Entlastung von Bürokratiekosten: Knapp eine Milliarde Euro pro Jahr

von Hubert Hunscheidt

Deutschland hat ein Bürokratieproblem: Baugenehmigungen brauchen ewig, Unternehmen müssen die gleichen Angaben bei verschiedenen Behörden machen – teils noch in Papierform –, bei Umzügen müssen sich Bürger noch höchstpersönlich beim Amt vorstellen. Das kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern macht den Wirtschaftsstandort Deutschland teurer als er sein müsste.

Immerhin: Die Politik hat das Problem erkannt. Bundesjustizminister Marco Buschmann preist das heute verabschiedete Bürokratieentlastungsgesetz IV jetzt als „Konjunkturpaket zum Nulltarif“ und wichtigen Beitrag zur Wirtschaftswende an. Doch in Wahrheit sind diese Maßnahmen nur ein kleiner Schritt, auch wenn bei der Digitalisierung gegenüber dem ersten Entwurf nachgebessert wurde. Von über 400 Einzelvorschlägen zum Bürokratieabbau aus der Wirtschaft fanden gerade einmal elf den Weg in das Gesetz.

Kürzere Aufbewahrungspflichten für Steuerbelege

Die einzige „größere“ Maßnahme ist, dass Steuerbelege nicht mehr zehn, sondern nur noch acht Jahre aufbewahrt werden müssen. Begrüßenswert ist auch, dass Arbeits- und Mietverträge künftig digital abgeschlossen beziehungsweise gekündigt werden können. Doch die Online-Gründung von Unternehmen, wie sie in Österreich oder Dänemark bereits gang und gäbe ist, bleibt ein unerfüllter Wunsch. Hier ist im Gesetz lediglich von „Anstreben“ die Rede. Die nachgereichten Maßnahmen zur Digitalisierung der Verwaltung sollten eigentlich schon bis Ende 2022 umgesetzt werden – im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes. Aktuell sind nur 156 Leistungen deutscher Behörden bundesweit online verfügbar – gerade einmal 51 mehr als Ende 2022. Dass die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes nun mit unter das BEG IV fällt, wirkt daher wie Etikettenschwindel. Deutschland bleibt in der EU ein Nachzügler bei der Digitalisierung, kein Vorreiter.

Kein Bürokratie-Befreiungsschlag

Insgesamt übertrifft das neue Entlastungsgesetz zwar die ersten beiden Gesetze (BEG I und II). Doch im Vergleich zum dritten Bürokratieentlastungspaket von 2020, das 1,2 Milliarden Euro Bürokratiekosten einsparte, bleibt es hinter den Erwartungen zurück. Zusätzlich belasten neue Vorschriften wie das EU-Lieferkettengesetz und die Taxonomie-Verordnung für den Bankensektor die Unternehmen. Diese Regelungen erfordern umfangreiche Berichte, werden aber in der deutschen Bürokratiemessung nicht erfasst. Das gilt auch für komplizierte Landesgesetze sowie umständliche Planungs- und Genehmigungsverfahren in den Kommunen. „Der große Befreiungsschlag gegen die lähmende Bürokratie steht also noch aus“, sagt IW-Experte Klaus-Heiner Röhl.

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. / Foto: KI-generiert

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