Keine großen Hoffnungen für das G7-Treffen
von Hubert Hunscheidt
Auf seinem Weg nach Europa zum G7-Treffen Ende der Woche war US-Präsident Joe Biden eindeutig: Er will den Zusammenhalt mit den Verbündeten stärken. Doch die sind gut beraten, nicht alles auf eine Karte zu setzen und stattdessen auch für andere globale Wirtschaftsmächte offen zu bleiben. Ohne China tauscht die G7-Runde nur Informationen aus.
Joe Biden ist sich sicher: Demokratische Länder meistern Bedrohungen und Herausforderungen besser gemeinsam. Sein Ansatz ist richtig und wichtig, denn viele Probleme sind global: Der Klimawandel lässt sich nur international lösen, ebenso die Frage, welche Globalisierungsregeln es braucht. Doch genau hier liegt auch das Problem: Joe Biden möchte gemeinsam mit den Verbündeten arbeiten und der Welt Lösungen präsentieren. Selbst nach der Ära Trump stehen die Türen zwischen den USA und der restlichen Welt nicht mehr uneingeschränkt offen. Unklar ist beispielsweise, ob auf die USA auch nach der Amtszeit Joe Bidens Verlass ist – eine neue Ära Donald Trumps ist nicht ausgeschlossen. Besser beraten sind die Verbündeten, wenn sie zwar ihre gemeinsamen Anliegen adressieren, doch ihre Beziehungen zu anderen Ländern wie etwa China nicht zu stark aufs Spiel setzen.
Wirtschaftsriese China
Hinzu kommt: Die Gravitationszentren der globalen Wirtschaft haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Während die G7-Staaten Anfang der 2000er Jahre fast zwei Drittel der globalen Wirtschaftsleistung erwirtschafteten, ist ihr Anteil auf weniger als 46 Prozent in den letzten Jahren gesunken. Allein der US-Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung ist dabei um fast sieben Prozentpunkte gesunken. China hingegen erwirtschaftet gemessen am globalen BIP mittlerweile über 13 Prozentpunkte mehr als dies vor 20 Jahren der Fall war.
Zwar bleiben die USA nach wie vor in vielen Bereichen der wichtigste Wirtschaftspartner Deutschlands. So ist der Bestand deutscher Direktinvestitionen in den USA fast fünf Mal höher als in China und auch der damit verbundene Umsatz deutscher Unternehmen ist doppelt so hoch. Zudem liefern deutsche Unternehmen nach wie vor wertmäßig mehr Exportwaren in die USA als nach China. Doch die Rolle Chinas in der globalen Wirtschafts- und Klimapolitik ist nicht zu unterschätzen und die G7-Staaten sind gut beraten, China bei der Erarbeitung von Lösungen zu globalen Herausforderungen mit an den Tisch zu ziehen.
Handelsclub könnte China zur Ordnung rufen
In Handelsfragen ist China nach wie vor Teil des Problems: Staatlich subventionierte Unternehmen verzerren den globalen Wettbewerb, Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit führen zu Unmut bei Verbrauchern weltweit, fehlende Reziprozität beim Marktzugang und unzureichende Sicherung von Eigentumsrechten erschweren das Geschäft im Reich der Mitte. Hier bietet sich eine Lösung jenseits der WTO: Im Rahmen eines plurilateralen Handelsvertrags können die liberalisierungswilligen Marktwirtschaften ihre Zölle weiter abbauen und marktwirtschaftliche Prinzipien als Bedingung für die Teilnahme am so entstandenen Club machen. Der Zugang zum Club wäre somit hoch attraktiv und könnte letztendlich auch China dazu bewegen, die Spielregeln zu akzeptieren.
China ist umweltfreundlicher als viele denken
In Klimafragen ist es noch wichtiger, China mit zu den Gesprächen einzuladen. China ist der größte CO2-Emittent weltweit, doch pro Kopf sind die CO2-Emissionen nicht mal halb so hoch wie in den USA. Es ist auch ein Land, was – gemessen am Entwicklungsstand – überraschend viele Anstrengungen unternimmt, um die eigenen CO2-Emissionen einzudämmen. Zwar baut es weiterhin Kohlekraftwerke, um die eigene Energieversorgung zu sichern. Doch auch der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Energiemix ist nach Daten aus dem BP Statistical Review of World Energy deutlich gestiegen: Von knapp sieben Prozent in 2011 auf fast 13 Prozent in 2019. Da bleiben die USA mit ihrem Anteil von knapp neun Prozent deutlich hinterher. Zum Vergleich: Deutschland kommt auf mehr als 17 Prozent. Zudem gibt es kein zweites Land weltweit, in dem mehr Elektroautos pro Jahr zugelassen werden als in China. Von Januar bis April 2021 waren es fast 694.000 Elektrofahrzeuge, Deutschland kommt hier immerhin auf knapp 193.000, die größeren USA dagegen bislang nur auf rund 169.000.
Nun stehen drei wichtige Tage bevor, die die Weichen für die Erarbeitung einer Lösung der globalen Herausforderungen stellen können. Doch ohne China bleiben die Anstrengungen der G7 ein reiner Informationsaustausch.
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. / Foto: Fotolia