IGBCE nennt Forderungen für eine smarte Transformation
von Hubert Hunscheidt
Was es aus Sicht der Gewerkschaft dafür braucht, hat sie nun in einem Positionspapier mit zwölf Anforderungen an die Industriepolitik 2030 + zusammengefasst:
„Der Wirtschaftsstandort Deutschland befindet sich am Scheideweg“, mahnt der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis. „Wir brauchen jetzt endlich den großen Wurf und den Mut und die Power, die Transformation der Industrie mit Hochdruck anpacken. Nur so können wir eine schleichende Deindustrialisierung vermeiden.“ Jetzt gelte: „Klotzen, statt kleckern!“ Und zwar mit politischen Investitions- und Innovationsstrategien, mit dem unbedingten Willen, die notwendigen Reformen beim Wettbewerbs- und Beihilferecht anzuschieben und mit verlässlichen Partnerschaften und fairem Handel in der Welt.
Eine auf die Zukunft ausgerichtete Industriestrategie muss eine europäische Strategie sein, heißt es in dem Papier. Kernelement der Industriepolitik 2030 + sei es, Investitionen anzureizen. Denn Europa habe in den vergangenen Jahrzehnten ganze Produktionsbereiche abwandern lassen – und zahle dafür aktuell einen hohen Preis. Statt wildem Gegeneinander brauche es jetzt mehr Vernetzung unter den europäischen Partnern. Um geschlossene Wertschöpfungsketten in Europa zu erhalten und (wieder-)aufzubauen, müssen die EU und ihre Mitgliedsstaaten Branchen identifizieren, die essenziell für die Transformation der Wirtschaft sind. Europa müsse ein attraktiver Standort für Zukunftsbereiche wie zum Beispiel die Halbleiter- und Batterietechnologie werden.
Aus Sicht der IGBCE braucht es dafür dringend einen staatlich abgesicherten Industriestrompreis für die kommenden zehn Jahre – idealerweise für ganz Europa. Nur so können energiekostenbedingte Standortnachteile gegenüber anderen Regionen der Welt kompensiert werden. Um eine europäische Finanzierung der Transformation abzusichern, sollte die EU außerdem einen neuen Fonds aufsetzen: Den „Fund for Industrial Transformation in Europe (FIT EU)“, der die bisherigen Regelungen staatlicher Förderungen öffnet und erweitert. Dazu zählt auch eine Reform des europäischen Wettbewerbs- und Beihilferechts. Denn die aktuelle Krise hat gezeigt, dass die Ideale des freien und fairen Wettbewerbs und Binnenmarkts nichts nützen, wenn andere Regionen auf der Welt diesen Spielregeln nicht folgen. Mitgliedstaaten müssen deutlich mehr Möglichkeiten erhalten, Industrien regulatorisch und finanziell zu unterstützen.
In dem Papier spricht sich die Gewerkschaft darüber hinaus für den Aufbau verlässlicher, neuer Partnerschaften im internationalen Handel aus, mit denen es zu einer Re-Globalisierung statt zu De-Globalisierung kommen soll. Mit einer transatlantischen Freihandelszone böte sich beispielsweise die Chance, von China unabhängiger zu werden – etwa bei Transformationstechnologien und Rohstoffen.
Quelle: IGBCE vertreten durch den Vorsitzenden Michael Vassiliadis / Foto: marketSTEEL