Kriegsbedingt: Steigende Stahlpreise in Europa
von Hubert Hunscheidt
Vor der russischen Invasion versuchten die Stahlproduzenten in der EU, die Preise aufgrund der hohen Kosten, insbesondere für Energie, anzuheben, aber der Erfolg der Initiative war gemischt. Die Coilbestände waren hoch und es wurden Lücken in den Auftragsbüchern der Werke gemeldet. Die Wiederverkaufswerte der Distributoren standen unter negativem Druck.
Dennoch waren die Nachfrageaussichten positiv. Der Importwettbewerb ließ nach. Die Erwartung einer Belebung der chinesischen Marktaktivität nach den Neujahrsfeiertagen verbesserte die Stimmung.
Nach Beginn der Militäraktion änderten sich die Marktbedingungen rasch. Die europäischen Stahlhersteller zogen ihre Notierungen zurück, als sie bewerteten, wie viel sie produzieren könnten und zu welchem Preis.
Angesichts unbekannter Kostenentwicklung verfolgten die Stahlproduzenten die politischen Entscheidungen. Sie versuchten, nur begrenzte Mengen freizugeben, was Preissteigerungen zur Folge hatte. Doch die meisten europäischen Distributoren und Servicezentren kauften nur in begrenzten Maßen. Während dieser Marktturbulenzen waren die Beschaffungsansätze unterschiedlich: Die einen führten Panikkäufe durch, die anderen nahmen eine abwartende Position ein.
In Frankreich berichten viele Distributoren, dass sie mit neuen Aufträgen überfordert sind. Ihre Kunden hatten zuvor ihre Einkäufe verzögert, weil sie mit weiteren Preissenkungen rechneten. Anschließend versuchten sie, so viel Material wie möglich zu beschaffen, da sie befürchteten, dass sich Versorgungsengpässe und ein starker Preisaufstieg entwickeln würden.
Umgekehrt geben italienische Aktionäre an, dass die meisten Käufer inmitten der äußerst unsicheren Marktsituation vorsichtig einkaufen. Viele Endverbraucher weigern sich, Material zu beschaffen, da die Preise für fertigen Stahl sehr hoch sind.
Eine Reihe europäischer Händler schlägt vor, dass sie zu "Back-to-Back"-Geschäften wechseln, um das Risiko einer Bestellung für Lagerzwecke zu verringern. Allerdings führen mehrere Werke inzwischen rückwirkende Energiezuschläge ein, sodass zuvor vereinbarte Preise nicht mehr zu halten sind.
Quelle: MEPS International Ltd. / Foto: marketSTEEL