Fakten zur Zuwanderung

von Hans Diederichs

Das Jahr 2015 war durch eine außergewöhnlich hohe Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern nach Deutschland geprägt. Wie das Statistische Bundesamt auf Basis vorläufiger Ergebnisse einer Schnellschätzung der Wanderungsstatistik am Montag mitteilte, wurde bis zum Jahresende 2015 der Zuzug von knapp 2 Millionen ausländischen Personen registriert.

Zuwanderung auf Rekordniveau

Gleichzeitig zogen rund 860 000 Ausländerinnen und Ausländer aus Deutschland fort. Daraus ergibt sich ein Wanderungssaldo von 1,14 Millionen ausländischen Personen. Das ist der höchste jemals gemessene Wanderungsüberschuss von Ausländerinnen und Ausländern in der Geschichte der Bundesrepublik. So viel steht jetzt schon fest: Es wird eine Herausforderung, alle diese Menschen in Arbeit zu bringen. Das gilt in besonderem Maße für Kriegsflüchtlinge.

Über sieben Prozent der deutschen Unternehmen beschäftigen bereits Flüchtlinge oder haben dies in den vergangenen fünf Jahren getan. Weitere elf Prozent planen das. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der IW Consult unter mehr als 900 Geschäftsführern von Industrie- und Dienstleistungsfirmen. Unternehmen, die bereits Flüchtlinge zur Belegschaft zählen, planen sogar zu über 40 Prozent, weitere Flüchtlinge einzustellen.

Bundesregierung unterstützt

Um einstellungswilligen Unternehmen dabei zu helfen, ausländische Qualifikationen besser einordnen zu können, stellt das BQ-Portal diese vergleichbaren deutschen Berufen gegenüber. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) und der Verband der Landwirtschaftskammern (VLK) haben sich in einer gemeinsamen Erklärung darauf verständigt, die Umsetzung des Anerkennungsverfahrens im Bereich der dualen Ausbildung auch künftig zu unterstützen und das BQ-Portal fortzuführen und auszubauen.

Dennoch: Mehr als drei Viertel der Firmenchefs bezeichnen fehlende Deutschkenntnisse als großes Hemmnis, Flüchtlinge einzustellen. Zu geringe fachliche Qualifikationen sind für 60 Prozent der Befragten eine allzu hohe Hürde. Für die Hälfte der Geschäftsführer stehen Unsicherheiten mit dem Aufenthaltsrecht sowie für 17 Prozent ein zu hoher Mindestlohn entscheidend im Weg. Die Integration in den Arbeitsmarkt dürfte daher eine ganze Weile dauern.

Lehren aus der Nachkriegszeit

Auch aus der Integration von Vertriebenen nach dem 2. Weltkrieg lassen sich trotz aller Unterschiede wichtige Schlüsse für den Umgang mit Flüchtlingen heute ziehen. Zu dieser Einschätzung kommt Sebastian Braun, Leiter des Forschungsbereiches Globalisierung und Wohlfahrtsstaat am Institut für Weltwirtschaft (IfW), der die Flüchtlingsbewegung nach dem 2. Weltkrieg analysiert hat.

Trotz ähnlicher Qualifikation und gleicher Muttersprache verdienten die Vertriebenen noch 1971 unterdurchschnittlich, hatten weniger Vermögen und geringere Chancen, einen eigenen Betrieb zu besitzen, als die einheimische Bevölkerung. Insbesondere in den 1950er Jahren waren die Vertriebenen – gerade in Regionen mit hohem Vertriebenenanteil – auch besonders häufig arbeitslos. Erst ihre bereits in Westdeutschland geborenen Kinder hatten ähnlich gute Startchancen wie die Kinder der nichtvertriebenen Westdeutschen. Braun: „Da die jetzigen Flüchtlinge teilweise deutlich schlechtere Voraussetzungen mitbringen, als die Vertriebenen von damals, wird Integration heute erst recht sehr viel Zeit brauchen.“

Quellen: Statistisches Bundesamt, BMWi, IW Köln, IfW; Vorschau-Bild: fotolia

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