Pandemie verzögert Aufschwung - Demografie bremst Wachstum

von Hubert Hunscheidt

Der erneute Shutdown verzögert die wirtschaftliche Erholung, aber sobald die Infektionsgefahren vor allem durch das Impfen gebannt sein werden, wird eine kräftige Erholung einsetzen. Etwa zu Beginn des kommenden Jahres dürfte die Wirtschaft zur Normalauslastung zurückkehren.

„Aufgrund des anhaltenden Shutdowns dürfte die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal um 1,8 Prozent gesunken sein“, sagte Torsten Schmidt, Konjunkturchef des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Die neue Infektionswelle und die damit verbundenen Eindämmungsmaßnahmen führen zu einer Abwärtsrevision der Prognose für das Jahr 2021 um 1 Prozentpunkt im Vergleich zum Herbstgutachten 2020.

In ihrer Prognose gehen die Institute davon aus, dass der derzeitige Shutdown zunächst fortgesetzt wird und dabei auch die zuletzt erfolgten Lockerungen wieder weitgehend zurückgenommen werden. Erneute Lockerungsschritte werden erst ab Mitte des zweiten Quartals erwartet, eine Aufhebung der Beschränkungen dann bis zum Ende des dritten Quartals. „Im Zuge der Lockerungen erwarten wir für das Sommerhalbjahr eine kräftige Ausweitung der Wirtschaftsaktivität, vor allem bei den von der Pandemie besonders betroffenen Dienstleistungsbereichen“, so Schmidt.

Angesichts der zu erwartenden Lockerungen dürfte auch die Erholung der Erwerbstätigkeit im Sommerhalbjahr an Fahrt gewinnen. Im Jahresdurchschnitt ist für das Jahr 2021 ein Anstieg der Erwerbstätigkeit um 26.000 Personen zu erwarten. Im kommenden Jahr dürfte der Anstieg 539.000 Personen betragen, wobei das Vorkrisenniveau im ersten Halbjahr erreicht wird. Im Zuge der Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen ab Mai wird auch die Zahl der Arbeitslosen verstärkt zurückgehen.

Die öffentlichen Haushalte dürften im Jahr 2021 ein Defizit aufweisen, das mit 159 Mrd. Euro noch etwas höher ausfällt als im Jahr zuvor. Zwar nehmen konjunkturell die Steuereinnahmen bereits wieder zu. Die Ausgaben für Impfungen und Tests lassen jedoch die sozialen Sachleistungen kräftig steigen. Die Investitionstätigkeit des Staates dürfte zudem weiter expandieren, insbesondere aufgrund der verfügbaren Mittel in Investitionsprogrammen. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt dürfte das gesamtstaatliche Budgetdefizit im Jahr 2021 mit 4,5 Prozent in etwa konstant bleiben und im Jahr 2022 deutlich auf 1,6 Prozent zurückgehen.

Die Corona-Pandemie hinterlässt auch Spuren beim Produktionspotenzial. Nach der aktuellen Schätzung dürfte es in den Jahren 2020 bis 2024 durchschnittlich rund 1,1 Prozent unter dem Niveau liegen, das vor der Corona-Krise geschätzt wurde. Zudem rücken die Konsequenzen des demografischen Wandels in Deutschland immer näher. Mit dem Eintritt der Babyboomer in das Rentenalter wird die Erwerbsbevölkerung in wenigen Jahren schrumpfen und der Anteil der Älteren deutlich steigen. Die Folgen für das Potenzialwachstum sind beträchtlich: Bis zum Jahr 2030 muss mit einer Verringerung der jährlichen Potenzialwachstumsrate um rund einen Prozentpunkt gerechnet werden.

Die weitere Entwicklung der Pandemie ist weiterhin das bedeutendste Abwärtsrisiko für die Prognose. Nach wie vor kann es bei der Lieferung von Impfstoffen und Tests zu Engpässen und Verzögerungen kommen. Darüber hinaus könnte das Auftreten neuer Mutationen des Virus die Wirksamkeit der Impfstoffe reduzieren, wodurch der Öffnungsprozess möglicherweise gestoppt werden müsste und damit die wirtschaftliche Erholung abermals zurückgeworfen würde.

Über die Gemeinschaftsdiagnose

Die Gemeinschaftsdiagnose wird zweimal im Jahr im Auftrag des Bundesminis­teriums für Wirtschaft und Energie erstellt. Am Frühjahrsgutachten 2021 haben mitgewirkt:

  • Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
  • ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. in Kooperation mit der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF)
  • Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel)
  • Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)
  • RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien Wien

Quelle und Grafik: RWI

Zurück