"Mit digitaler Prozesskette auf der Gewinnerseite"

von Alexander Kirschbaum

Kleine und mittlere Unternehmen könnten noch deutlich mehr Potenzial durch Leichtbau heben. Schlüssel sind hier Digitalisierung, Konstruktion und Multimaterialdesign. Zu diesem Ergebnis kamen Experten bei einem Fachgespräch auf dem 3. Technologietag Hybrider Leichtbau am 7. Juni 2016 in Stuttgart.

Der Leiter des IFB Instituts für Flugzeugbau an der Universität Stuttgart, Prof. Dr. Peter Middendorf, attestierte den Unternehmen hierzulande vor rund 250 Besuchern ein "signifikantes, oft nicht ausreichend ausgeschöpftes Leichtbaupotenzial" im Bereich der Konstruktion und Auslegung von Strukturen und Systemen. Er betonte zugleich die künftige Bedeutung von Simulation. Durch den konsequenten Aufbau eines digitalen Prototyps etwa liefere die virtuelle Abbildung einen "signifikanten Mehrwert". Middendorf ist sich sicher, dass dieser Trend sich von der Forschung in die Entwicklung in den nächsten Jahren fortsetzen und zu einer weiteren Einsparung von Gewicht und Ressourcen führen wird.

Der Direktor des DLR-Instituts für Bauweisen und Strukturtechnologie, Prof. Dr. Heinz Voggenreiter, unterstrich: "Wer die unterschiedlichen digitalen Daten entlang der Prozesskette einfach zu organisieren und bestmöglich zu nutzen weiß, wird im Wettbewerb der Leichtbaulösungen auf der Gewinnerseite stehen."

Leichtbau-Komponenten bekommen digitales Gedächtnis

Die digitale Vernetzung von Produkten wird den Leichtbau vorantreiben, meinte ebenfalls der Head of Future Technology der Festo AG & Co. KG, Dr. Volker Nestle: "Leichtbauprodukte werden zunehmend als intelligente Komponenten entwickelt, die ein digitales Produktgedächtnis besitzen und alle relevanten Informationen zu ihrer Entstehung, Einsatzbedingungen, Restlebensdauer, Qualität etc. bei sich tragen und bei Bedarf zur Verfügung stellen können." Dies ermögliche eine erhebliche Beschleunigung der Produktentstehungsprozesse in verteilten Wertschöpfungsketten.

Ein enormes Zukunftspotenzial von Prozessinnovationen und Digitalisierung durch die Verknüpfung mit dem Thema Leichtbau sieht der Geschäftsführer der Freiformschmiede Edelstahl Rosswag GmbH, Dr. Sven Donisi: "Miteinander kommunizierende Prozesse und intelligente Strukturen, deren Fertigung heute nur sehr schwer zu realisieren ist, werden zukünftig etwa den Materialeinsatz auf ein Minimum reduzieren."

Wichtig ist dabei, Leichtbau gleich zum Prozessbeginn einzuplanen. Das Mitglied des Vorstands bei der TECOSIM Venture AG, Udo Jankowski, riet, "das Thema Leichtbau schon in den frühen Konzeptphasen der heutigen Entwicklungsprozesse zu integrieren".

KMU müssen künftig digital und vernetzt sein

Als "Produkt- und Prozessoptimierung per se" mit "unabsehbaren Möglichkeiten" wertete der Geschäftsführer der AtTrack GmbH, Dr. Ulrich W. Schiefer, die Digitalisierung im Leichtbau. Der Automobilexperte mahnte gleichzeitig, dass es sich gerade KMU in der Zukunft nicht leisten könnten, "nichtdigital und nichtvernetzt" zu sein. Andernfalls würden die Transaktionskosten etwa zu den OEM viel zu hoch.

Auch der Hybride Leichtbau birgt nach Ansicht der Fachleute noch viele Möglichkeiten und Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen. Der Vice President Technology & Innovation der österreichischen voestalpine Metal Forming GmbH, Karl M. Radlmayr, sagte in einer Keynote, "erst durch die Verbindung der Stärken der unterschiedlichen Leichtbauwerkstoffe kann das volle Leichtbaupotenzial gehoben werden".

Der Geschäftsführer der Leichtbau BW GmbH, Dr. Wolfgang Seeliger, prognostizierte zur Eröffnung der Konferenz, "die reine Materialsubstitution im Leichtbau wird weiterhin wichtig bleiben, wobei der Fokus mehr auf dem Multimaterialdesign liegen wird". Mittelfristig stehe ein Paradigmenwechsel hin zu Konzept-Leichtbau an.

Quelle: Leichtbau BW GmbH   Bildtext: Neuer Besucherrekord beim 3. Technologietag Hybrider Leichtbau am 7. Juni in Stuttgart - 250 Besucher aus dem In- und Ausland kamen zur Konferenz mit begleitender Fachausstellung. (Foto: Leichtbau BW GmbH)

 

Zurück