Internationales Ringen um unverzichtbare Rohstoffe
von Hubert Hunscheidt
Bis die Wirtschaft klimaneutral ist, braucht es jede Menge Rohstoffe – Tendenz steigend. Typische Beispiele sind Lithium und Kobalt, beide Metalle sind beim Bau von leistungsstarken Batterien für Elektroautos heute unverzichtbar. Aktuell sind die EU und Deutschland bei einem Großteil strategisch wichtiger Rohstoffe stark von Importen aus einzelnen Drittländern abhängig. Nur wenn diese Rohstoffe künftig weder knapp noch teuer werden, ist der klimaneutrale Umbau möglich.
30 strategisch wichtige Rohstoffe sind kritisch
Die Europäische Kommission führt aktuell 30 strategisch wichtige Rohstoffe als kritisch auf, darunter auch Lithium und Kobalt. Neue IW-Untersuchungen zeigen, dass darüber hinaus auch weitere Rohstoffe kritisch einzustufen sind, darunter Kupfer und Aluminium, ohne die ein weiterer Ausbau der Stromnetze nicht möglich ist, sowie Nickel für Batterien.
Das größte Risiko: Die Rohstoffe lassen sich kaum ersetzen, wenn sie knapp sind, gibt es also keine Alternativen. Hinzu kommt: Die Reserven in den heute genutzten Vorkommen sind gering, sodass vor allem bei Lithium, Kobalt, Nickel und Kupfer neue Investitionen in die Erschließung und Förderung neuer Quellen notwendig sind. Lithium und Kobalt sind besonders risikoreich, da sie aus wenigen Ländern kommen, darunter Australien, Argentinien, Chile oder der Kongo. Gerade der Kongo, in dem das meiste Kobalt gefördert wird, ist politisch instabil.
Die EU-Kommission möchte im globalen Wettbewerb um knappe Rohstoffe autonomer werden. Das Ziel: Die EU soll künftig zehn Prozent der wichtigen Rohstoffe selbst fördern, 40 Prozent selbst weiterverarbeiten und 15 Prozent durch Recycling gewinnen. Die Kapazitäten, die es dafür braucht, sollen mithilfe von beschleunigten Genehmigungsverfahren für strategisch wichtige Projekte schneller geschaffen werden können. Auch der Abbau der Rohstoffe soll leichter möglich sein: Die Genehmigungsverfahren sollen höchstens 24 Monate dauern, Weiterverarbeitung und Wiederverwertung dürfen nach EU-Willen höchstens zwölf Monate in Anspruch nehmen.
Mehr Versorgungssicherheit durch Weiterverarbeitung und Recycling
Auch Recycling könnte die Versorgungsabhängigkeit lindern – entsprechend wichtig ist der schnelle Aufbau einer Kreislaufwirtschaft mit großen Stoffströmen. Aber auch der zügige Aufbau eigener Raffinierungs- und Weiterverarbeitungskapazitäten innerhalb der EU ist wesentlich, um Rohstoffe zu sichern. Ein weiterer Weg ist es, in Kapazitäten zur Weiterverarbeitung in politisch und wirtschaftlich stabilen Rohstoffländern zu investieren. „Das würde auch vor Ort Wertschöpfung schaffen und einen Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit leisten“, sagt Cornelius Bähr, Rohstoffexperte der IW Consult. „Es ist absehbar, dass die EU mit diesem Weg den Rohstoffbedarf nicht komplett decken kann“, so IW-Expertin Adriana Neligan: „Wir brauchen Rohstoffallianzen mit strategisch wichtigen Partnern und globale Kooperationen, um den Bedarf zu sichern.“
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. / Foto: marketSTEEL