IPH entwickelt neuen Schmiedeprozess

von Alexander Kirschbaum

Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) hat gemeinsam mit Partnern aus ganz Europa einen neuen Schmiedeprozess entwickelt hat. Dabei wird das Bauteil mittels Querkeilwalzen vorgeformt und anschließend fertiggeschmiedet, sodass deutlich weniger Grat entsteht als bisher. Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) hat das IPH einen besonders kompakten Querkeilwalzapparat in Flachbackenbauart konstruiert, der sich auch für kleine Stückzahlen rechnet. Es ist der erste Apparat dieser Art, der tatsächlich in der Industrie zum Einsatz kommt: Ein türkisches Schmiedeunternehmen will damit Vorformen für Hüftimplantate herstellen.

Beim klassischen Gesenkschmieden wird ein Rohling aus Stahl auf rund 1200 Grad Celsius erwärmt und in eine zweigeteilte Form gelegt, das sogenannte Gesenk. Werden die beiden Gesenkhälften aufeinander gepresst, fließt das heiße Metall in die Form. Überschüssiges Material entweicht zu den Seiten und bildet den sogenannten Grat. Wenn das Bauteil abgekühlt ist, wird der Grat entfernt. Schmiedeunternehmen gehen damit sicher, dass die Form vollständig ausgefüllt wird und keine fehlerhaften Bauteile entstehen. Allerdings gehen auf diese Weise erhebliche Mengen an Material verloren, zumal oft mehrere Schmiedeschritte notwendig sind, um komplizierte Bauteile herzustellen.

20 % weniger Material
Im Forschungsprojekt „CoVaForm“ („Conservation of valuable materials by a highly efficient forming system“) hat das IPH deshalb ein neues Herstellungsverfahren entwickelt, das laut den Computersimulationen der Wissenschaftler rund 20 Prozent Material spart. Dabei wird das Bauteil mittels Querkeilwalzen vorgeformt: Das heiße Metall wird nicht in ein Gesenk gepresst, sondern zwischen zwei Keilen in Form gerollt. Beim Querkeilwalzen entsteht keinerlei Grat. Zwar ist weiterhin ein zweiter Schmiedeschritt nötig, bei dem Material verloren geht. Jedoch genügen für die Herstellung des Common-Rails laut IPH nun 7,5 statt der ursprünglichen 9,3 Kilogramm Edelstahl – das sind 20 Prozent weniger Material als zuvor. Außerdem spart der neue Herstellungsprozess Energie, weil eine kleinere Menge Stahl auf 1200 Grad Celsius erwärmt werden muss.

Neuer Querkeilwalzapparat
Trotz der hohen Einsparmöglichkeiten wird das Querkeilwalzen bisher kaum industriell eingesetzt, weil die Prozesse kompliziert und die Werkzeuge teuer sind. Bisherige Querkeilwalzapparate in Rundbackenbauart lohnen sich nur für sehr hohe Stückzahlen. Das IPH hat im Forschungsprojekt deshalb einen besonders kompakten Querkeilwalzapparat in Flachbackenbauart entwickelt, der nur ein Zehntel kostet – und der sich somit auch für kleine und mittelständische Schmiedeunternehmen lohnt.

Mit der Maschine lassen sich nicht nur Vorformen für Common-Rails herstellen, sondern auch für Antriebswellen, Pleuel und viele weitere längliche Bauteile. Ein türkisches Schmiedeunternehmen will mit dem Querkeilwalzapparat des IPH künftig Hüftimplantate aus Titan schmieden.

Quelle: Institut für Integrierte Produktion Hannover Bildtext: Der neu entwickelte Querkeilwalzapparat (Foto: IPH)

Zurück