Ertragserwartungen haben sich beträchtlich eingetrübt
von Hubert Hunscheidt
Der Aufsichtsrat der thyssenkrupp Steel Europe AG hat sich gestern vom Vorstand des Stahlbereichs über die neuen Entwicklungen am Stahlmarkt informieren lassen. Vor allem der überraschend starke Einbruch der Konjunktur in Deutschland und in anderen Absatzmärkten, die Steigerung von Rohstoffkosten, sowie die weiterhin extrem hohen Energiekosten und die starke Konkurrenz chinesischer Stahlerzeuger auf dem europäischen Stahlmarkt haben die zuvor optimistischen Ertragserwartungen erheblich getrübt. „Vieles davon kennt die Stahlbranche aus dem traditionellen Auf und Ab der Stahlkonjunktur und der dadurch bedingt stark schwankenden Stahlpreise. Was aber inzwischen existenzbedrohende Formen annimmt, ist der faktisch ungebremste Zugang von Stahlprodukten aus außereuropäischen Ländern, insbesondere aus Asien, die heute weder Kosten für CO2-Emissionen tragen müssen, noch den gleichen Bedingungen auf den Rohstoffmärkten ausgesetzt sind, wie die deutsche und europäische Stahlindustrie“, erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsrats der thyssenkrupp Steel Europe AG, Sigmar Gabriel. Insbesondere der Bezug wichtiger Rohstoffe, wie Kohle unter Weltmarktpreis aus Russland, schaffe einen sehr ungleichen Wettbewerb. Gabriel: „Die Europäische Union muss durch geeignete Maßnahmen an den EU-Grenzen für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen, sonst wird es nicht nur keine grüne Stahlproduktion in Europa geben, sondern gar keine.“
Zugleich wolle thyssenkrupp Steel natürlich auch ihre eigenen wirtschaftlichen und technologischen Reserven mobilisieren, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Gabriel: „Der Stahlvorstand hat heute in überzeugender Weise erste Vorschläge für die Ergebnisverbesserung unter den veränderten gesamtwirtschaftlichen Umständen vorgelegt und wird dies bis zu einer weiteren Sitzung des Aufsichtsrats noch weiter erhärten. Wir sind sicher, dass wir mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung auch diese Herausforderung meistern werden.“
Auf die derzeit laufenden Gespräche mit dem tschechischen Investor Kretinsky, der sich für den Einstieg in die thyssenkrupp Steel Europe AG interessiert, hat diese Entwicklung zunächst nach Gabriels Auffassung keinerlei Konsequenzen. „Ich gehe davon aus, dass die thyssenkrupp AG, die ja diese Verhandlungen führt, gegenüber dem Interessenten volle Transparenz schafft“, so Gabriel. Derlei kurzfristige Verwerfungen gebe es in der Stahlindustrie immer wieder. Deshalb brauche das Stahlunternehmen auch eine Eigentümerstruktur, bei der derartige Ertragseinbrüche wie in der Vergangenheit bei der thyssenkrupp AG durchgetragen würden. Gabriel: „Ich bin sicher, dass Herr Kretinsky das weiß”.
Quelle und Foto: thyssenkrupp Steel Europe AG