Low Emission Steel Standard (LESS) als Schritt zu grünen Leitmärkten

von Hubert Hunscheidt

Wirtschaft, Wissenschaft und Politik haben sich auf ein Verfahren der Klassifizierung von klimafreundlichem („grünem“) Stahl geeinigt. Ziel ist es, eine Vergleichbarkeit der Dekarbonisierungsanstrengungen unterschiedlicher Stahlhersteller und -herstellungsrouten zu gewährleisten. Der LESS-Standard ist offen konzipiert und auf industrieübergreifende und internationale Zusammenarbeit ausgerichtet. Er bietet somit die Voraussetzung für eine branchenübergreifende  Bemessung und Bepreisung klimaschonender Produktionen im Rahmen grüner Leitmärkte für die Grundstoffindustrie.

Das LESS-Label ermöglicht den Herstellern zukünftig für ihren Stahl nachzuweisen, ob dieser einer grünen Einstufung zuzuordnen ist, welchen Product Carbon Footprint (PCF) er hat und mit wieviel Schrottanteil er hergestellt wurde. Der PCF ist eine quantitative Kennzahl, die angibt, wie viele Treibhausgase bei der Stahlherstellung und den vorgelagerten Produktionsverfahren, wie etwa der Stromerzeugung oder der Produktion der Legierungsmittel, in die Atmosphäre emittiert wurden.

Die Georgsmarienhütte GmbH weist den PCF seit 2023 auf Wunsch der Kunden aus und hat, im Zuge der eigenen Transformationsstrategie, mit der schrottbasierten Stahlproduktion in Elektrolichtbogenöfen bereits 80 Prozent der CO2-Emissionen eingespart im Vergleich zur Herstellung von Rohstahl auf der traditionellen Hochofenroute (bzgl. Scope 1 und 2). Die von Georgsmarienhütte angewandte Methodik für die Berechnung des Product Carbon Footprint wurde von TÜV SÜD validiert und findet für mehr als tausend Stahlvarianten Anwendung. Bis 2039 will das Unternehmen vollständig klimaneutral agieren. Die GMH Gruppe unterstützt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die neue LESS-Initiative, die von der Wirtschaftsvereinigung Stahl heute auf der Hannover Messe vorgestellt und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) flankiert wird.

Dr. Anne-Marie Großmann, Mitglied der Geschäftsführung und Gesellschafterin der GMH Gruppe, erklärt: "Wir begrüßen LESS, der die verschiedenen Zertifizierungen klimaschonend hergestellten Stahls vereinheitlicht. Unsere Kunden erhalten mit dem LESS-Label die Sicherheit, dass sie tatsächlich CO2-arm hergestellten Stahl kaufen und damit ihr eigenes Produkt entsprechend CO2-reduziert deklarieren können. Die Standardisierung ist ein wichtiger Schritt für mehr Transparenz beim Ausweis der Fortschritte der Stahlbranche auf dem Weg der Transformation.

LESS ist zudem ein wesentlicher Baustein zur Einführung grüner Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe in Europa. Die Vergleichbarkeit unterschiedlich hergestellter Materialien und Produkte durch standardisierte und unabhängige Klima-Ratings wie LESS schaffen die Voraussetzung für eine faire Bewertung und Bepreisung im Sinne der Klimaziele. Im nächsten Schritt wird es darauf ankommen, ob und wie schnell sich die öffentliche Hand auch in ihrer Beschaffung an LESS ausrichtet. Eine entsprechende Positionierung staatlicher Unternehmen wird die Akzeptanz des Low Emission Steel Standard deutlich beschleunigen, davon bin ich überzeugt.“

Bei LESS wird sowohl der Transformationsprozess bei der Stahlherstellung auf der konventionellen Hochofenroute im Übergang zu CO2-armen wasserstoffbasierten Produktionsverfahren bewertet als auch die heute schon kohlenstoffreduzierte Elektrostrahlproduktion, die auf Schrott basiert.

Die Georgsmarienhütte GmbH als größter Stahlproduzent der GMH Gruppe beabsichtigt als eines der ersten Unternehmen in Deutschland im zweiten Halbjahr 2024 am Testlauf der Vorabvalidierung nach LESS teilzunehmen.

Quelle und Foto: Georgsmarienhütte GmbH

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