Jahreswirtschaftsbericht 2024 – Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken
von Hubert Hunscheidt
Das Bundeskabinett hat heute den Jahreswirtschaftsbericht 2024 einschließlich der Projektion zum Wirtschaftswachstum 2024 beschlossen. Der Bericht trägt den Titel „Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken“.
Bundeswirtschaftsminister Habeck: Zwei Jahre nach Beginn des Angriffs Putins auf die Ukraine lastet der Krieg weiter auf der deutschen Wirtschaft. Das Gute ist: Putin ist mit seinem Versuch gescheitert, Deutschland in eine Energiemangellage und damit wirtschaftliche Katastrophe zu treiben. Deutschland hat sich hier als sehr widerstandsfähig erwiesen, weil wir alle gemeinsam entschieden gehandelt haben. Die Energieversorgung ist gesichert und die Energiepreise sind wieder sehr deutlich gesunken. Die Inflation ist gezähmt. Die Lohnzuwächse sind spürbar und werden in diesem Jahr oberhalb der Inflationsrate liegen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer haben endlich auch real wieder mehr Geld im Portemonnaie, die Kaufkraft steigt. Neue Rekordzahlen bei der Beschäftigung sowie beim Zubau und Anteil von Erneuerbaren Energien sind wichtige Hoffnungszeichen.
Dennoch ist die Wirtschaft in schwerem Fahrwasser. Wir kommen langsamer aus der Krise als gehofft. Dass wir für dieses Jahr eine Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von real 0,2 Prozent prognostizieren hat eine ganze Reihe an Ursachen. Das weltwirtschaftliche Umfeld ist labil, das Wachstum des Welthandels historisch niedrig, was für eine Exportnation wie Deutschland eine Herausforderung ist. Die notwendige Bekämpfung der Inflation hat außerdem zu hohen Zinsen geführt, was sich negativ auf die Investitionen der Unternehmen auswirkt. Wir sehen Rückgänge vor allem in der Bauindustrie, hinzu kommen Sonderfaktoren, unter anderem musste die Bundesregierung infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom letzten November Priorisierungen im Haushalt vornehmen.
Zur Wahrheit gehört auch: Deutschland leidet unter strukturellen Problemen, die sich über viele Jahre aufgebaut haben. Was wir jetzt brauchen ist ein Reformbooster. Daran müssen wir als Bundesregierung arbeiten. Es geht um nichts Geringeres, als die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Industriestandortes zu verteidigen.
Der Jahreswirtschaftsbericht zeigt deutlich: Die größte Herausforderung für Deutschland ist der Arbeitskräftemangel. Er wird sich in den nächsten Jahren verschärfen und das Potenzialwachstum dämpfen. Wir brauchen alles Wissen und Können, alle Hände und Köpfe, alle Talente und Fähigkeiten. Alles, was wir tun können, um Menschen in Arbeit zu bringen, sollten wir tun. Das betrifft Bildung, bessere Möglichkeiten für Frauen und bessere Anreize für ältere Menschen, freiwillig länger zu arbeiten, es betrifft die beherzte Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und die bessere Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt.
Ein großes Investitionshemmnis ist die Bürokratie, die für Unternehmen zur Qual geworden ist. Erste Schritte beim Bürokratieabbau sind gemacht. Aber es kann nur ein Anfang sein. Wir müssen in der gesamten Bundesregierung den Hebel umlegen und die vielen Regelungen praxistauglicher ausgestalten. Dafür sollten wir die Praxischecks breit ausrollen. Es sind alle Ebenen gefragt – Bund, Länder, Kommunen und die EU, wenn es darum geht, den Betrieben das Wirtschaften leichter zu machen.
Wichtig ist es auch, Investitionen zu stärken und private Investitionen besser anzureizen. Dazu hat die Bundesregierung das Wachstumschancengesetz vorgeschlagen, das erste wichtige Impulse setzen soll. Dazu gehören auch bessere Investitionsbedingungen und eine europäische Kapitalmarktunion, um Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Regionen zu verringern. Und es gilt, in unsere Wehrhaftigkeit zu investieren.
Die Bundesregierung erwartet für das Jahr 2024 einen Zuwachs des preisbereinigten BIP um 0,2 Prozent. Zwar lassen belastende Faktoren wie hohe Verbraucherpreissteigerungen und daraus folgende Kaufkraftverluste nach; geopolitische Krisen sowie geldpolitische Straffungen belasten aber die erwartete Erholung. Wieder steigende Reallöhne und die robuste Arbeitsmarktentwicklung dürften aber im Jahresverlauf eine binnenwirtschaftliche Erholung einleiten. Der Beschäftigungsaufbau wird sich mit einem Zuwachs von 110 Tsd. Personen fortsetzen, die Arbeitslosigkeit aufgrund des statistischen Überhangs aus dem Jahr 2023 um etwa 85 Tsd. Personen ansteigen. Der Anstieg der Verbraucherpreise dürfte sich auf 2,8 Prozent verringern.
In der mittelfristigen Betrachtung dürften sich vor allem die Folgen des demografischen Wandels auf dem Arbeitsmarkt dämpfend auf das Potenzialwachstum auswirken.
Der Jahreswirtschaftsbericht 2024 enthält neben der Jahresprojektion zentrale wirtschafts- und finanzpolitische Themenschwerpunkte der Bundesregierung.
Zehn Handlungsfelder zur nachhaltigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
Die Bundesregierung ist überzeugt, dass Deutschland mit umfassender und zielgerichteter Angebotspolitik die aktuelle Wirtschaftsschwäche überwinden, sein Wachstumspotential erhöhen und dabei die Transformation erfolgreich vorantreiben kann. Der Jahreswirtschaftsbericht zeigt Maßnahmen der Bundesregierung in zehn spezifischen Handlungsfeldern auf. Dazu gehört die Stärkung der Investitionstätigkeit; hierfür hat die Bundesregierung unter anderem gezielte steuerliche Anreize für private Investitionen im Rahmen des Wachstumschancengesetzes vorgeschlagen. Zur Unterstützung der Innovationsfähigkeit ist die Stärkung der Forschungszulage vorgesehen. Um technologische Souveränität und wirtschaftliche Resilienz zu unterstützen, fördert die Bundesregierung den Aufbau von Wertschöpfung in Schlüsselbereichen wie Batterien und Halbleitern. Gleichzeitig setzt die Bundesregierung zur Diversifizierung von Handels- und Lieferketten auf breitere Handelsbeziehungen. Für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes stellt die Ausweitung des Angebots erneuerbarer Energien eine zentrale Voraussetzung dar. Daher hat die Bundesregierung mit Gesetzesvorhaben, etwa des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, substanzielle Hürden für den Zubau von Erneuerbaren und Netzinfrastruktur reduziert.
Ökologische Grenzen wahren und soziale Teilhabe sicherstellen
Die Bundesregierung will Wohlstand in Deutschland unter Wahrung der ökologischen Grenzen sicherstellen. Sie setzt dabei auf einen effektiven Ordnungsrahmen und effizienten Instrumentenmix, auch im Interesse nachfolgender Generationen. In diesem und den kommenden Jahren kommt es bei der Transformation der deutschen Wirtschaft auf eine funktionierende Sozialpartnerschaft und auf gemeinsame Lösungen im Interesse von Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit an. Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen zum europäischen Emissionshandel (EU EHS I und II) sowie zum EU-Klimasozialfonds ebnet den Weg für eine breitere, effektivere und durch soziale Maßnahmen flankierte Anwendung von CO2-Preisen.
Bereits zum dritten Mal enthält der JWB ein Kapitel zur Wohlfahrtsindikatorik, das neben dem Wirtschaftswachstum weitere Dimensionen der Wohlfahrt wie ökologische, soziale oder gesellschaftliche Aspekte in den Blick nimmt. Dabei sind erste Impulse aus der im vergangenen Jahr durch das BMWK durchgeführten öffentlichen Online-Konsultation zur Wohlfahrtsmessung eingeflossen.
Quelle und Bild: BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND KLIMASCHUTZ