Metallindustrie startete mit höherer Stabilität in die Krise
von Hubert Hunscheidt
Die Corona-Pandemie hält die Wirtschaft fest im Griff - auch die Metallindustrie ist von eingefrorenen oder sogar stornierten Aufträgen und daraus resultierender Kurzarbeit betroffen. Creditsafe Deutschland hat in einer Analyse nun ermittelt, wie stabil diese Branche aufgestellt ist. In die Auswertung fließen dabei unter anderem die Liquidität, Eigenkapitalquote und das Ausfallrisiko der Unternehmen aus der Metallbranche ein. Creditsafe greift dazu auf veröffentlichte Unternehmensbilanzen von fast 40.000 Betrieben aus der Metallerzeugung und -verarbeitung zurück und vergleicht diese mit den Daten der über drei Millionen deutschen Unternehmen aller Branchen. Die Untersuchung ergab: Die Metallindustrie weist vergleichsweise gute Kennzahlen auf und steht in der angespannten wirtschaftlichen Situation auf stabileren Beinen.
Liquidität: Grundsätzlich bessere Zahlungsfähigkeit
Branchenübergreifend verfügen mehr als 36 Prozent aller deutschen Unternehmen über eine unzureichende Liquidität. In der Metallindustrie ist der Anteil von Firmen mit geringer Liquidität etwas geringer und liegt bei 28 Prozent. In Deutschland steht diese Branche somit vergleichsweise gut da.
Verfügbarkeit von genügend Zahlungsmitteln ist in der aktuellen Situation zu einer der bedeutendsten Größen zur Unternehmenssteuerung, aber auch der Bewertung der ökonomischen "Gesundheit" einer Branche geworden. Zu viel Liquidität führt durch den gegenwärtigen Niedrigzins dazu, dass das Vermögen schrumpft. Eine zu niedrige Liquidität erhöht dagegen das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit. Diese Grundsätze galten auch schon vor der Corona-Krise, doch der Balanceakt zwischen zu viel und zu wenig Liquidität ist in der gegenwärtigen Situation, bedingt durch gravierende Umsatzeinbrüche und Lieferengpässe, bedeutend schwieriger.
Eigenkapitalquote: Höher als der Branchendurchschnitt
Knapp über 30 Prozent der Unternehmen in Deutschland verfügen über eine geringe Eigenkapitalquote und laufen daher unter anderem Gefahr, steigende Kapitalkosten wie etwa Zinsen nicht ausreichend deckeln zu können. In der Metallindustrie sind geringfügig weniger, etwa 29 Prozent der Unternehmen betroffen. Grundsätzlich gilt: Je höher die Eigenkapitalquote eines Unternehmens ist, desto freier ist es von Fremdkapitalrisiken und demnach höher die finanzielle Stabilität und Planbarkeit. Als gesund gilt ein Eigenkapitalanteil von mehr als 20 Prozent.
Ausfallrisiko: Gefahr einer Firmenpleite in der Metallindustrie vergleichsweise niedrig
Als ein maßgeblicher Faktor zur Bewertung der wirtschaftlichen Stabilität gilt die Ausfallwahrscheinlichkeit, also die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Unternehmen innerhalb der nächsten zwölf Monate Insolvenz anmelden muss. Die Ausfallwahrscheinlichkeit liegt in der Metallindustrie bei 0,83 Prozent - deutlich niedriger als im branchenübergreifenden Durchschnitt von 1,35 Prozent. Im Vergleich mit anderen Industrien steht der Metallsektor somit gut dar.
Als ein sehr hohes Risiko gilt eine Ausfallwahrscheinlichkeit von mehr als drei Prozent. Rund 7,5 Prozent der Unternehmen in der Metallindustrie weisen einen solchen oder höheren Wert auf und gehören damit zur Risikogruppe. Etwa 0,3 Prozent der Firmen dieser Branche kommen sogar auf eine besonders hohe Ausfallwahrscheinlichkeit von mehr als 10 Prozent. Doch auch hier steht die Metallindustrie im Vergleich gut da: Der Anteil dieser "Hochrisikogruppe" liegt branchenübergreifend bei einem Prozent und ist somit deutlich größer.
Metallindustrie besser aufgestellt als viele andere Branchen
Die Auswertung von Creditsafe zeigt, dass die Metallindustrie in Deutschland auf vergleichsweise sicheren Beinen steht. Grund dafür kann der vergleichsweise hohe Anteil älterer Unternehmen sein: Mehr als 70 Prozent aller Unternehmen sind in dieser Branche älter als zehn Jahre, der Anteil an Firmen, die jünger als fünf Jahre sind, ist mit zehn Prozent dementsprechend gering. Zum Vergleich: In Deutschland sind im Durchschnitt 56 Prozent der Firmen älter als zehn Jahre und mehr als 20 Prozent jünger als fünf Jahre. Ältere Unternehmen hatten mehr Zeit, sich wirtschaftlich solide aufzustellen - auch dieser Faktor spricht für eine höhere Stabilität in der Metallindustrie.
Es ist jedoch zu erwarten, dass die Pandemie auch an der Metallbranche nicht spurlos vorbeigehen wird. Die Angaben der Liquidität, Eigenkapitalquote sowie die statistische Ausfallwahrscheinlichkeit entstammen der Zeit vor Corona und orientieren sich somit an wirtschaftlichen Normalbedingungen. Gleichzeitig spiegeln diese Indikatoren die Voraussetzung der Unternehmen und Branchen wider, mit denen die Krise überstanden werden muss. In der derzeitigen Situation, in der Teile der Wirtschaft heruntergefahren wurden, sind nicht nur höhere Insolvenzzahlen zu erwarten, auch eine steigende Fremdkapitalquote ist wahrscheinlich. Diese hat den Effekt, dass durch damit einhergehende Zinslasten unter anderem die Investitionsfähigkeit verringert wird. Der Effekt durch die Pandemie lässt sich daher - auch bedingt durch staatliche Eingriffe - noch nicht objektiv und durch Daten fundiert bestätigen sowie vorhersagen. Die nächsten Monate werden zeigen, inwiefern die gute Ausgangsposition dazu beigetragen hat und wie glimpflich die Metallindustrie durch die Krise kommt.
Quelle: Creditsafe Deutschland GmbH / Vorschaufoto: marketSTEEL