Jenseits von 'Peak Oil': Wie alternativlos ist die Energiewende?
von Hans Diederichs
In Berlin diskutierten auf Einladung der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler verschiedene Energieexperten über die Zukunft des Sektors. Der Titel des Workshops lautete: „Peak Oil, Gas und Geopolitik“. Als Referentin war unter anderem Claudia Kemfert geladen, Energieexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die dort die Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt leitet.
„Ressourcenknappheiten und Klimawandel lösen global mittel- bis langfristig immer mehr Krisen und Konflikte aus. Die Energiewende in Deutschland ist ein wirksames Mittel zur Krisenprävention - sowohl für Deutschland als auch als Vorbild für die Welt“, sagte Kemfert vorab in einer Mitteilung.
Fracking ist keine Lösung der Energieprobleme
Das zunächst als „Energierevolution“ gefeierte Fracking in den USA verspricht nach Ansicht der Experten keine dauerhafte Lösung. Nötig ist vielmehr eine Transformation in eine postfossile Welt, was gleichbedeutend ist mit einer Verschiebung hin zu den erneuerbaren Energien.
„2013 und 2014 waren die weltweiten Investitionen in erneuerbare Energieanlagen zum ersten Mal höher als diejenigen in Anlagen für fossile Energieträger. Das Wort Dekarbonisierung im Text des G7-Gipfels im Juni 2015 wird diese Tendenz beschleunigen", sagte Hartmut Graßl, ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie und Vorsitzender des Beirats der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler in einem Statement.
"Die bessere Isolierung unserer Gebäude durch Anreize und Ordnungsrecht, die Elektromobilität sowie die Nutzung der Überschüsse aus Windenergie und Fotovoltaik für Treibstoffe im Straßengüterverkehr werden konventionelle und nicht konventionelle fossile Energieträger langfristig als Mittel der Geopolitik aussondern", gab sich Graßl überzeugt.
EEG-Umlage weiter in der Kritik
Über die Ausgestaltung der Energiewende, besonders in finanzieller Hinsicht, besteht jedoch weiter Uneinigkeit. Während die Bundesregierung die Entwicklung im Plan sieht und künftig vor allem die Offshore-Windenergie weiter ausbauen will, mehrten sich vergangene Woche kritische Stimmen seitens der Industrie, die in der EEG-Umlage eine massive Wettbewerbsverzerrung sehen.
Ins gleiche Horn stieß auch der Verband der Saarhütten (VDS): „Die Erhöhung um fast 3 % hat die EEG-Umlage auf ein neues Rekordniveau von 6,35 ct/kWh ansteigen lassen“, sagte am Donnerstag Antje Otto, die Geschäftsführerin des VDS. Aufgrund der EEG-Novelle seien Unternehmen stärker an den Kosten des EEG beteiligt worden, ohne dass private Verbraucher dadurch entlastet worden seien. „Vor allem die neue Regelung, wonach der Eigenstromverbrauch nicht mehr komplett von der EEG-Umlage ausgenommen ist, macht den Firmen zu schaffen. Die eigene Stromerzeugung ist die einzige verbliebene Möglichkeit, um die Nachteile im internationalen Wettbewerb etwas abzufedern“, so Otto weiter.
Im Jahr 2015 haben Unternehmen und private Stromverbraucher gemeinsam rund 22 Mrd. Euro EEG-Umlage gezahlt. Dennoch muss nach Prognosen des VDS mit weiter steigenden Kosten für die Energiewende gerechnet werden: steigende Netzentgelte durch Erdverkabelung, eine höhere KWK-Umlage sowie bisher nicht offiziell bezifferte Kosten durch den CO2-Minderungsbeitrag des Stromsektors.
Besonders die im internationalen Wettbewerb stehende Industrie gerate so zunehmend unter Druck, so der Verband. Dabei gehört der deutsche Industriestrompreis bereits heute zu den höchsten weltweit. Die energieintensive Stahlindustrie rechnet zudem durch die geplante Verschärfung des Emissionshandels mit enormen zusätzlichen Kosten. „Die Kosten für die Energiewende sind völlig aus dem Ruder gelaufen. Die Unternehmen unterstützen die Energiewende, aber sie muss auch bezahlbar bleiben“, sagte VDS-Geschäftsführerin Otto.
Quellen: DIW, VDW, VDS, BMWi, marketSTEEL; Vorschau-Foto: fotolia