EU-China-Summit: Verbände appellieren an Politik

von Alexander Kirschbaum

Am 12. und 13. Juli 2016 haben sich im Rahmen des EU-China-Summits in Peking hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Politik getroffen, um über die zukünftigen (handels-)politischen Beziehungen zu sprechen. Ein wesentlicher Diskussionspunkt war dabei Vergabe des Marktwirtschaftsstatus an China (MES). Anlässlich der handelspolitischen Gespräche haben viele Branchenverbände noch einmal ihren Standpunkt bekräftigt, dass China derzeit noch keine Marktwirtschaft sei.

Einen Tag vor dem Gipfel sprach sich Franziska Erdle, Hauptgeschäftsführerin der WirtschaftsVereinigung Metalle (WV), bereits für eine Reform der europäischen Anti-Dumping-Instrumente aus. Da die Europäische Kommission bereits in der kommenden Woche einen Vorschlag unterbreiten will, ob China nach Dezember 2016 der Status einer Marktwirtschaft verliehen werden soll, warnte Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, am 12. Juli: "„China dürfen bei der Konferenz von der EU keine voreiligen Versprechungen gemacht werden." Ein solcher Status würde die Wirksamkeit von Maßnahmen gegen unfaire Handelspraktiken wie Dumping massiv beeinträchtigen. Vielmehr müsse es darum gehen, bei China fairen Wettbewerb und den verstärkten Abbau von Überkapazitäten im Stahlbereich einzufordern, so Kerkhoff.

"China muss Verpflichtungen erfüllen"

In dasselbe Horn stieß auch der europäische Stahlverband EUROFER. Die politischen Entscheidungsträger müssten hart bleiben, China erfülle noch nicht die erforderlichen Kriterien. "Es ist erstaunlich, dass sich die EU in der Frage der Vergabe des Marktwirtschaftsstatus (MES) in die Defensive begibt, wenn klar ist, dass der Ball auf der Seite Chinas liegt. China muss Fortschritte bei seinen WTO-Verpflichtungen machen, daran arbeiten, die massiven Überkapazitäten in einigen Sektoren zu reduzieren, und erhebliche Fortschritte in Richtung marktwirtschaftlicher Normen erzielen", so Axel Eggert, Generaldirektor von EUROFER.

Auch die IndustrieAllianz, ein Zusammenschluss von 15 Branchenverbänden, fordert in einer heutigen Mitteilung den Erhalt eines effektiven Handelsschutzes gegen China. Massive Überkapazitäten betreffen heute vor allem die Branchen, die sich unter dem Dach der IndustrieAllianz zusammengeschlossen haben. So sagt etwa der Präsident des Bundesverbands Keramische Industrie e.V., Rolf-Michael Müller, zum Thema Überkapazitäten: „Chinesische Überkapazitäten werden zu Preisen unter Herstellungskosten – also zu Dumpingpreisen – nach Deutschland und Europa exportiert. Durch diese unfairen Handelspraktiken geraten auch die wettbewerbsstärksten Standorte und Unternehmen unter massiven Druck. Wirksame Schutzinstrumente gegen ein solches Verhalten sind daher unabdingbar.“ Die IndustrieAllianz für fairen Handel fordert in ihrer Erklärung die EU-Kommission auf, die Vergabe des Marktwirtschaftsstatus an die fünf technischen Kriterien der EU zu binden, sowie auf einen Abbau der chinesischen Überkapazitäten in allen Branchen hinzuwirken.

EU und China vereinbaren "Stahlplattform"

In seiner Rede zum Abschluss des EU-China-Gipfels ging EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker explizit auf die Überkapazitäten im Stahlsektor und den Marktwirtschaftsstatus für China ein. "Die chinesischen Überkapazitäten sind doppelt so hoch wie die gesamte Stahlproduktion in Europa, was das Problem allzu deutlich macht", sagte der Kommissionspräsident. Auch in Europa seien in den 1970er und 1980er Jahren riesige Überkapazitäten abgebaut worden und tausende Arbeitsplätze in der Stahlindustrie verloren gegangen. "Wenn wir sagen, dass marktwirtschaftliche Regeln angewendet werden müssen, wissen die Chinesen genau, dass dies konkret die Schließung von Stahlwerken bedeutet", so Juncker.

Die EU und China haben während des Gipfels vereinbart eine Arbeitsgruppe einzurichten, die das Problem der Überkapazitäten im Stahlsektor im Blick behält. Diese bilaterale "Stahlplattform" soll die chinesischen Stahlexporte überwachen und verifizieren.

Hinsichtlich der möglichen Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft ist seitens der EU noch keine Entscheidung gefallen. Dazu soll am 20. Juli beraten werden. "Für uns gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen den chinesischen Überkapazitäten im Stahlsektor und der Frage des Marktwirtschaftsstatus", so Juncker.

Quelle: EUROFER, Wirtschaftsvereinigung Stahl, IndustrieAllianz , WV Metalle, Rede von Kommissionspräsident Juncker  Vorschau-Foto: Fotolia

Weitere Informationen zum Thema Handelsschutz:

Der Leverkusener Stahlmarkt-Berater Andreas Schneider erklärt in einem Gastkommentar für marketSTEEL, wie Dumping eigentlich definiert ist. Für den Autor ist eine Verschärfung des EU-Handelsschutzinstrumentariums nach dem Vorbild der USA nicht angebracht. "Außerdem hat jeder Zoll weitreichende wirtschaftliche Folgen weit über die Stahlindustrie hinaus. Die Vielzahl von Zöllen und handelsbeschränkenden Maßnahmen führt zu einer Re-Regionalisierung des Stahlhandels, zur Umlenkung von Handelsströmen und zu Verzerrung von internationalen Preisrelationen", so Schneider in seinem Beitrag.

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