HWWI-Rohstoffpreisindex: Krieg in der Ukraine treibt die Rohstoffpreise

von Hubert Hunscheidt

Der HWWI-Rohstoffpreisindex stieg im März im Vergleich zum Vormonat um durchschnittlich 32 %. Die russische Invasion in die Ukraine führte zu Preissteigerungen in nahezu allen Rohstoffsegmenten. Alle drei im Index vertretenen Teilindizes, der Index für Energierohstoffe, der Index für Industrierohstoffe und der Index für Nahrungs- und Genussmittel, verzeichneten im März gegenüber dem Vormonat starke Preissteigerungen. Diese enormen Preisanstiege verdeutlichen die große Bedeutung Russlands auf den Rohstoffmärkten, insbesondere auf den Märkten für Energierohstoffe. Der deutliche Preisanstieg an den Getreidemärkten spiegelte zusätzlich die wichtige Rolle der Ukraine als Erzeugerland wider.

Index für Energierohstoffe: +37,0 % (Eurobasis: +41,1 %)

Die Rohölpreise wiesen im März aufgrund der durch den Krieg in der Ukraine ausgelösten zunehmenden Unsicherheit ein hohes Maß an Volatilität auf und stiegen im Vergleich zum Vormonat um durchschnittlich 37 %.

Die Preise für die europäische Referenzsorte Brent stiegen in der ersten Woche stark an und erreichten am 8. März einen Höchststand von 129 US-Dollar pro Barrel. Danach fielen die Preise bis Mitte des Monats auf 98 US-Dollar pro Barrel zurück, bevor sie zum 23. März wieder auf 121 US-Dollar anstiegen. Nach einem starken Rückgang in den letzten Tagen des Monats beendeten die Rohölpreise der Sorte Brent den Monat bei 105 US-Dollar pro Barrel.

Der enorme Preisanstieg, der durch den russischen Einmarsch in der Ukraine ausgelöst wurde, und die derzeitige hohe Volatilität auf den Rohölmärkten spiegeln die wichtige Rolle Russlands auf den Rohölmärkten wider. Russland ist nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Rohölproduzent der Welt. Befürchtungen, dass eine weitere Eskalation des Konflikts die russischen Rohöllieferungen beeinträchtigen und zu Versorgungsengpässen führen könnte, trieben die Preise wiederholt in die Höhe. Zwischenzeitlich reagierten die Rohölpreise mit einem Rückgang auf Informationen über mögliche Annäherungen zwischen den Kriegsparteien, wie etwa während der russisch-ukrainischen Gespräche in Istanbul in der ersten Monatshälfte.

Der starke Preisrückgang zum Monatsende war dagegen auf Ankündigungen der US-Regierung zurückzuführen. Um die Ölpreise zu drücken, plant die US-Regierung die Freigabe eines großen Teils der strategischen Ölreserven. So sollen in den nächsten sechs Monaten durchschnittlich eine Million Barrel Rohöl pro Tag aus den staatlichen Reserven auf dem Markt angeboten werden. Die US-Regierung kündigte außerdem neue Maßnahmen zur Steigerung der US-Ölproduktion an. Zudem beschloss die Organisation der erdölexportierenden Länder einschließlich Russlands (OPEC+) auf ihrer monatlichen Sitzung Ende des Monats, die Ölproduktion im Mai um 432.000 Barrel pro Tag zu erhöhen.

Die Gaspreise reagierten im März besonders stark auf die Entwicklungen in der Ukraine. Während die Preise für amerikanisches Erdgas im März um durchschnittlich 11,61 % gegenüber dem Vormonat stiegen, erhöhten sich die Preise für europäisches Erdgas um 72,9 %. Als wichtigster Akteur auf dem europäischen Gasmarkt liefert Russland rund 40 % des Gasbedarfs der Europäischen Union, und etwa ein Drittel dieser Lieferungen erfolgt über die Ukraine. Die Kämpfe in der Ukraine schüren die Befürchtung, dass die russischen Gaslieferungen eingestellt werden könnten. Auch die Ankündigung Putins, dass Gaslieferungen nur noch in Rubel bezahlt werden dürfen, wirkte sich preissteigernd aus. Das Ende des europäischen Winters mit milderen Temperaturen könnte die Nachfrage nach europäischem Gas verringern und die Situation auf dem Gasmarkt vorübergehend etwas entspannen.

Neben den Rohöl- und Erdgaspreisen stiegen auch die Kohlepreise im Zuge des russischen Einmarsches in der Ukraine deutlich an. Während die australischen Kohlepreise gegenüber dem Vormonat um 46,15 % stiegen, legten die südafrikanischen Kohlepreise im März sogar um 63,02 % zu. Einerseits wird Kohle bei steigenden Energierohstoffpreisen zunehmend als Substitut für Rohöl und Gas nachgefragt. Andererseits wirkt sich auch der Krieg in der Ukraine unmittelbar auf den globalen Kohlemarkt aus, da Russland als drittgrößter Kohleexporteur auch hier eine wichtige Rolle spielt. Die Marktteilnehmer befürchten, dass das ohnehin bereits knappe globale Kohleangebot durch den Ukraine-Krieg und die westlichen Sanktionen gegen Russland weiter reduziert wird.

Insgesamt stieg der Teilindex der Energierohstoffe um 37 % (Eurobasis: +41,1%) auf 401,3 Punkte (Eurobasis: 417,8 Punkte).

Index für Industrierohstoffe: +7 % (Eurobasis: +10,1 %)

Der Teilindex für Industrierohstoffe, der sich in den Index für agrarische Rohstoffe, den Index für Nichteisenmetalle und den Index für Eisenerz und Stahlschrott untergliedert, stieg im März um 7 % gegenüber dem Vormonat. Alle drei Teilindizes verzeichneten im Monatsdurchschnitt Anstiege und reagierten damit ebenfalls auf den Krieg in der Ukraine.

Der russische Einmarsch in der Ukraine löste auf den Märkten für Industriemetalle einen Preisschock aus. Insbesondere in der ersten Monatshälfte stiegen die Preise für Nichteisenmetalle, vor allem für Aluminium, Zink und Nickel, auf Rekordhöhen. Der starke Anstieg der Aluminiumpreise zu Beginn des Monats war auf die Befürchtung von Angebotsengpässen zurückzuführen. Russland ist für rund 6 % der weltweiten Aluminiumproduktion verantwortlich.

Die erneute Einführung strenger Lockdown-Maßnahmen in China zur Umsetzung der No-Covid-Strategie entspannte die Lage auf dem Metallmarkt und ließ die Preise für Aluminium sinken. Der strikte Umgang der chinesischen Regierung mit der Omikron-Virusvariante droht das Wirtschaftswachstum in China zu bremsen und damit die Nachfrage des weltweit größten Verbrauchers von Basismetallen zu verringern. Darüber hinaus ist sowohl die Aluminium- als auch die Zinkproduktion sehr energieintensiv. Die derzeit hohen Energiekosten schüren die Befürchtung, dass die Produktion dieser Metalle vorübergehend eingestellt werden könnte, was wiederum zu einer Angebotsverknappung führen würde. Insgesamt stiegen die Aluminiumpreise im März im Vergleich zum Vormonat um durchschnittlich 8,5 % und die Zinkpreise um 9,06 %.

Besonders erwähnenswert waren im März die Entwicklungen auf dem Nickelmarkt. Der Nickelpreis ist im März durchschnittlich um 56,31 % gegenüber dem Vormonat angestiegen. Da Russland nach Indonesien und den Philippinen das wichtigste Produktionsland für Nickel ist, führte der russische Angriff auf die Ukraine zu Befürchtungen über mögliche Versorgungsengpässe bei dem Metall und ließ die Preise steigen. Schon vor dem Ukraine-Krieg führten die bereits hohen Nickelpreise zu verstärkten Leerverkäufen an der Londoner Metallbörse (LME), da Spekulanten auf sinkende Preise setzten. Als die Preise dann entgegen den Erwartungen der Leerverkäufer weiter stiegen, waren diese gezwungen, selbst Nickel zu kaufen, um ihre Positionen glattzustellen, was den Preis weiter in die Höhe trieb (Short Squeeze). Nach einem historischen Anstieg der Nickelpreise auf 100.000 US-Dollar pro Tonne wurde der Handel an der LME vorübergehend eingestellt. Nach der Wiederaufnahme des Nickelhandels entspannte sich der Nickelmarkt, und der Nickelpreis beendete den Monat bei 33.400 US-Dollar pro Tonne.

Auch die Eisenerzpreise stiegen im März um 5,03 % gegenüber dem Vormonat, blieben aber im Durchschnitt 10,04 % niedriger als im entsprechenden Vorjahresmonat. Der Verlauf der Eisenerzpreise im März wurde durch verschiedene globale Entwicklungen beeinflusst. Zum einen sind die Ukraine und Russland wichtige Roheisenexporteure, sodass auch hier der Ukraine-Krieg Sorgen über mögliche Lieferengpässe auslöste, die sich preistreibend auswirkten. Zum anderen drückte die Erwartung einer weiteren Verlangsamung des chinesischen Wirtschaftswachstums aufgrund der No-Covid-Strategie und eines damit verbundenen Rückgangs der Stahlnachfrage auf die Preise. Letzteres wurde dadurch abgemildert, dass die chinesische Regierung versucht, das Wirtschaftswachstum durch großzügige Infrastrukturinvestitionen zu unterstützen, was wiederum die Stahlnachfrage ankurbeln wird. Trotz der strengen Lockdown-Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus in China blieben die Stahlproduktionsanlagen auch in den von Corona betroffenen Gebieten geöffnet.

Insgesamt stieg der Index für Industrierohstoffe im Monatsdurchschnitt um 7 % (Eurobasis: +10,1 %) auf 177,7 Punkte (Eurobasis: 184,6 Punkte).

Index für Nahrungs- und Genussmittel: +9,8 % (Eurobasis: +13 %)

Der Index für Nahrungs- und Genussmittel stieg im März um 9,8 % im Vergleich zum Vormonat und lag somit um 37,3 % über seinem entsprechenden Vorjahreswert. Während die Preise für Getreide sowie für Öle und Ölsaaten im März durchschnittlich anstiegen, fielen die Preise für Genussmittel.

Der russische Krieg gegen die Ukraine wirkte sich deutlich auf die Getreidemärkte aus und führte im März zu starken Preissteigerungen, insbesondere bei Weizen. Der Preisanstieg auf dem Weizenmarkt spiegelte die Befürchtung wider, dass es bei russischem Weizen aufgrund der Sanktionen und bei ukrainischem Weizen aufgrund kriegsbedingter Ernteausfälle zu Engpässen kommen könnte. Russland und die Ukraine sind zwei der wichtigsten Weizenexportländer, auf die zusammen ein Drittel der weltweiten Weizenexporte entfällt. Die Weizenpreise, die sich bereits zuvor auf einem hohen Niveau befanden, stiegen im Monatsdurchschnitt gegenüber dem Vormonat um weitere 31,76 %.

Da die Ukraine ebenfalls ein wichtiger Maiserzeuger und weltweit einer der größten Maisexporteure ist, stiegen auch die Maispreise im März aufgrund des Krieges in der Ukraine. Auf der Nachfrageseite wurde der Maispreis zusätzlich gestärkt, da die derzeit hohen Preise für Rohöl die Verwendung von Biokraftstoff attraktiver machen, was die Nachfrage nach Mais zusätzlich stärkt.

Ähnliche Entwicklungen zeigten sich auf den Märkten für Öle und Ölsaaten. Der Index für Öle und Ölsaaten stieg im März um 11,4 % gegenüber dem Vormonat. Besonders stark stiegen die Preise für Sonnenblumen-, Palm- und Sojaöl. Insbesondere wurde der Markt für Sonnenblumenöl durch die russische Invasion der Ukraine beeinflusst. Die Ukraine, aber auch Russland, sind die weltweit wichtigsten Erzeugerländer für Sonnenblumenöl.

Auf den Märkten für Genussmittel ergab sich im März hingegen ein anderes Bild. Die Preise für Kaffee, Kakao und Tee fielen im Monatsdurchschnitt gegenüber dem Vormonat. Nach Monaten steigender Kaffeepreise fielen diese im März im Vergleich zum Vormonat um durchschnittlich 7,68 %. Dagegen stiegen die Zuckerpreise, da die hohen Rohölpreise die Nachfrage nach Bioethanol aus Zuckerrohr erhöhte und das Weltangebot nach Zucker somit reduziert wurde.

Insgesamt stieg der Index für Nahrungs- und Genussmittel im Monatsdurchschnitt um 9,8 % (Eurobasis: + 13 %) und notierte bei 179,4 Punkten (Eurobasis: 186,0 Punkten).

Quelle: Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut gemeinnützige GmbH (HWWI) / Foto: marketSTEEL

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