Geringer Ölpreis offenbart Russlands Strukturprobleme

von Alexander Kirschbaum

Auf der weltpolitischen Bühne tritt Russland als Großmacht auf, wirtschaftlich hat das Land in den vergangenen Jahren allerdings an Boden verloren. Wie eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigt, legt der Preisverfall beim Öl die Schwäche der russischen Wirtschaft deutlich zutage.

So legte die legte die russische Wirtschaftsleistung von 1999 bis 2008 real um durchschnittlich fast 7 Prozent pro Jahr zu. Seit Beginn der Weltwirtschaftskrise 2009 hat Russland allerdings nicht mehr zurück auf den Wachstumspfad gefunden. Denn das Land leidet an erheblichen Strukturproblemen: Russland ist rohstoffreich und über Jahre hinweg haben die Öl- und Gasexporte dazu beigetragen, dass die Einkommen stiegen. Doch damit erhöhte sich die Abhängigkeit der Wirtschaft vom Öl- und Gasgeschäft. Andere Branchen haben zeitgleich an Wettbewerbsfähigkeit verloren und heute entfallen über 80 Prozent der Exporte auf Rohstoffe. Doch jetzt sind Öl und Gas extrem billig, der stete Geldzufluss von einst ist dahin – und damit ein wichtiger Wachstumstreiber.

Privatisierungsprozess gerät ins Stocken

Laut IW wird jetzt deutlich, dass sich Russland in den vergangenen Jahren kaum noch marktwirtschaftlich entwickelt hat: Der Privatisierungsprozess brach 2000 ab. Damals machte der private Sektor immerhin 70 Prozent des BIP aus, mittlerweile sind es nur noch 65 Prozent, manche Schätzungen sehen den Staatsanteil sogar bei 50 Prozent. Beim Freiheitsgrad des internationalen Handels rangierte Russland 2013 laut Fraser Institut auf Platz 134 von 157, bei der Anti-Monopolpolitik laut Weltwirtschaftsforum auf Rang 102 von 144. Nur etwa ein Fünftel der gesamtwirtschaftlichen Leistung kommt laut OECD von kleinen und mittleren Unternehmen. In Europa sind es hingegen fast drei Fünftel. Bei der Korruptionswahrnehmung landete Russland 2014 laut Transparency International auf Platz 136 von 175, nach Platz 127 im Jahr davor.

„Die russische Regierung muss deutlich entschlossener Korruption bekämpfen, die Märkte weiter privatisieren und liberalisieren und Anreize schaffen, damit Privatunternehmen mehr forschen“, so IW-Ökonomin Galina Kolev. Russland hat jedenfalls ein enormes Wachstumspotenzial, stellt die Studie fest – dank der hohen Bevölkerungszahl, beeindruckender Hochschulabschlussquoten und Stärken in einigen Bereichen der Grundlagenforschung. Dieses Potenzial müsse die Regierung nur nutzen.

Quelle: IW Köln  Vorschau-Bild: fotolia; Beitragsbild: Der rote Platz in Moskau (Foto: Martin Kummer/pixelio.de)

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