.
Dies könnte auf den geringeren Verbrauch von Edelstahl 316 zurückzuführen sein, dessen Preise in den letzten Monaten historisch hoch waren, wie MEPS-Preisdaten zeigen. Von der International Molybdenum Association veröffentlichte Zahlen zeigen, dass der weltweite Molybdänverbrauch in den ersten drei Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorquartal um acht Prozent auf 144 Millionen Pfund (Mlbs) zurückgegangen ist. Das entsprach einem Rückgang von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Im gleichen Zeitraum ging die weltweite Produktion im Quartalsvergleich um drei Prozent auf 146,8 Mio. Pfund zurück, stieg aber im Jahresvergleich um fünf Prozent.
Über MEPS
MEPS International Ltd. ist ein führendes Stahlmarktanalyseunternehmen, das sich auf unabhängig untersuchte globale Stahlpreise, -indizes und -prognosen spezialisiert hat. Das Unternehmen wurde 1979 von Peter Fish gegründet und begann als Beratungsunternehmen mit dem Namen Management, Engineering and Production Services in Sheffield - daher auch der Name MEPS. In den späten 1980er Jahren wurde das Unternehmen in MEPS Europe Ltd. umbenannt, im Juli 2001 wurde daraus MEPS International Ltd., um die weltweite Abdeckung seiner Stahlpreisforschung widerzuspiegeln.
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