Konjunkturelle Aussichten lassen Rezessionsrisiko sinken
von Hubert Hunscheidt
Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft haben sich in den letzten Wochen wieder spürbar aufgehellt, das Risiko, dass sie in nächster Zeit ein weiteres Mal in eine Rezession gerät, ist stark zurückgegangen. Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. In der Drei-Monats-Prognose für März bis Ende Mai zeigt der Indikator, der die aktuellsten verfügbaren Daten über die Wirtschaftslage bündelt, eine mittlere Rezessionswahrscheinlichkeit von 13,3 Prozent an – nach 24,2 Prozent im Februar. Die statistische Streuung im Indikator ist ebenfalls geringfügig gesunken, mit aktuell 17,8 Prozent bleibt sie aber relativ hoch. Das spiegelt nach Analyse des IMK die bestehende Verunsicherung vieler Wirtschaftsakteure darüber wider, wie nachhaltig die jüngste Lockerung von Corona-Schutzmaßnahmen angesichts wieder steigender Infektionszahlen sein kann. Der nach dem Ampelsystem arbeitende Indikator zeigt daher zunächst trotz der niedrigen Rezessionswahrscheinlichkeit weiter „gelb-grün“ (erhöhte konjunkturelle Unsicherheit).
Dass sich die Werte für die einzelnen Monate von März bis Mai im Zeitverlauf deutlich verbessern, deutet laut IMK aber „auf eine dynamische Konjunkturerholung ab dem zweiten Quartal“ hin. Treibende Kraft dürfte weiterhin das Verarbeitende Gewerbe sein, das insbesondere von einer regen Auslandsnachfrage aus Asien profitiert. Zusätzliche Impulse erwarten die Ökonomen vom soeben verabschiedeten Konjunkturpaket in den USA. „Deutschlands Industrie bleibt weiterhin in einer robusten Verfassung. Zwischenzeitliche Sorgen, sie könne durch Corona-bedingte Störungen der Lieferketten als konjunktureller Stützpfeiler in Mitleidenschaft gezogen werden, haben sich glücklicherweise als unbegründet erwiesen“, sagt IMK-Experte Dr. Thomas Theobald.
Der Rückgang der Rezessionswahrscheinlichkeit beruht auf einer positiven Entwicklung bei vielen der vom Indikator zusammengeführten Einzelparameter. So haben die Auftragseingänge für die Industrie aus dem Ausland zuletzt kräftig angezogen. Gesunken ist die Zinsdifferenz zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen (Spread), was auf günstigere Finanzierungsbedingungen für Unternehmen hindeutet. Zudem hat sich laut ifo-Geschäftsklimaindex die Stimmung in der deutschen Wirtschaft deutlich verbessert.
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In den IMK-Konjunkturindikator fließen zahlreiche Daten aus der Real- und der Finanzwirtschaft ein. Darüber hinaus berücksichtigt das Instrument Stimmungsindikatoren. Das IMK nutzt die Industrieproduktion als Referenzwert für eine Rezession, weil diese rascher auf einen Nachfrageeinbruch reagiert als das Bruttoinlandsprodukt. Der Konjunkturindikator wird monatlich aktualisiert.
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung / Foto: marketSTEEL