Industrie 4.0: Weckruf der Produktionswissenschaftler
von Alexander Kirschbaum
Die digitale Vernetzung der Wertschöpfung in Echtzeit ist zwar unter dem Begriff Industrie 4.0 in aller Munde, aber nur etwa ein Zehntel der deutschen Unternehmen beschäftigt sich intensiv operativ damit. Der Leiter des Fraunhofer IPA, Thomas Bauernhansl, Mitglied der wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP), hat daher eine Forscherinitiative gestartet, die die Potenziale, Risiken und den Forschungsbedarf von Industrie 4.0 analysiert und darauf aufbauende Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft entwickelt hat. Resultat ist der »WGP-Standpunkt Industrie 4.0«, der am 23. Juni auf dem Kongress Produktionsforschung 2016 von Wissenschaftlern der WGP an das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) übergeben wurde.
Der WGP-Standpunkt soll ein Weckruf für die Unternehmen sein, die sich noch nicht ausreichend mit Industrie 4.0 beschäftigen, weil sie die Dringlichkeit noch nicht spüren und die Potenziale nicht erkannt haben. Dabei sol Produktionstechnikern in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vermittelt werden, was den Kern von Industrie 4.0 ausmacht. »Wer glaubt, er sei mit einer mit dem Internet verbundenen Maschine bereits in der Zukunft angekommen, täuscht sich. Industrie 4.0 ist keineswegs nur ein kurzer Hype oder ausschließlich ein Thema für finanzstarke Konzerne. Die Vernetzung der Wertschöpfung ist für alle Produktionstechniker eine Revolution, die sie nicht verpassen dürfen«, so IPA-Chef Thomas Bauernhansl.
Der Standpunkt, gemeinsam verfasst von Produktionswissenschaftlern, die sich in der WGP vereinigt haben, soll Klarheit schaffen über die tatsächlichen Chancen und Risiken von Industrie 4.0. »Eine realistische Kommunikation des Kerns von Industrie 4.0, also des Nutzens der Technologien, des Potenzials, der Anwendungsgebiete und des Forschungsbedarfs aus Sicht der Produktionstechnik ist vor allem deswegen dringend notwendig, weil damit Fehlsteuerungen vermieden, das Thema Industrie 4.0 geerdet und den produktionstechnischen Unternehmen kompetent Orientierung gegeben wird«, so Bauernhansl.
Der WGP-Standpunkt wurde von Prof. Thomas Bauernhansl aus Stuttgart, Prof. Jörg Krüger aus Berlin, Prof. Gunther Reinhart aus München sowie Prof. Günther Schuh aus Aachen gemeinsam verfasst und mit den WGP-Kolleginnen und -Kollegen abgestimmt. Er gibt konsolidierte, von Fachleuten intensiv diskutierte konkrete Handlungsempfehlungen für die Wirtschaft, die Politik und die Wissenschaft.
Quelle: Fraunhofer IPA Vorschau-Foto: Fotolia