Realitätsferne Politik und Unsicherheit sind Gift für Wachstum und Beschäftigung
von Hubert Hunscheidt
„Die sich anbahnende wirtschaftliche Krise wird in ihrer gesellschaftspolitischen Dimension und Wirkung unseres Erachtens unterschätzt. Politischer Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Das politische Hickhack der Bundesregierung trägt ihr Übrigens dazu bei. Es ist nicht erkennbar, dass die Regierenden im Bund und zuweilen auch im Land wirklich verstanden haben, dass die Unternehmen vor allem eines benötigen: Planungssicherheit und Verlässlichkeit“, so Thomas Maync, Vizepräsident der VU, anlässlich der jährlich wiederkehrenden Vorstellung der Umfrageergebnisse zur Aussicht der wirtschaftlichen Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern. Die teilgenommenen Verbände repräsentieren in Mecklenburg-Vorpommern gut 4.000 Unternehmen und deren ca. 239.000 Beschäftigte.
Maync weiter: „Die Stimmung in der Wirtschaft hat sich seit der letzten Umfrage Ende 2022 weiter verschlechtert und einen neuen Tiefpunkt er-reicht. Zum Jahreswechsel 2023/2024 bewerten mehr als die Hälfte der befragten Branchenvertreter die Stimmung in ihrem Wirtschaftsbereich deutlich schlechter als vor einem Jahr. Eine hohe Verunsicherung durch-zieht das gesamte Erwartungsbild der Unternehmen und ihrer Verbände in Mecklenburg-Vorpommern wie in ganz Deutschland.
Zunehmende Energie-, Rohstoff- und Materialkosten, ausufernde Bürokratie, hohe Steuerlasten sowie steigende Lohnkosten stellen für die Unternehmen starke Mehrbelastungen im Jahr 2024 dar. 50 % der Verbände sehen die Zukunftsfähigkeit ihrer Mitgliedsunternehmen unter den derzeitigen Rahmenbedingungen gefährdet. Folge ist eine zunehmende Investitionszurückhaltung der Betriebe“.
Zu den aktuellen Sparbeschlüssen der Bundesregierung erklärt VU-Vizepräsident Maync:
„Die aktuellen Sparbeschlüsse der Bundesregierung treffen viele Branchen unverhältnismäßig. Zumal sie lediglich einer verfehlten Finanz- und Haushaltspolitik entspringen und nur zum Stopfen dieser herhalten sollen. Wir unterstützen daher die betroffenen Wirtschaftszweige in ihren Forderungen:
1. Die Streichung der Kfz-Steuer Befreiung für die Land- und Forstwirtschaft ist zwar seit letzter Woche vom Tisch. Und das ist gut so.
Die über drei Jahre nun vorgesehene schrittweise Abschaffung der Agrardiesel-Rückvergütung ist abzulehnen. Sollte es bei diesem Vorschlag bleiben, fordern wir eine abrechenbare finanzielle Kompensation des Wegfalls der Agrardiesel-Rückvergütung.
Jede weitere zusätzliche Belastung unserer landwirtschaftlichen Betriebe führt zu einer zunehmenden Wettbewerbsverzerrung auf dem europäischen Markt und zu einem weiteren Anstieg der Verbraucherpreise.
2. Rücknahme der zusätzlichen Belastung des Güterkraftverkehres durch die Mauterhöhung 2024.
Bereits ohne die Erhöhung können klein- und mittelständische Spediteure und alle weiteren Unternehmen mit entsprechendem Fuhrpark die gestiegenen Kosten, u.a. durch den CO2-Maut Mindestpreis, kaum tragen, geschweige denn an den Kunden weitergeben. Betriebsaufgaben sowie Preissteigerungen für den Endverbraucher werden die Folge sein.
3. Beibehalt des Mehrwertsteuersatzes von 7 Prozent auf alle Speisen, egal ob vor Ort verzehrt oder außer Haus.
Gastronomie, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Cafeterien und Kantinen dürfen in einer Zeit multipler externer Preistreiber durch Steuererhöhungen nicht noch zusätzlich belastet werden.
4. Notwendige öffentliche Investitionen im Hoch- und Tiefbau sind vorantreiben.
Priorität muss vor allem anderen die Entschlackung und Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren besitzen. Die Prozesse sind durch den Einsatz von EDV-gestützten Verfahren zu beschleunigen. Ziel muss es sein, mehr planungsreife Projekte vorhalten zu können.
5. Angesichts einer befürchteten Rezession im Jahr 2024 braucht es dringend eines ideologiefreien Belastungsmoratoriums. Keine neuen Gesetze, Verordnungen, Richtlinien etc., die zu Lasten der Betriebe gehen. Das gilt für das Land ebenso wie für den Bund.
„Eines zeigen uns die diesjährigen Ergebnisse unserer Umfrage ebenfalls ganz deutlich: Der Arbeits- und Fachkräftemangel ist und bleibt die größte Herausforderung für die Arbeitgeber in MV“, so Jens Matschenz, Geschäftsführer für Wirtschaft, Arbeit und Berufsbildung der VU.
Matschenz weiter: „Die Unternehmen im Land haben trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds nach wie vor den Willen bzw. sehen die Notwendigkeit, ihre Beschäftigten angesichts des gravierenden Arbeitskräftemangels zu halten.
Die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen sinkt zwar gegenüber dem Vorjahr um 4 Prozentpunkte. Gleichzeitig steigt die Tendenz einer hohen Personalkontinuität weiter. Dieser Trend steht in deutlichem Gegensatz zur deutschlandweiten Beschäftigungsprognose und belegt die erheblichen Schwierigkeiten der hiesigen Unternehmen, trotz attraktiver Arbeitsbedingungen Personal jeglicher Qualifikationsstufen zu finden“.
Entscheidend für die weitere Personalsicherung in Mecklenburg-Vorpommern werde sein, wie schnell und aktiv die Landesregierung gemeinsam mit der Wirtschaft die arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen annimmt und die für Ende Januar 2024 erwartete Fach- und Arbeitskräftestrategie neben dem Industriekonzept MV 2030 als zentrales strategischen Vorhaben engagiert umsetzt.
Quelle: Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern e.V. / Foto: Fotolia