Klöckner: Der Weg zur offenen Industrieplattform

von Alexander Kirschbaum

Auf der Handelsblatt Jahrestagung Zukunft Stahl berichtete Gisbert Rühl über Digitalisierung und Plattformen in der Stahl- und Metalldistribution. Der CEO von Klöckner zeichnete dabei die digitale Transformation des Duisburger Stahlhändlers nach. Am Anfang stand demnach die Zielsetzung, das gesamte Netzwerk der Stahl- und Metalldistribution zu vernetzen, damit Kunden über einen Zugang darauf zugreifen können. „Unsere langjährige Erfahrung und unser tiefes Marktverständnis wollten wir mit der Logik und Arbeitsweise eines Startups zusammenbringen“, so Rühl.

Der Stahlhändler gründete in Berlin daher das unabhängige Unternehmen kloeckner.i, das die ersten Minimum Viable Products (MVP) entwickelte. Die nächste Aufgabe bestand dann darin, eine Verbindung zwischen dem externen Startup und Klöckner zu schaffen. „Wenn man das Startup einfach in das Kernunternehmen integriert, dann verliert man die ganze Agilität. Wir mussten die digitale Transformation vielmehr auch bei Klöckner intern vorantreiben, um im Unternehmen eine hohe Akzeptanz für die Digitalisierung zu schaffen. Damit die Tools und Plattformen, die wir in Berlin entwickelt haben, auch auf der Corporate-Seite bei unseren Kunden eingesetzt werden können“, erklärte Rühl.

Kulturwandel im Unternehmen

Im Rahmen der digitalen Transformation habe Klöckner beispielsweise ein Tool im Einsatz, dass im Unternehmen eine hierarchiefreie Kommunikation ermögliche. Viele Impulse seien von kloeckner.i in das Kernunternehmen gegeben worden, um die Kollaboration besser zu gestalten. Man habe aber immer darauf geachtet, dass sich das Startup eine gewisse Selbstständigkeit erhält. „Wenn der Kulturwandel voran geht und auch bei der Informationstechnik eine Vernetzung stattfindet, dann wachsen die beiden Unternehmensbereiche immer weiter zusammen.“ Mittlerweile hat Klöckner laut Rühl über 11.000 Online-Kunden und erzielt im Digitalbereich einen Umsatz von über einer Milliarde Euro. Bei kloeckner.i arbeiten heute 70 Mitarbeiter aus 60 Nationen. „Wir haben erste MVPs entwickelt, dann Kontraktplattformen für unsere Kontaktkunden gebaut, wo sie ihre Dokumente verwalten können, und das ganze unter Kloeckner Direct zusammengefasst. Dort hat der Kunde einen Zugang zu den ganzen digitalen Tools“, so Rühl.

Arbeit an offener Industrieplattform

Anfang des Jahres hat Klöckner eine Marktplatzfunktion in seinem Onlineshop eingerichtet, für Partner mit komplementären Produkten, wie Rühl weiter mitteilte. Darüber hinaus ist Klöckner mit einer ersten Version einer offenen Industrieplattform live gegangen. „Das war immer die große Vision, die Zielsetzung“, so Rühl. Die Business-to-Business Internet-Handelsplattform „XOM Metals“ zum Vertrieb von Stahlprodukten sitzt in Berlin und ist komplett unabhängig von Klöckner. Das Wachstum der offenen Industrieplattform soll durch Venture Capital realisiert werden. Der Marktplatz ist auch für direkte Wettbewerber von Klöckner offen. Da auf „XOM“ Wettbewerbsdaten lagern, darf zwischen Klöckner und dem neuen Unternehmen in Berlin kein Datenaustausch stattfinden.

Das Bundeskartellamt hat Ende Februar seine Genehmigung für „XOM“ erteilt. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte dazu: „Das Angebot einer digitalen Handelsplattform im Business-to-Businessbereich für Stahlprodukte wird den Bestellvorgang und das Ordermanagement vereinfachen. Ein Übermaß an Markttransparenz kann allerdings Absprachen erleichtern oder sogar entbehrlich machen, wenn Rückschlüsse auf künftige Preissetzungen einzelner Händler möglich sind. Diese Gefahr stufen wir nach den von Klöckner auf unsere Initiative vorgenommenen Änderungen nunmehr als gering ein. In der jetzt geplanten Ausgestaltung wird durch den von der Klöckner-Gruppe organisatorisch getrennten Betrieb der Plattform insbesondere keine weitere Preistransparenz in dem Markt geschaffen.“

Im zweiten Halbjahr dieses Jahres will Klöckner nach Angaben von Gisbert Rühl mit der Industrieplattform auch in den USA Online gehen. „Der Wettbewerb auf Plattformen wird künftig aus unserer Sicht so aussehen: Es wird die großen globalen Plattformen geben, die über viele Industrien hinweg verkaufen, wie Amazon Business oder Alibaba. Diese verkaufen auch Stahl, aber nur Standard und in kleinen Mengen. Daneben wird es die maßgeschneiderten Onlineshop-Lösungen geben, die spezialisierte Produkte und Dienstleistungen anbieten, etwa Laserbearbeitung oder 3D-Druck. Und dann wird es noch die offenen, vertikalen Industrieplattformen geben, auf denen die Kunden ein breites Produktportfolio verschiedener Anbieter bei hoher Transparenz von Preisen finden“, so Rühl abschließend.

Quelle: Vortrag von Gisbert Rühl am 8. März auf der Handelsblatt Jahrestagung Zukunft Stahl sowie Bundeskartelamt Foto: marketSTEEL

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