Neues Segment mit Schlüsseltechnologien zur Energiewende
von Hubert Hunscheidt
Das Industrie- und Technologieunternehmen thyssenkrupp treibt seine Transformation mit der Neuordnung des Portfolios und dem Start seines konzernweiten performanceorientierten Programms „APEX“ voran. thyssenkrupp rothe erde (Business Unit Bearings), thyssenkrupp nucera, Uhde und Polysius, die jeweils über Schlüsseltechnologien für die Dekarbonisierung der Industrie verfügen, werden mit Beginn des neuen Geschäftsjahres zum 1. Oktober 2023 im neuen Segment Decarbon Technologies zusammengeführt. Entsprechenden Plänen des Vorstands hat der Aufsichtsrat der thyssenkrupp AG in seiner gestrigen Sitzung zugestimmt.
Mit der Schaffung des neuen Segments positioniert sich thyssenkrupp als Technologieführer für die Energiewende und verschafft seinen umfassenden Kompetenzen für die grüne Transformation volle Sichtbarkeit.
Parallel zur Neuordnung des Portfolios rollt thyssenkrupp das ganzheitliche Performance-Programm „APEX“ aus, um die Erreichung der auf dem Kapitalmarkttag im Dezember 2021 kommunizierten Finanzziele auch in einem anhaltend herausfordernden Umfeld zu unterstützen. thyssenkrupp strebt mittelfristig eine Bereinigte EBIT-Marge von 4 bis 6 Prozent auf Konzernebene, einen signifikant positiven Wert für den Free Cashflow vor M&A und eine weiterhin verlässliche Dividendenzahlung für seine Aktionäre an.
Miguel López, Vorstandsvorsitzender der thyssenkrupp AG, sagte: „thyssenkrupp verfügt in seinen Geschäften über weltweit führende Technologien, um einen großen Teil der heutigen CO2-Emissionen zu reduzieren. Das große Potenzial dieser Geschäfte wollen wir konsequent erschließen und in werthaltiges Wachstum umsetzen. Dafür gründen wir das Segment Decarbon Technologies – unser ‚Grünes Industrie-Powerhouse‘.
Zugleich machen wir mit unserem Performance-Programm alle Geschäfte fit, um deren Rentabilität rasch und nachhaltig auf Benchmark Niveau zu steigern und unsere Marktchancen bestmöglich zu nutzen. Beides sind entscheidende Erfolgsfaktoren, wie auf dem Fußballplatz: Durch das Performance-Programm verbessern wir Stabilität, Schnelligkeit und Ausdauer jedes einzelnen Geschäfts; mit Decarbon Technologies bringen wir eine neue Qualität in unsere Offensive.“
Erfolgreiche Portfoliobereinigung und Ausrichtung auf Zukunftsthemen
thyssenkrupp richtet im Zuge seiner Transformation alle Geschäfte auf Zukunftsthemen und neue Technologien aus. Damit schafft der Konzern die Voraussetzungen, um von den immensen Chancen der grünen Transformation zu profitieren.
Mit der nun beschlossenen Neustrukturierung des Portfolios werden die bisherigen Segmente Multi Tracks und Industrial Components aufgelöst. Die in Multi Tracks verbliebenen Geschäfte Automation Engineering und Springs & Stabilizers werden dem Segment Automotive Technology zugeordnet. Die eingeleiteten Veräußerungsprozesse für beide Einheiten werden fortgesetzt. Auch
Forged Technologies (bislang Industrial Components) gehört künftig aufgrund der gleichen Endkundenstruktur zu Automotive Technology. Damit vereinfacht thyssenkrupp seine Struktur signifikant. Künftig besteht thyssenkrupp aus den Segmenten Automotive Technology,
Decarbon Technologies, Materials Services sowie den Einheiten Steel Europe und Marine Systems, für die weiterhin eine Verselbständigung angestrebt wird.
Decarbon Technologies bündelt Geschäfte mit grünen Schlüsseltechnologien
Im neuen Segment Decarbon Technologies werden künftig rund 15.000 Mitarbeitende tätig sein, die im Geschäftsjahr 2021/2022 einen Umsatz von rund 3 Mrd. Euro erwirtschaftet haben (pro-forma). Die Zentrale des Segments wird aufgrund der geographischen Nähe zu den Geschäften in Dortmund angesiedelt. Weitere Standorte in Wachstumsregionen wie dem Nahen Osten werden angestrebt. Die Einrichtung unternehmerischer und betrieblicher Mitbestimmung in Form eines Aufsichtsrats und einer Betriebsrätearbeitsgemeinschaft ist geplant. Das Segment wird vom CEO der thyssenkrupp AG, Miguel López, in Personalunion geführt.
Decarbon Technologies umfasst die Geschäfte thyssenkrupp rothe erde, thyssenkrupp nucera, Uhde und Polysius. Diese vereinen langjährige Erfahrung, tiefgreifende Expertise im internationalen Anlagenbau, eine umfangreiche installierte Basis und enge Kundenbeziehungen. Im Einzelnen:
thyssenkrupp rothe erde ist die weltweite Nummer 1 bei Großwälzlagern der neuesten Generation und macht damit die Energiewende möglich. Die weltweiten Ausbaupläne für Windkraft sind enorm – und damit auch die zukünftigen Wachstumschancen für thyssenkrupp rothe erde. Auch mit Schwenktrieben und Ringen, die in Solarenergie- und Windenergieanlagen zum Einsatz kommen, treibt thyssenkrupp rothe erde die grüne Transformation voran. Das Geschäft hat 1.000 Multimegawatt Rotorlager installiert.
Grüner Strom ist die Voraussetzung für grünen Wasserstoff. thyssenkrupp nucera ist einer der weltweit führenden Anbieter von Elektrolyseanlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Nach dem erfolgreichen Börsengang will die thyssenkrupp AG als langfristig orientierter Ankeraktionär die Entwicklung von thyssenkrupp nucera weiter begleiten und von den Wachstumschancen profitieren. Mit mehr als 600 abgeschlossenen Projekten ist das Unternehmen ein Marktführer im Chlor-Alkali-Geschäft. Auf dieser starken Expertise gründen die Entwicklung und der Ausbau der alkalischen Wasserelektrolyse, die grünen Wasserstoff in großem Stil erzeugt.
Grüner Wasserstoff wird künftig vor allem in den Weltregionen produziert, in denen grüner Strom günstig verfügbar ist. Um ihn dorthin zu bringen, wo er gebraucht wird, bietet sich Ammoniak als Transportmedium an. Uhde ist einer der weltweiten Technologieführer in den Bereichen Ammoniak-Cracking und Ammoniak, der künftig zunehmend grün produziert werden wird. Ammoniak ist damit ein wichtiger Grundstoff für die Chemie- und Düngemittelindustrie auf ihrem Weg zur Klimaneutralität. Uhde bietet darüber hinaus weitere Technologien für grüne Chemikalien an.
Neben der Stahl- und Chemieindustrie liegt in der Zementherstellung einer der größten Hebel für eine signifikante Reduzierung der weltweiten CO2-Emissionen. Mit seinen grünen Technologien inklusive der patentierten Oxyfuel-Anlagen ist Polysius einer der Wegbereiter für den klimaneutralen Umbau der Zementindustrie. Das Marktpotenzial ist hoch, da Zementproduzenten unter großem Druck stehen, ihre CO2-Emissionen zu verringern. Polysius hat ca. 35 Prozent der Zementanlagen weltweit erbaut.
Performance-Programm „APEX“ soll Erreichung der Finanzziele unterstützen
Neben der Neuordnung des Portfolios hat thyssenkrupp ein ganzheitliches Performance-Programm gestartet, dessen Eckpunkte der Vorstand dem Aufsichtsrat in seiner gestrigen Sitzung vorgestellt hat. Ziel des Programms ist, dass die Geschäfte ihre auf dem Kapitalmarkttag im Dezember 2021 kommunizierten Finanzziele rasch und nachhaltig erreichen. Zwar haben die Geschäfte im Rahmen der eingeleiteten Transformation bereits erhebliche Fortschritte bei der Verbesserung ihrer operativen Leistungsfähigkeit gemacht – das Umfeld gestaltet sich jedoch weitaus herausfordernder, als dies Ende 2021 zu erwarten war. Das betrifft nicht nur den Krieg in der Ukraine, sondern auch – in der Folge – die unsichere Energieversorgung und die hohen Energiepreise in Deutschland, weiterhin gestörte bzw. fragile Lieferketten sowie die weltweit erhöhte Inflation und das deutlich angestiegene Zinsniveau. Das Performance-Programm dient dazu, die dadurch entstandenen Lücken nun entschieden zu schließen.
Das Performance-Programm trägt den Titel „APEX“, was so viel wie „Spitze“ bedeutet. In sechs Handlungsfeldern – beispielsweise für den Bereich Materialkosten – werden Expertinnen und Experten in allen Geschäften über die kommenden Wochen zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung des Cash Managements und der Performance identifizieren. Verantwortlich für den Erfolg und die Umsetzung von Maßnahmen bleiben die Geschäfte. Zur Steuerung des Programms hat die thyssenkrupp AG ein „Transformation Office“ etabliert. Die Verantwortung für das Programm trägt Cetin Nazikkol als Chief Transformation Officer (CTO). Nachdem thyssenkrupp in den vergangenen Wochen die Ziele des Programms konkretisiert und Meilensteine definiert hat, werden nun konkrete Maßnahmen entwickelt und der Umsetzungsprozess gestartet. Dies schließt einen eng getakteten Prozess zum Fortschritt des Programms und etwaigem Justierungsbedarf mit allen Geschäften unter Leitung des Vorstands ein. Das Programm „APEX“ wird mit bestehenden Initiativen zur Performancesteigerung in den Geschäften vernetzt.
Decarbon Technologies-Geschäfte profitieren vom Performance-Programm
Bei der Umsetzung des Performance-Programms wird thyssenkrupp besonderes Augenmerk auf die Geschäfte im neuen Segment Decarbon Technologies lenken – insbesondere Polysius und Uhde. Beide Geschäfte haben in den vergangenen Jahren bereits erfolgreich die technologische Transformation hin zu grünen Produkten und Dienstleitungen gestartet und Programme zur Verbesserung ihrer Performance aufgelegt. Im nächsten Schritt gilt es nun, auch die Transformation der Geschäftsmodelle voranzutreiben – etwa durch eine verstärkte Modularisierung und Standardisierung ihrer Produkte sowie den Ausbau des profitablen Servicegeschäfts. Als Vorbild dient hier die erfolgreiche Weiterentwicklung der Chlor-Alkali-Technologie bei thyssenkrupp nucera: Mit seinem standardisierten, modularen Ansatz bei der alkalischen Wasserelektrolyse lassen sich große Volumina bei geringen Kosten produzieren. Auf diese Weise ermöglicht thyssenkrupp nucera seinen Kunden eine größere und zentralisiertere Herstellung von grünem Wasserstoff im industriellen Maßstab. Kostenintensive und risikobehaftete Bau- und Montagearbeiten werden verstärkt an Partner ausgelagert.
„Mit dem Performance-Programm ‚APEX‘ sorgen wir dafür, dass wir langfristig das volle Potenzial aus unseren technologisch führenden Geschäften rausholen. Das gilt insbesondere für die Schlüsseltechnologien zur Energiewende, wo wir nach dem Vorbild von thyssenkrupp nucera einen Turnaround hin zu nachhaltig profitablen Geschäftsmodellen anstreben. Durch die Bündelung in Decarbon Technologies machen wir thyssenkrupp zum Wegbereiter der grünen Transformation und sichern so die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und unserer Kunden“, sagte Miguel López.
Quelle: thyssenkrupp AG / Foto: marketSTEEL