Internationaler Automobil Kongress 2016

von Alexander Kirschbaum

Rund 300 Teilnehmer des Internationalen Automobil Kongresses der Wolfsburg AG diskutierten heute in Wolfsburg, welche Chancen die Digitalisierung der Mobilität mit sich bringt und wie die digitale Transformation entlang der automobilen Wertschöpfungskette gelingen kann. Der Kongress markierte den Auftakt der 9. Internationalen Zuliefererbörse, die sich bis zum 20. Oktober ebenfalls dem Schwerpunktthema „Digitalisierung der Mobilität“ widmet.
 
In seiner Begrüßung der Kongressbesucher unterstrich Julius von Ingelheim, Sprecher des Vorstands der Wolfsburg AG, die besondere Komplexität und Tragweite der Digitalisierung der Mobilität: „Hersteller und Zulieferer sind gleichermaßen gefordert, ihre heutigen Produktions- und Vertriebsmodelle grundsätzlich zu überdenken.“ Die Referenten gaben einen Einblick in Art und Umfang des tiefgreifenden Wandels der Automobilindustrie, der sich in den kommenden Jahren weltweit vollziehen wird.

Branche erfindet sich neu

"Wir leben in einer historisch bedeutenden Zeit, in der sich uns die Chance bietet, einen signifikanten Anteil an der Neuerfindung des Automobils und der Mobilität zu haben“, stieg Volkswagen Chief Digital Officer Johann Jungwirth, Schirmherr des Kongresses, in die Thematik ein. Die Disruption der Automobilindustrie hinsichtlich Digitalisierung - vom gefahrenen zum selbstfahrenden Automobil -, Nachhaltigkeit - vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb - und Urbanisierung - von Ownership zur Shared Mobility - werde die Welt grundlegend verändern. „Unser Ziel ist es, den Volkswagen Konzern vom Automobilhersteller zu einem weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität weiter zu entwickeln, sowie die Demokratisierung der Mobilität umzusetzen“, sagte Johann Jungwirth. Dazu gehöre auch die Wandlung vom Hardware-Konzern zum integrierten Hardware-, Software- und Services-Unternehmen.

Das Auto als Mobilgerät

„Das Auto ist ein mobiler Lebensraum. Unsere Kunden erwarten einfach, dass sie bestimmte Online-Funktionen auch im Fahrzeug nutzen können", sagte Dr. Olaf Dübel, Leiter Neue Projekte VW Car-Net, MIB u. Soundsysteme der Volkswagen Aktiengesellschaft, der zu „Digitalen Innovationen für eine neue Mobilität“ referierte.

Auf dem Weg hin zum Pilotierten Fahren gibt es aber noch viel zu tun. Das zeigte Thomas Müller, Leiter Entwicklung Brems-, Lenk- und Fahrerassistenzsysteme bei der AUDI AG in seinem Vortrag „Chancen und Risiken auf dem Weg zum pilotierten Fahren“: „Sowohl technologisch, als auch rechtlich und gesellschaftlich muss noch viel geleistet werden. Aber diese Technologien tragen wesentlich zu Sicherheit, Zeitgewinn und Komfort bei.“

Big Data und neue Modelle für die Fahrzeugnutzung

Im Themenblock „Intelligente Mobilität - Strategien erfolgreicher Zulieferer und Dienstleister“ machte Dr. Jan Wehinger, Senior Manager bei Mieschke, Hofmann und Partner (MHP), auf die sich verändernden Geschäftsmodelle rund um die Digitalisierung der Mobilität aufmerksam. „Durch teilweise gemeinsam genutzte autonome Fahrzeugflotten sind komplett neue Konzepte von Besitz, Nutzung und Service denkbar“, sagte Dr. Wehinger. Für den Kunden entstehen durch das autonome Fahrzeug nutzbare Zeitfenster, die im Fahrzeug Räume für neue Services schaffen, welche die Unternehmen bespielen können und müssen.

Viel Raum gab der Kongress dem Thema „Big Data“, dem Einsatz großer Datenmengen aus vielfältigen Quellen mit einer hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit. Big Data kommt u.a. beim Erstellen von Echtzeit-Roadmaps zum Einsatz. „Für vollautomatisiertes Fahren sind zentimetergenaue Karten essenziell“, betonte Christof Hellmis, Vizepräsident des Kartendienstes Here.

Das komplett vernetzte, weitestgehend individualisierte Fahrzeug stand im Fokus des Vortrags „Mein Auto 4.0“ von Gernot Joswig. Der Prokurist des in Wolfsburg ansässigen Unternehmens ITConcepts Automotive sagte: „Wir arbeiten an Lösungen, die eine individuelle und intermodale Mobilität innerhalb des sich ändernden Nutzungsverhaltens ermöglichen.“ Das erweitert das persönliche Fahrerlebnis und sichert einen ständigen Datenaustausch für bedarfsgerechte Mehrwertdienste. Digitale Identitäten sind für diese Personalisierung des Fahrzeugs unabdingbar, ebenso wie für dessen Kommunikation mit anderen Fahrzeugen und der kommunalen Verkehrsinfrastruktur sowie für zukunftsweisende Assistenzfunktionen.

Sicherheit im Datennetz

Digitale Daten sind überall, doch wem gehören sie eigentlich und wie lässt sich ihr Besitz in einer digitalen Welt sicherstellen, um nachhaltiges Wirtschaften zu gewährleisten. Diese und weitere Fragen erörterte Heinrich Pettenpohl vom Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST in seinem Referat „Industrial Data Space – Digitale Souveränität über Daten und Dienste“. Er stellte den Industrial Data Space als einen virtuellen Datenraum vor, der den sicheren Austausch und die einfache Verknüpfung von Daten in Geschäftsökosystemen auf Basis von Standards und mit Hilfe gemeinschaftlicher Governance-Modelle unterstützt. Im Ergebnis könnten Partner einer Wertschöpfungskette in gegenseitigem Einverständnis auf bestimmte Daten zugreifen, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln oder ihre eigenen Prozesse effizienter zu gestalten.

Quelle: Wolfsburg AG  Bildtext: Über die Digitalisierung der Mobilität diskutierten heute Veranstalter und Referenten des Internationalen Automobil Kongresses in Wolfsburg. (Foto: Wolfsburg AG / Matthias Leitzke)

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